Das Wandern ist des Müllers Lust, das Wahandern!

wandern mit der kleinen Schwester
besser geht das Zeichnen gerade nicht

Am Ende eines Schuljahres war alles etwas anders, ungezwungener. Und es gab die Wandertage. Zuerst ging mein Sohn mit seiner Klasse wandern, zwei Tage später meine Tochter.

Die jüngste Tochter besuchte noch den Kindergarten. Wandertage gab es da nicht.
Die Kleine fing plötzlich bitterlich an zu weinen. Hilflos standen ihre Geschwister und der Freund meines Sohnes neben ihr. „Ich will auch wandern.“, schluchzte sie.
Ich weiß nicht mehr, wer es war, aber eines der Kinder hatte eine Idee und flugs zogen sich alle ins Kinderzimmer zurück.

„Mutti, wenn keiner mit der Silke wandert, machen wir das. Sie soll auch einen Wandertag bekommen.“

Die Vorbereitungen

zogen sich eine Woche lang hin.
Stöcke wurden gesucht und ich musste Stoff herausrücken. Jedes Kind sollte sein Bündel bekommen mit allem drin, was man für einen Wandertag braucht. Das wurde schnell wieder verworfen, denn ständig das Bündel aufzotteln war nervig. Man stieg auf Rucksäcke um. Das kleinste Kind bekam auch einen, einen ganz kleinen. Der Rest ihres Krimskrams wurde auf die Großen verteilt.

Was braucht man denn alles? Proviant natürlich und etwas zum Trinken, Pflaster für aufgeschrammte Knie, eine Schnur, Sicherheitsnadeln, …

Endlich war alles perfekt

und der Tag zum Wandern war gekommen. Die kleine Bande zog los. Ich hatte mir extra ein Tuch geschnappt, um ihnen zum Abschied aus dem Fenster hinterher zu winken. Aufgeregt schnatternd zogen die Kinder los und ich bin überzeugt, dass sie sich fühlten wie auf einer ganz großen Forschungsexpedition.

Als sie wieder kamen, war die kleine Schwester sehr glücklich. Sie hatte ihren Wandertag bekommen. Der Tag muss allen in Erinnerung geblieben sein, denn wenn sie sich später trafen, tauchte der Tag beim „Weißt du noch?“ öfter auf.

Und wo waren sie wandern gewesen?

Einige hundert Meter von unserem Wohnhaus entfernt, am Rande der Stadt, begannen die Felder. Um ein solches Feld ging ihre Entdeckungstour. Ein Feldrand wurde zum ganz großen Abendteuer.

Zeit muss man sich nehmen für Kinder und immer ihre Ideen mittragen. Ich habe mich sehr gefreut, als sich mein Sohn kürzlich bedankt hat, dass er eine schöne Kindheit hatte. (Und auch heute noch treffe ich manche Entscheidung im Sinne meiner inzwischen längst erwachsenen Kinder.)

12 Gedanken zu „Das Wandern ist des Müllers Lust, das Wahandern!“

  1. So liebevoll beschreibst du das Miteinander deiner Kinder – sie hatten wahrlich eine schöne Kindheit und dein Wanderer lässt mich schmunzeln.
    Liebe Abendgrüße

  2. Das ist so so schön zu lesen und auch nachzuempfinden. Ich habe Zeit meines Lebens Geschwister vermisst. Meine Mutter ist mit 30 Witwe geworden und ich muss ganz ehrlich sein, ich habe ihr sehr verübelt, dass es nie mehr einen neuen Mann gab, der vielleicht so etwas wie mein Vater hätte sein können und ich hätte dann noch Geschwister bekommen. – Sie hat es nicht gewollt – aber wenn ich das hier lese, kann ich nur sagen: Schade.
    Lieben Gruß zu dir

    1. Ich erinnere mich auch gern an die Zeit. Manchmal war es anstrengend, denn ich war voll berufstätig und bei uns war immer viel los. Vermissen möchte ich keine einzige Minute.
      Jan sagt immer, dass es gut war, dass er Schwestern hatte. Wenn er sich im Ton vergriffen hatte, gab es eine ordentliche Retourkutsche. Das hat ihn erzogen.
      Ich glaube, wir waren ein ganz gutes Team.
      Ganz liebe Grüße an dich.

  3. Ist das süss! Und der Zusammenhalt der „Grossen“ hat in der Tat Wunder bewirkt.
    Ja, es geht nichts über eine schöne Kindheit. Sie ist das tragende Fundament für ein ganzes Leben.
    Herzliche Grüsse, Brigitte

    1. Das stimmt, liebe Brigitte. Und die Geschwister hat es zusammengeschweißt. Sie haben auch jetzt noch einen guten Kontakt. Und der Freund wohnt inzwischen in Dessau. Wenn mein Sohn mich wieder besuchen kommt, wird er in Dessau einen Stop einlegen und sich mit ihm treffen. Auch diese Kinderfreundschaft hat gehalten.
      Liebe Grüße an dich.

  4. Das liest sich schön! Und erinnert ein bisschen an Astrid Lindgrens Kinder aus Bullerbü. Die hätten es sicher genauso gemacht. Leider gehört diese Welt immer mehr der Vergangenheit an. Wenn ich sehe, wie Eltern, während sie Kinderwägen schiebend mit ihren Smartphones beschäftigt sind und den Sprösslingen keine Erklärungen dafür geben, was so alles da draußen zu sehen ist, dann bezweifle ich irgendwie, dass diese Kinder auf ähnliche Erlebnisse zurückschauen werden, wie es die deinen können.
    Liebe Grüße,
    Elvira

    1. Die Smartfon-Kinder kaspern manchmal mit mir. Straßenbahnfahren ist ja sonst langweilig. Die Mütter bekommen das gar nicht mit, so beschäftigt sind sie. Jammert das Baby, dann bekommt es eine Saftflasche in den Wagen gelegt und gut ist es. Mir tut so was weh.
      Meine Kinder und ihre Freunde waren wirklich ein bisschen wie die von Bullerbü.
      Liebe Grüße an dich.

  5. So eine schöne Erinnerung. Du hast recht, man soll die Ideen der Kinder mittragen. Unterstützung ist viel wert und vor allem, ist es das voran sie sich erinnern. Alles Liebe

  6. Das unterschreibe ich, liebe Karin. Und genau so hast du es jetzt mit deiner Enkelin gemacht. Ich finde das Klasse. Leider ist mein Enkel ganz weit weg.
    Grüße schicke ich in den Norden.

  7. Das liest sich so schön und liebevoll, liebe Gudrun. Fein, dass sich die Geschwister Gedanken darum gemacht haben, wie sie ihrer kleinen Schwester eine Freude bereiten konnten. Dass sich das Erlebnis bei allen für immer in die Erinnerung eingeprägt hat, zeigt, wie glücklich man einander mit solchen kleinen Ideen machen kann.
    Liebe Grüße an von der Silberdistel

    1. Das stimmt, zusammengehalten haben sie schon immer. Und sie tun es auch jetzt noch, wo sie doch so weit auseinander wohnen. Mir tut es unglaublich gut, das zu sehen.
      Stimmt, es war eine ganz kleine Idee, aber die Größeren waren zufrieden und die Kleine war glücklich.
      Herzliche Grüße zu dir, liebe Silberdistel Marianne.

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