Gut und vernünftig um sie kümmern

Betrachte die Welt als dein Selbst, habe Vertrauen zum Sosein der Dinge, liebe die Welt als dein Selbst;
dann kannst du dich um alle Dinge kümmern.
Laotse

sie kümmern sich um die Wiese

Zahm werden Schafe nur, wenn man die auf eine gewisse Art und Weise behandelt. Wenn man die ernst nimmt, hätte ich fast gesagt, und gut behandelt und sich um sie kümmert, vernünftig.“ (Marco Scheel von Nordwolle im NDR-Beitrag „Wolle for future“)

Sich um Schafe kümmern, ja, da war doch mal was, früher in meinem Leben.
Frau Momo hatte mir einen Link zu diesem Beitrag geschickt und ich habe den Beitrag dahinter mir gerne angesehen, weil mir das Unternehmen „Nordwolle“ sehr am Herzen liegt und weil es um Schafe ging. (Vielen Dank Frau Momo.)

Erinnerungen wurden wach an die Zeit, in der ich mit Schafen unterwegs war und für die ich unendlich dankbar bin. Über die Hütehunde hatte ich ja schon geschrieben, aber genau so wichtig waren mir die Schafe.
Als ich immer öfter bei ihnen war, eigentlich jeden Tag, wurde ich die erste Zeit intensiv beobachtet, aus sicherer Entfernung versteht sich. Als ich mich aber immer mehr zu kümmern begann, durfte ich ihnen auch immer näher kommen. Und dann suchten sie sogar meine Nähe.

Dem Schafbock musste ich morgens immer erstmal die Ohren kraulen, die Mütter zeigten mir ganz stolz ihre Lämmer. Näherten sich Fremde, begannen die Mütter drohend mit dem Bein aufzustampfen. Ich durfe die Lämmer anfassen und schauen, ob alles in Ordnung war. Die Tiere merkten es sehr wohl, wer sich kümmert und es gut mit ihnen meint.

Zuerst wunderte ich mich, dass die Hütehunde um die Mittagszeit immer enger werdende Kreise um die Herde zogen. Schließlich legten sich die Tiere, verdauten genüßlich oder dösten ruhig vor sich hin. Ich legte mich auf die Wiese, klemmte den Rucksack unter den Kopf und schloss die Augen. Ich war aufgenommen in die Herde und machte mein Nickerchen mittendrin.
Am Nachmittag fraßen die Schafe nochmal ordentlich und ich konnte allerlei Arbeiten verrichten. Ich hatte gerade gelernt, wie man Klauen schneidet, da war meine Zeit bei den Schafen vorbei.


Schafe sind sehr soziale Tiere. Droht Gefahr, nimmt die Herde die Kleinsten und Schwächsten in die Mitte. Einige Mutterschafe haben die Aufsicht im Lämmerkindergarten, während die anderen fressen. Dann wird gewechselt, ohne Diskussionen und ohne Dienstplan. Den Lämmern gegenüber haben die Mutterschafe sehr viel Geduld. Die Lämmer dürfen auch gleichmal auf dem Altschaf herumturnen oder es als Rutsche gebrauchen. Alles wird mit Fassung getragen.

Vielleicht sollten wir Menschen untereinander auch etwas aufmerksamer sein und uns viel mehr um jeden von uns kümmern, uneigennützig.

um sie musste ich mich besonders kümmern
die wilde Hilde

Die wilde Hilde war mein Sonderfall, störrisch, eigenbrötlerisch, eigensinnig. Schlimmmer als das, was man Ziegen immer so nachsagt. Was habe ich ihr gut zugeredet! Irgendwann folgte dann auch sie meiner Stimme und die Hütehündin musste nicht erst Drohgebärden veranstalten.
Wenn man einmal das Vertrauen der Tiere hat, dann sind sie sehr anhänglich, verschmust sogar manchmal. Sie folgen einem und da beginnt Verantwortung.

Zufällig war ich unter die Schafe geraten, aber dann mochte ich sie nicht mehr missen. Das Lautgeben, der Geruch, das Schnurpsen beim Fressen, wenn sie an mir vorbei zogen, das hatte etwas Beruhigendes, Heimeliges.
Geborgenheit, das war plötzlich wichtig geworden in meinem Leben, nicht die nächsten 10 Paar Schuhe oder dass die frischgefärbten Haare sitzen. High heels, die ein schlankes Bein machen sollen, waren mir genau so unwichtig wie die Modefarben des nächsten Sommers.

Die Liebe, die mir diese Tiere entgegen brachten, hat mir in einer schweren Zeit nicht nur das Leben gerettet, sie hat mich auch geprägt, verändert. Gut so!
Ich hatte schon mal begonnen, die Geschichte dieser Liebe aufzuschreiben und das werde ich jetzt fortsetzen. Was doch ein kleiner Link bewirken kann!
Nochmals: Danke Frau Momo.

27 Gedanken zu „Gut und vernünftig um sie kümmern“

  1. Sehr berührend, deine Zeilen und die Fotos dazu. Ich habe heute beim Spaziergang auch „meine beiden Schafe“ besucht, die auf der Weide bei einem Bauern im Nachbarort sind. Er erzählte mir mal, dass es Mutter und Sohn/oder doch Tochter? sind.
    Ja, schreib weiter an deiner Geschichte, das ist gut do!
    Ganz herzliche Grüße von:
    Beate

    1. Kannst du sie streicheln?
      Ich freue mich schon wieder auf den Sommer. Diemal möchte ich wieder Wolle von den Leineschafen holen. Weißt du noch? Im Garten werdeich mir einen Waschplatz einrichten. Ich werde die Wolle dort waschen, ich schaffe das bestimmt. Und dann riecht es wieder nach Schaf.
      An der Geschichte schreibe ich weiter. So kann ich immer noch ein bisschen bei den Schafen sein.
      Liebe Grüße an dich.

    1. Ich schreibe weiter. Ich fummele gerade das schon Geschriebene von Indesign in ein anderes Programm. Und dann geht es weiter.
      Herzliche Grüße an dich.

  2. Schön, dass Frau Momo all diese Erinnerungen in dir geweckt hat, liebe Gudrun. Da wird mir schon beim Lesen ganz warm wie Schafswolle um mein Herz herum. Es muss wunderbar gewesen sein, das erleben zu dürfen. Ich möchte sagen, eines der schönsten Geschenke des Lebens.
    Ich würde mich sehr freuen, wenn du diese Geschichten fortsetzt!

    Kennst du eigentlich diesen Dean Schneider? Neulich sah ich zufällig einen Bericht über ihn. Solche Menschen zeigen, wie Tiere (auch) fühlen können. Wobei mir der Typ schon auch etwas schräg vorkommt … hihi.

    Ganz liebe Grüße zu dir,
    Andrea

    1. Liebe Andrea, ich musste jetzt erstmal nachschauen, wer das ist. Nein, einen Löwen möchte ich nicht auf meinem Sofa haben. Da gehört er nicht hin. Um Tiere kümmern ja, aber vernünftig und artgerecht.
      Als Kind wollte ich immer einen Fuchs haben. Man hat mir dann schon klar gemacht, dass das ein Wildtier ist und bei mir nix zu suchen hat.
      Der Schafbock war der Anhänglichste. Er war halfterführig, war von klein an an Menschen gewöhnt, sollte ein Zuchtbock werden und auf Schafauktionen sich von der besten Seite zeigen. Weil er aber einen schwarzen Fleck im weißen Fell auf der Stirn bekam, galt er nicht mehr als reinrassig und aus war es mit der Kariere. Die Nähe zu Menschen suchte er aber immer und so bekam er halt seine Streicheleinheiten.
      Herzliche Grüße an dich.

      1. Wenn wir an einem Tiergehege oder einer Weide vorbeigehen und die Tiere schauen oder rufen schon aus der Ferne, weil sie glauben, dass wir ihre Betreuer sind, und dann auf uns zueilen, da bin ich oft richtig traurig, dass ich ihnen diesen Wunsch leider nicht erfüllen kann. Ich habe nur ein paar liebe Worte für sie, aber das wird ihnen nicht viel Freude bringen.
        Du konntest ihnen ganz nah sein, liebe Gudrun, und hast genau das dabei gespürt, was ich mir so wunderbar vorstelle. Mich dann aber wieder trennen zu müssen … oder sie sogar leiden zu sehen, würde mir das Herz brechen. Ich weiß nicht, was es ist, aber ich ertrage das einfach nicht … und diese Gefühle werden immer stärker, je älter ich werde.
        Wenn ich sehe, dass es Tieren gut geht, dann erfüllt das mein Herz mit großer Freude.
        Ich freu mich auf deine Erzählungen!!!!

        1. Den Tieren sollte es immer gut gehen. Dieses versprechen gibt man eigentlich, wenn man sich auf sie einlässt. Leider wird das nicht von jedem gehalten.
          Ich werde auch immer sensibler, was Verstöße gegen das Tierwohl anbelangt. Ich ertrage das nicht. Dabei meine ich nicht, dass man sie Tiere in Watte packen sollte. Aber man sollte sie und ihre Bedürfnisse schon gut kennen. Dann klappt das. Ich muss aber auch sagen, dass wahrscheinlich alle bei mir an Altersschwäche sterben würden. Und das hält man auch nicht durch. 🙂

          1. Genau, das meine ich auch, liebe Gudrun, sie einfach artgerecht behandeln. Man glaubt gar nicht, wie sensibel Tiere sind, wie sie auf Streicheleinheiten reagieren … auf genügend Lebensraum. Selbst Kühe sind vor Übermut über die Wiese gesprungen, als sie endlich aus ihrem engen Stall durften. Und ganz gleich, wie groß oder klein so ein Viechlein ist, es mag sanfte Berührungen.

            1. Auf einem Bauernhof gab es einen Eber. Ich wagte mich nicht an ihn heran, denn er war ordentlich groß. Er mochte es, wenn man ihn mit dem Schrubber striegelte. Wohlig grunzend drehte er sich auf den Rücken und ließ sich baumchmiezeln. Das hab ich nie wieder vergessen, dass sich ein so großes Tier wie ein Kätzchen verhalten kann.

              1. Ich wusste das früher auch nicht, bis ich Sendungen darüber gesehen habe. Da wurde mir noch mehr bewusst, was wir Menschen den Tieren antun. Ich darf da gar nicht nachdenken, das bricht mir das Herz.

  3. Was für eine feine Zeit du da hattest. Nordwolle interessiert mich auch. Leider kann ich mir die Jacken nicht leisten, sollte ich jemals zu Geld kommen, wird aber sofort eine angeschafft.
    Und ja du hast recht, wir Menschen sollten sehr viel mehr drauf achten, wie Tiere zusammenleben.
    Alles Liebe

    1. Die Produkte kann ich mir auch nicht leisten. Das hab ich nicht geschafft. Das Unternehmen mag ich allerdings sehr und bewundere, was der Marco Scheel mit großer Ausdauer geschafft hat. Es hat aber auch mein Interesse an der Wolle der Pommerschen Landschafe geweckt. Eine Freundin hat mir mal etwas geschenkt, dass ich probieren konnte. Ich würde gerne mehr verarbeiten.
      Die Zeit auf der Schafweide war wirklich eine besondere. Ein großes glück war es, dass ich auf die Schafe traf. Es ist gut, dass nir gerade jetzt das wieder einfiel. Ich brauchte die Erinnerungen gerade jetzt. Mit schafen werde ich nicht mehr so viel zu tun haben. Leider. Aber einheimische Wolle verarbeiten, das bleibt.
      Liebe Grüße in den Norden.

  4. Ein berührender Beitrag, liebe Gudrun. Ich war mit dem Herzen dabei.
    Mit Schafen habe ich mich seither nicht befasst. Bei Spaziergängen um meinen Ort komme ich manchmal an einen kleinen Schafstall vorbei. Dort gibt es etwa 8 Schafe. Oft bleibe ich stehen, mache Fotos und beobachte sie. Aber künftig werde ich sie mit anderen Augen beobachten. Ich habe heute viel gelernt.

    Liebe Grüße
    Traudi

    1. Das ist schön, liebe Traudi. In meiner Nähe sind leider keine Schafe mehr. Aber Wolle habe ich. Und wenn ich die Augen zumache und die Nase hinein stecke, ….
      Es war auch manchmal schwer, bei Wind und Wetter und Regen. Es war aber auch ein großes Abenteuer, was mir viel Zutrauen zu mir selbst gegeben hat. Es 7st gut, sich daran zu erinnern.
      Ganz liebe Grüße an dich.

  5. Liebe Gudrun, diese enge Beziehung und Erfahrung mit dem Leben der Schafe – das ist etwas, was du sicherlich fast allen deinen Bloglesern voraus hast – ich kann nur ahnen, wie schön das für dich gewesen ist, die „Vertrauensperson“ für Mutterschafe und Schafskinder zu werden.
    Wie schön, dass du immer noch von dieser Zeit zehren kannst.
    Liebe Grüße zu dir

    1. Stimmt, die Beziehung war eng. Es gab aber auch Trauriges.
      Als ich mich entschieden hatte, bei den Schafen zu bleiben, habe ich alles gelesen über die Tiere und ihre Pflege, was ich kriegen konnte. Es klappte dann ganz gut mit uns. Auch dachte ich, wenn die Wolle nicht mehr weggeworfen wird und Schafe nicht mehr nur wegen des Fleisches gehalten werden, dann kann ich viel Gutes für sie erreichen. Das habe ich nicht so gut geschafft. Ich hatte die materiellen Bedingungen nicht. Vielleicht hilft es, wenn ich von ihnen erzähle.
      Liebe Gute-Nacht-Grüße

  6. So schön ist deine Geschichte.
    Es ist so angenehm Schafe zu kraulen. Würde auch gerne mal ein Lämmchen streicheln. In den Genuss bin ich noch nicht gekommen.
    Ich verfolge auch die Geschichte von Nordwolle. Ist schon toll was der Marco auf die Beine gestellt hat.

    Liebe Grüße Marion

    1. Liebe Marion, von dir hatte ich die Wolle vom Pommernschaf. Eine feine Erfahrung war das genau wie mit der Wolle der Bengtheimer. Dafür danke ich dir sehr.
      Von Arco und der Nordwolle bin ich ganz begeistert, denn ich kann ihn und seine Mitarbeiter gut verstehen. Solche Träume hatte ich ja auch mal.
      Herzliche Grüße zu dir.

  7. Ich kann mich erinnern, liebe Gudrun, dass Du in Deinem früheren Blog auch gern und oft von den Schafen erzählt hast und wie gut Dir ihre Nähe und die der Hütehunde getan hat. Meine Großeltern hatten auch immer Schafe. Als Kind habe ich mich bei den Schafen auch immer sehr wohlgefühlt. Ein ganz klein wenig kann ich also Deine Liebe zu ihnen verstehen.
    Mein Sohn wollte übrigens zu Kinderzeiten und sogar später als Teeny, wenn man ihn nach seinem Berufswunsch fragte, Schäfer werden. Aber daraus ist letztendlich doch nichts geworden.
    Ich bin gespannt auf weitere Deiner Erinnerungen an Deine Schaffamilie, liebe Gudrun.
    Liebe Grüße schickt Dir die Silberdistel

    1. Die Bande hat mich machmal auch arg ausgetrickst, vor allem am Anfang. Auch das schreibe ich auf, denn es gab auch so allerlei witzige Begebenheiten.
      Ich hatte auch vor, einige (wenige) Schafe zu haben. Mein Wunsch war es, nach Irland zu fahren und das Scheren zu erlernen. Da hat mir das Rheuma dazwischen gefunkt, zuerst unbemerkt, dann mit Macht. Jetzt habe ich nur noch die Wolle am Wickel, aber da gibt es auch viel Interessantes zu machen. Wenn ich meine geplante Reise auch machen kann, dann möchte ich einen Indianerstamm bei LA besuchen, die die alten Handarbeitstechniken pflegen. Mal sehen.
      Herzliche Grüße an dich
      PS: Sag deinem Sohn einen schönen Gruß. Wir denken im nächsten Leben noch mal nach. 🙂

  8. Liebe Gudrun,

    was für eine wunderbare Erzählung von deinem Leben mit den Schafen ..ich habe sie gleich zweimal gelesen und genieße einfach die Wärme und Liebe, die aus ihr spricht. Die Tiere wußten, dass du ihnen nur Gutes wolltest und dass sie dir vertrauen konnten ..und du durftest Teil der Herde sein. Das ist ein unermeßlich kostbares Geschenk, und diese Erinnerungen so tröstlich und wertvoll. Danke, dass du sie mit uns teilst. Ich freu mich schon darauf, mehr zu lesen 🙂

    Auf einer unserer Hunde-Runden komme ich an einem Schafstall mit großem Gelände außenrum vorbei, und finde es immer schön, die Tiere beobachten zu können. Wie fürsorglich sie sich um ihre Kleinen kümmern, habe ich auch schon sehen dürfen.

    Ganz herzliche Grüße sendet dir
    Ocean

    1. Liebe Ocean,
      schön, dass du auf der Hunderunde solche Beobachtungen machen kannst. Das habe ich hier in meiner Großstadt gar nicht mehr. Ich muss sagen, es fehlt mir sehr. Wenn die Ringeltaube mich besucht, dann freue ich mich schon riesig.
      Es hat ein Weilchen gedauert, bis die Tiere Vertrauen zu mir hatten. Da waren zuerst wenige Mutige, wie meine Lieblingsziege „Liese“, aber dann kamen sie alle. Ich gebe aber auch zu, dass ich sie einmal mit Brothäppchen bestochen habe. Aber nur einmal. 😀
      Ich schicke dir herzliche Grüße.

    1. Ach, liebe Mia, ich kann noch nicht lange am Rechner sitzen. Ich arbeite aber daran. Und wenn ich wieder Sitzfleisch habe, schreibe ich weiter. Ich freue mich darauf, denn dann werden wieder Erinnerungen wach. Es braucht manchmal wenig, um zufrieden und glücklich zu sein.
      Ich drück euch alle beide, dich und das Hundemädchen.

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