Die Alten und die Jungen

In dem Dörfchen, in dem ich mal eine Zeit lang und während meiner Stadtflucht lebte, konnte ich eine prägende Beobachtung machen. Es war eine, die mir den guten Umgang zwischen Alten und Jungen zeigte. Ich will davon erzählen.

das kleine Feld für den Alten mit der Hacke
das kleine Feld für den Alten mit der Hacke

Hinter einem Gehöft gab es ein kleines Stück umgeackerten Boden. Auf der einen Seite der Furchen stand ein alter Holzstuhl; ein zweiter befand sich auf der gegenüberliegenden Seite. Ich sah das, wunderte mich und vergaß das Bild wieder, bis ich eines Tages erleben lonnte, wozu die beiden Stühle am Acker da waren.

Auf einem Teil des kleinen Ackelandes wuchsen wunderschöne Sommerblumen. Auf dem anderen Teil zeigten sich inzwischen auch kleine Pflänzchen. Und in der Furche stand ein alter Mann. Er lief nicht mehr gut, musste aufpassen, wo er hintrat, aber mit einer Hacke entfernte er allen Wildwuchs zwischen seinen Pflänzchen. War er am Ende der Furche angekommen, setzte er sich auf einen der Stühle und ruhte sich aus.

ausruhen im Herbst des Lebens
öfter mal ausruhen im Herbst des Lebens

Er saß da, die Hacke zwischen den Beinen und das Kinn auf den Händen, die die Hacke hielten. So hing er seinen Gedanken nach. Manchmal kam jemand vorbei auf ein Schwätzchen.

Zuerst dachte ich: „Der arme alte Mann!“, aber dann merkte ich, dass er sehr zufrieden war mit dem, was er tat. Er machte das, was er sein ganzes Leben schon tat, nämlich ein Feld bestellen. Gut, früher war das Feld größer und hatte keine Stühle am Rand. Aber noch immer konnte er seiner Arbeit nachgehen und die Jungen auf dem Hof der ihren. Die Jungen und die Alten kamen sich nicht in die Quere.
Jedes Jahr bereitete der Jungbauer ein Stücke Land vor für den Alten mit der Hacke.

schade, dass die Stühle des Alten nicht zu sehen waren
schade, dass die Stühle nicht zu sehen waren

Warum fiel mir das gerade jetzt ein?
Ich hatte vor Tagen ein Gespräch mit einem jungen Mann, der sich beklagte, dass die Alten viel mehr sind, hohe Kosten verursachen und bei Wahlen ja wohl immer gewinnen. Auch könnten sie nicht loslassen und meinten, bis in alle Ewigkeit alles bestimmen zu müssen.

„Wenn ich mich entscheiden könnte “, sagt der junge Mann, „würde ich mich in allen Belangen für meine Generation entscheiden.“ Alte Männer, die mit 80 Jahren noch meinen, über die Geschicke der Menschheit entscheiden zu müssen, regen mich auch auf. Die Worte des jungen Mannes aber taten mir dennoch weh. Eine ganze Menge Fragen geisterten mir durch den Kopf. Ich weiß noch nicht, ob ich sie irgendwann stellen werde.

Hoffnung
Hoffnung

Gut, dass ich mich an die Leute auf dem Hof und den den alten Mann mit der Hacke erinnerte, wie er zufrieden auf seinem Stuhl am Ende der Furche saß.
Es war ein Bild, was Hoffnug ausstrahlte. Ich will es mir bewahren.

Ein Freundschaftsgeschenk

Mein Gastkater

Ich glaube, von meinem Gastkater hatte ich schon mal berichtet. Und heute erzähle ich mal von einem Freundschaftsgeschenk, welches ich neulich bekommen sollte.

Findus wohnt in unserem Haus, aber in der vierten Etage. Und so kommt es, dass er nicht immer in sein Zuhause kann, wenn er das möchte.

Zuerst bezog er einen Korb auf meinem Balkon, wenn sein Lieblingsmensch nicht da war. Der wusste das auch und holte seinen Kater dort ab, wenn er nach Hause kam. Und dann gingen beide nach Hause.
Wenn ich die Balkontüre aufmachte, dann düste der Kater jedesmal ängstlich davon. Ich beschloss, ihn mit gekochten Schinken zu bestechen. Was soll ich sagen? Es scheint doch jeder käuflich zu sein.

Wenn es draußen regnete oder dann ab Herbst kalt wurde, war es nicht mehr so gemütlich auf dem Balkon. Ich schaute dann, ob er schon im Korb wartete und ließ ihn ein. Sein Mensch bekam eine Nachricht und so wusste er, wo er den Burschen abholen musste.
Die Warterei auf die offene Türe dauerte Findus eines Tages zu lange. Er stellte sich fortan auf die Hinterbeine und trommelte mit den Vorderpfoten wie ein Wilder an die Balkontür. Herrschaftszeiten! Ich bin nunmal nicht die Schnellste.

Ich freue mich immer, wenn der Kater kommt. Bei mir wohnten immer Katzen, aber ich kann mir keine eigene mehr leisten.
Seinen Lieblingsmensch liebt der Findus sehr, mich mag er aber auch. Als er mir aber ein besonderes Freundschaftsgeschenk mitbrachte, war ich nicht begeistert. Ich weigerte mich, die Balkontüre aufzumachen, und er fing an zu jammern. Dabei fiel ihm seine Maus aus der Gusche ( sächs. Mund oder Maul). Sie lebte und flitzte eifrig davon.

Ich werde wohl jetzt achtsamer sein, welches Freundschaftsgeschenk der Kater anschleppt, besonders abends und in der Nacht. Nachts sind nicht nur alle Katzen grau. Die Mäuse sind es auch.

Findus mit einem Freundschaftsgeschenk für mich
durch die Scheibe in aller Eile fotografiert – besser ging es leider nicht

Begebenheiten und Inspiration

Manchmal gibt es Begebenheiten im Leben, die man nie wieder vergisst. Sie geistern immer mal im Hirn herum und manchmal bieten sie bei neuen Tätigkeiten den Anlass zur Inspiration.

Als ich bei meiner Tochter in Los Angeles war, hatte ich mir gewünscht, den Ozean zu besuchen und mit beiden Beinen darin stehen zu können. Eines Tages packte mich meine Tochter ins Auto und wir fuhren zum Pacific. Im Sand läuft es sich gar nicht gut und so hatte ich rechts und links eine Helferin und einen Helfer, meine Tochter und Herrn E. Ich gab mir alle Mühe, denn ich wollte unbedingt zum Wasser. Plötzlich standen wir an einem Hang. Zwei oder drei Meter ging es hinunter. Runter gekommen wäre ich ja und wenn es auf dem Poppes gewesen wäre. Aber wer soll mich da wieder hoch hieven?
Also kehrten wir um und fuhren an eine andere Stelle.

Diesmal kam ich bin zum Wasser, krempelte mir die Hose hoch so weit es ging und stakte hinein in den Ozean.
Was das für ein Gefühl war!
Mit allen Sinnen nahm ich den Ort war, an dem ich mich befand: Ich roch das Salzwasser, bewunderte die Farben, je nachdem wie das Licht auf das Wasser fiel, ich hörte die Wellen an das Ufer brechen.

Das alles fiel mir jetzt wieder ein.
Jedes Jahr um diese Zeit stricke ich Hüttenschuhe, die ich dann Weihnachten verschenke. Und das werden diesmal Ozean-Schuhe, denn mein Erlenbnis dort gab mir die Inspiration für das Garn, welches ich verspinnen und verstricken wollte.

Inspiration: Die Farben des Ozeans

Zuerst habe ich verschiedene Wollfarben mit den Handkarten gemischt und zusammenkardiert. Die Wolle erschien mir zu weich und so habe ich beschlossen, dem Garn einen blauen Faden, straffer gesponnenem, zu spinnen und mit zu geben.
Über meine Inspiration war ich recht glücklich, weil es eine gute Möglichkeit ist, Rester zu verwerten.

Hüttenschuhe

So, die ersten sind fertig. Ein Paar muss noch seine Sohlen angenäht bekommen und ein Paar muss ich noch stricken. Ich freue mich, denn in diesem Jahr gibt es Ozean-Schuhe. Herbst und Winter können kommen.

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende, viele gute Gedanken und Erinnerungen. Und vielleicht schleichen sich dann auch allerlei Inspirationen an. Gebrauchen können wir das sicherlich alle.

Da mache ich das doch lieber selbst

Ich bin dankbar für alles, was ich habe.

Ich schreibe jetzt keinen Aufsatz darüber, was in letzter Zeit bei Kontrollen in unserem Essen gefunden wurde, wie man mit den Böden umgeht und was alles auf ihnen und in den Pflanzen landet. Das kann man nachlesen.
Schade, dass unser Garten klein ist und ich nicht alles, was ich haben möchte an Gemüse, Kräutern und Früchten anbauen kann. Wo ich es kaufe, kann ich mir schon aussuchen. Und viele Konserven für den Winter mache ich mir selbst.

Sellerie wird für den Dörrautomat vorbereitet

Dass ich mir den Dörrautomat zugelegt habe, war eine gute Entscheidung. Wenn es geht nutze ich die Sonne, stelle mir ein Backblech raus. Bei Lauch oder Porree ist es auch angebracht, denn er riecht beim Trocknen etwas streng. Möhren und Sellerie habe ich im Automaten getrocknet und alles in einem großen Glas zusammengebracht. Gemüsebrühe kaufen muss ich nicht mehr. Ich möchte es auch nicht. Die mache ich mir selbst.

Selbst machen: Chilipflanze für getrocknete Chiliflocken
die Chilipflanze hat sich prima entwickelt

Im Frühjahr hatte mir mein Sohn eine winzige Chilipflanze mitgebracht. „Du kannst sie bestimmt aufpäppeln“, meinte er. Ja, ich konnte das und das war nicht alles, was ich zu tun hatte.

Kein einziges Insekt ließ sich blicken, um die Chiliblüten zu bestäuben. Also musste Bienchen Gudrun ran. Mit einem Wattestäbchen habe ich die Blüten „besucht“. Ich muss das ganz gut gemacht haben, denn bald danach trug das Bäumchen Früchte. (Hier war die untere Etage schon abgeerntet.)

„Fein. Im nächten Jahr kannst du dir den Kirschbaum vornehmen“, meinte Herr E. Als er aber zuerst die gerntete Chili anfasste und sich danach das Auge rieb, zeigte es sich, dass die Chilis von einer extrem scharfen Sorte sind. Ich habe die Chilis für den Sohn getrocknet und selbst Flocken geschnippelt, wiewohl mit Handschuhen an beim Arbeiten. (Und dennoch: von den Kirschen gebe ich gar niemals nix ab. Nö!)

Mein Vorratsschrank ist inzwischen gut gefüllt. Meine Gurkenernte war gut und so konnte ich sowohl ausreichend davon essen als auch noch Senfgurken einkochen. Tomatensugo aus den eigenen Tomaten zum Beispiel gibt es auch und darüber hinaus noch so einiges mehr. Ein Hexenwerk ist das alles nicht und so werde ich das wohl im nächsten Jahr auch wieder so machen und mir allerlei selbst konservieren. Die Planung, was ich alles im Garten und auf dem Balkon anbauen werde, läuft schon.

Kalt

Kalt ist es geworden. Die Heizung habe ich noch nicht an. Ich weiß nicht, was alles noch kommt und habe mich statt dessen um warme Socken, Pullover, eine Schaffell-Weste u.ä. gekümmert. Der Übergang von arger Hitze zu ordentlicher Kälte war schon heftig.

Einen kleinen Ausflug in den Schönauer Park habe ich dennoch unternommen. Ja, es ist schon recht kalt, wenn man im Rolli sitzt, aber es ist ja noch ganz am Anfang der kalten Jahreszeit. Jetzt muss ich es noch nutzen, draußen sein zu können.

Den Bäumen im Park sieht man es an, dass sie arge Probleme mit den warmen Sommern haben. Hitze, hohe Ozon-Werte, Trockenheit haben sie geschwächt und angreifbar für allerlei Schädlinge gemacht. Es waren hier auch seltene Bäume zu sehen, die von ganz weit her geholt worden waren bei der Anlage des Parkes. Jetzt sind viele der alten Bäume gefällt. Andere versucht man mit Baumschnitt zu retten. Ich bezweifele, dass das gelingt. Einige wenige kleine Bäume hat man gepflanzt. Zu wenige, wie mir scheint.

Wenn es draußen kalt wird, fallen die Kastanien und der Baum verfärbt sich herbstlich.
Innenhof

Trübe ist es heute den ganzen Tag gewesen und ab und an regnet es. Dennoch ist mein Lieblingsbaum, eine Kastanie, schon wunderbar herbstlich eingefärbt. Beinahe hätte ich es vergessen, mir Kastanien zu holen. Einige bilden eine Herbstdeko und drei davon stecke ich mir immer in die Tasche. Sie regen mich an, die Finger zu bewegen. Meine Hände müssen beweglich bleiben, denn ich habe noch einiges vor.
Im Frühling bringe ich die Kastanien zum Baum zurück.


Kalt ist es auch im gesellschaftlichen Miteinander geworden. Wenn mir jemand sagt: „Im Zweifelsfall entscheide ich mich für meine Generation. Da sind mir die Alten egal.“, dann habe ich immer Probleme, das erstmal zu verdauen. Ich habe nie so gedacht und bin froh, dass ich mal nie so ähnlich denken werde.

Ich verziehe mich jetzt gleich noch ein bisschen in mein Spinnstübchen. Mein Zimmer habe ich umgeräumt, so dass ich jetzt eines habe. Ja, nicht mehr mit dem Ziel, anderen altes Handwerk zu zeigen, sondern eben nur für mich. Mein Wollprojekt geht gut vorwärts und Weihnachten in Familie kann auch irgendwann kommen. Ich freue mich darauf, denn ich bin jetzt schon ganz gut vorbereitet.
Ach, und jetzt ist mir gar nicht mehr so kalt.

Medien-Abstinenz

Medienabstinenz in Maßen: Man kann nicht vor allem die Augen verschließen.
Foto: Jan Ebert

Ach ja, es gibt mich noch! Auch hier.
Ich musste bloß mal aus gesundheitlichen Gründen ein Päuschen machen. Und das beinhaltete weitestgehend eine Medien-Abstinenz.

Ich habe schon mich mit dem beschäftigt, was im Lande und in der Welt los ist. Früh am Morgen habe ich die Nachrichtenportale durchgesehen. Früh deshalb, weil ich dann auch mit bekomme, was am anderen Ende der Welt los ist, denn dort lebt ein Teil meiner Familie.

Manchmal war ich schon satt von den kernigen, markigen Überschriften. (Ja, auch in den Portalen, von denen ich eigentlich noch viel gehalten habe.)

Ich habe mal wieder mein altes Spiel gespielt: Gudrun wandert aus. Tja, wohin ich auch geschaut habe, überall gibt es gespaltene Gesellschaften, Gereiße und Gezerre, Uneinigkeiten, Kompromisslosigkeiten, Unmenschliches. Ja, und auch Kriege, an denen sich einige dumm und dämlich verdienen und viele, viele andere verstümmelt und getötet werden.

Nahe am Wasser bin ich nicht gebaut, aber als ich Kriegs-Bilder von den Kindern in Jemen sah, musste ich weinen. Ich bin auch Mutter und wie wäre es gewesen, wenn meine Kinder in meinen Armen gestorben wären, weil ich ihnen keine Nahrung hätte geben können. Mir und meinen Kindern blieb das zum Glück erspart, aber deshalb kann ich nicht die Augen verschließen vor dem, was woanders passiert. Medien-Abstinenz gibt es also in Maßen und so, dass ich alles, was ich sehe und höre, einigermaßen verarbeiten kann.

Als ich mit der Wärmflasche auf dem Bauch auf dem Sofa herumhing, habe ich mir auf Netflix die Serie „Snowpiercer“ angesehen. (Wer mehr wissen will, findet das.) Es ist ein ein Science-Fiction-Action-Drama, d.h. nach bewährter Manier hat man Umweltprobleme und ein Abbild unserer Gesellschaft etwas in die Zukunft verlegt. Man findet die üblichen Klassenaufteilungen, machtbesessene Arschlöcher, Mitläufer, Wendehälse, Ärzte mit zweifelhafter Ethik, aber auch Menschen, die Kompromisse suchen und Kriege vermeiden wollen und die einfach nur menschlich sind. Es war schon sehr interessant, weil ich Ansätze gefunden habe für das eigene Handeln.
Also, ganz Medien-Abstinenz war halt nicht!

So, ich wusele mal wieder weiter. Ich brüte an einigen Ideen und am besten geht das, wenn ich am Spinnrad sitze. Und daneben liegen ein Bleistift und ein Zettel.

Mondnacht

Danke für alle guten Wünsche. Mir geht es noch nicht gut, allerdings viel, viel besser. Und so langsam erwachen die Lebensgeister wieder.
V0r zwei Tagen musste ich mir draußen den Vollmond anschauen. Ich habe mich in den Rollstuhl gesetzt und bin los. Herr E. hat mich begleitet, damit ich nicht in der Nacht alleine herumgurke. Schön still war es. Die Stadt war zur Ruhe gekommen, das heißt, ich hatte meine ganz persönliche Mondnacht.

Es ist gar nicht mein Ziel, jeden Krater auf dem Mond sichtbar zu machen. Das kann ich nicht und das will ich auch gar nicht. Ich versuchte allerdings, die Stimmung einer besonderen Mondnacht einzufangen. Ich war immer noch mitten in der Stadt, allerdings empfand ich sie diesmal nicht nervig.

Mondnacht: Bänke in der Grünauer Allee
Bänke in der Grünauer Allee

Es ist schon erstaunlich, welche ganz besonderen Lichteffekte ich sah. Ich genoss es sehr, wenn bestimmte Einzelheiten aus der Dunkelheit hervor traten. Mal war es ein Busch, den die Straßenlaterne anstrahlte, mal ein ganzes beleuchtetes Gebäude. Sogar der schnöde Papierkorb sah vergoldet aus.Ich nahm mir Zeit und aus diesem Grunde musste Herr E. ein bisschen Geduld haben mit mir.
Die S-Bahnbrücke spielte schon in so manchem Krimi eine Rolle. Im Film traf sich dort immer die „Szene“. In dieser Nacht war es zum einen still und zum anderen auch friedlich. Nur das Zirpen einer Grille war zu hören.
Das hat mir sehr gefallen.

Auf der Rampe zur S-Bahnbrücke
Auf der Rampe zur S-Bahnbrücke

Ich hatte mir schon den Wecker auf um Vier gestellt, damit ich die partielle Mondfinsternis nun auch noch sehen konnte. Als ich ins Bette ging, stand der Vollmond hoch über unserer Straße. Nach um Vier sah ich ihn nur noch durch die Bäume gegenüber dem Haus leuchten. Ich wollte nicht alleine raus und verzichtete auf das Sehen der Mondfinsternis.

das Theatrium in Leipzig-Grünau
das Theatrium in Leipzig-Grünau

Schon als Kind habe ich den Mond geliebt. Ich legte mich zum Beispiel so ins Bett, dass er mir voll ins Gesicht schien. Ich glaube, er kennt eine Menge Kümmernisse von mir. Ihm hab ich so allerlei anvertraut. Und weil der Mond wanderte, wanderte auch ich in meinem Bett mit und lag früh dem zufolge verkehrt herum. Meine Mutter machte sich Sorgen, schleppte mich sogar zum Arzt. Sie dachte, dass ich möglicherweise schlafwandele. Vom Mond habe ich ihr lieber nichts erzählt.

Die "Mondnacht" von Jpseph von Eichendorff
Die „Mondnacht“ von Jpseph von Eichendorff

Ich mag die Dichtung der Spätromantik. In dieser Mondnacht konnte ich gut nachempfinden, wie das ist, wenn das Herz voller Gefühl bald überläuft.
Ich lebe, und ich lebe gern. Meine nächtliche Tour war schön, und ganz zufrieden und glücklich bin ich in dieser Mondnacht wieder nach Hause gerollert.

Pause: Es geht gerade gar nichts

Vor einigen Tagen hatten wir hier noch 35 Grad. Dann gab es den großen Umschwung und es wurde lausig kalt. Heute quält sich das Thermometer gerade mal auf 12 Grad.
Schon seit einiger Zeit jagt ein Rheumaschub den anderen. Und nun hab ich auch noch einen feinen Virus eingesammelt. Nein, ich beschreibe das jetzt alles nicht. Es geht gerade gar nichts, auch das Bloggen nicht. Ich schaffe keine Blogrunden und kann auch kaum kommentieren. Es kommen bestimmt wieder bessere Tage.

Herr E. hat mir die letzten Dahlien mitgebracht. Die lasse ich hier und mach erstmal wieder

Pause.

Pause: die letzten Dahlien

Experimentieren mit Wolle und Garn

Man braucht nicht sehr viel, um glücklich und zufrieden zu sein.

Es wird mal wieder Zeit zum Bloggen. Ich habe die Langsamkeit geübt, d.h. in aller Ruhe habe ich meine Französisch-Lektionen gemacht und ich habe mit Wolle und Garn experimentiert. Für beides musste ich nicht im Dauerlauf durch das Leben zu rennen und darüber hinaus hat mir beides viel Freude gemacht und die Ruhe und Gemächlichkeit hat mir sehr gut getan.

Ich hatte ein Wollprojekt gesehen, an dem ich mich probieren wollte. Also habe ich meine Bestände durchgesehen und habe mir passende Wolle zusammengesucht. Hier entsteht mein blaues Garn. Also ran ans Spinnrad und spinnen und kardieren.

Mit dem neuen Spinnrad tat ich mich lange etwas schwer. Ich will nicht einfach nur spinnen, was ich immer gesponnen habe, sondern genau das Garn, welches ich für ein bestimmtes Projekt haben will. Kammgarn, Streichgarn, langer Auszug für weiches Garn, dünneres Garn als Kettgarn, jedes ist anders und alles bekam ich mit diesem Spinnrad erst nach langem Üben hin. Ich hatte es zeitweise sehr bereut, Ashford (Hersteller in Neuseeland) untreu geworden zu sein. Das passiert mir auch nicht noch einmal.

Für das zweite Garm habe ich Reste zusammen gesucht und mit den Handkarden gemischt. Für den allerletzten Rest gebe ich noch weiße Wolle dazu. Das wird die Schaumkrone auf dem aufgewühltem Meer. Das zweite Garn habe ich noch auf dem Spinnrad. Wie gesagt, ich mache mir keinen Druck, arbeite in aller Ruhe und mit Gemächlichkeit. Das macht den Kopf frei und einen solchen werde ich noch gut gebrauchen können in der nächsten Zeit.

Strickprobe aus selbstvesponnener Wolle zu dem Garn, welches ich will.
Strickprobe

Eine Strickprobe habe ich auch gleich mit erledigt. Ich musste ein bissel tüfteln, denn ich will in einer gerade Fläche unterschiedlich dickes Garn verarbeiten. Dickes Garn braucht natürlich mehr Raum, aber die Ränder sollen gerade bleiben. Verschiedene Nadelstärken habe ich probiert, sowohl für das weiße Garn, als auch für das dickere.

So ähnlich wird alles mal aussehen

Das richtige Strickstück wird letztendlich quer verwendet. Ich will mir einen Pullover aus meinen Resten machen. Reicht das Garn diesmal nicht, bekommt der Schwiegersohn zu Weihnachten einen Schal zu den Hüttenschuhen dazu. Ich ahne, dass es so wird und ich nehme dann für den Pullover eben einen zweiten Anlauf.

Ich bin so froh, dass ich seit vielen Jahren meine Wolle und mein Garn habe. Die Tüftelei damit, das Probieren, Verwerfen und neu Beginnen beschäftigt mich sehr. Und wenn dann endlich etwas fertig wird, so wie ich es mir vorgestellt habe, dann macht mich das froh und zufrieden. Schade, dass ich bei der Berufswahl Textildesign nicht auf dem Schirm hatte.

Übrigens habe ich gestern auf Arte einen Film gesehen, den ich nur empfehlen kann. Der Film „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ erzählt eine ganze Menge von den Leuten in dem Land, welches es eben nicht mehr gibt. Und ich habe mich an einigen Stellen wiedergefunden.

Änderungen

Oh, Änderungen wird es viele geben. Spätestens morgen wird es deutlich werden. Ich kann zwar nichts für verkorkste Bundespolitik (seit Jahrzehnten) und auch nichts für Wahlergebnisse, aber es wird garantiert wieder die volle Breitseite geben. Ich werde es nicht lesen und mir noch weniger annehmen. Weggehen von hier werde ich auch nicht. Ich bin noch nie weggelaufen, dahin, wo es mir vermeintlich besser gehen könnte. Von meinem Großvater zum Beispiel habe ich jede Menge gelernt, werde mit allen Veränderungen klar kommen und kann mir gleichwie auch immer noch selbst im Spiegel mit ruhigem Gewissen in die Augen schauen.

Das soll genug sein.
Gleich düse ich in den Garten. Auch morgen, gleich vom Wahllokal aus, werde ich das tun. Morgen werde ich vielleicht höchstens mal abends in die Wahlstratistik schauen und ansonsten weder Gelaber, noch Gejammer hören wollen.

Wegen der anhaltenden Veränderung in der Niederschlagstätigkeit gibt es auf meinem Balkon eine Insektentränke.

Um meine Tiere werde ich mich kümmern. Ja. Die Insektentränke ist manchmal leer bis auf den letzten Tropfen. Das liegt aber kaum an vielen Insekten, sondern am Gastkater. Dem schmeckt das Wasser mit Aroma besonders gut. Trotzdem freue ich mich über jedes Insekt, welches mich besucht und Wasser haben kann. Den Grünling habe ich fotografiert mit herausgelassener Markise. Hätte ich sie erst reingewickelt, wäre mein Insekt weg gehüpft.

Meine Französischbuch nehme ich mit in den Garten. Da habe ich Zeit zum Lernen.
Gestern habe ich mir einen Bericht über die Provence angesehen. Oh, es wird noch dauern, bis ich alles, was gesprochen wird, verstehe. Aber, ich bin auf einem guten Weg, komme gut voran. Und darüber freue ich mich wie Bolle. Was es auch immer noch für Änderungen in meinem Leben geben wird, diese Sprache wird mir nie schaden. Im Gegenteil.

Na dann!

Nachtrag

Ich war gerade wählen. Nein, ich mache keine Briefwahl. Nicht, weil ich irgendwelches Misstrauen hege, sondern weil ich Menschen um mich haben möchte. Man trifft Nachbarn, kann mal ein Schwätzchen machen, kann schauen, was die Schüler der Schule gerade ausstellen und kann ich kann die Stimmung im Wahllokal fühlen.
Und nun verziehe ich mich mit dem Französischbuch in den Schatten.