Die Störche wollte ich besuchen. In Seebenisch, einem Ort im Landkreis Leipzig, gelegen am Elster-Saale-Radweg, gab es eine alte Gärtnerei. Auf dem Schornstein hatten sich vor vielen Jahren schon Störche einen Horst gebaut. Als ich noch im Dörfchen in der Nähe wohnte, kam ich fast jeden Tag mit dem Radl dort vorbei und musste natürlich immer erstmal Störche kucken. Radfahren kann ich nimmer, aber einmal im Jahr muss ich dahin. Gut dass ich meinen Fridolin habe.
Die alte Gärtnerei ist inzwischen abgerissen. Eine Einfamilienhaus-Siedlung entsteht. Ich hatte Angst, dass es den Schornstein und damit den Horst der Störche nicht mehr geben wird. Seebenisch ist ein Ortsteil von Markranstädt und diese Stadt hat den Schornstein unter Denkmalsschutz gestellt und damit das Zuhause für die Störche bewahrt. Das finde ich super.
Aber gibt es in diesem Jahr überhaupt wieder Störche?
Da sah ich sie: einen Altvogel mit rotem Schnabel und ein Junges mit noch schwarzen Schnabel. Wo der zweite Altvogel war und ob es nur ein Junges gibt, war nicht zu ergründen. Den Storchenvater traf ich diesmal nicht und konnte nichts erfragen.
Ich weiß, dass das Futter knapp ist und dass die Altvögel immer weiter weg fliegen müssen. Vielleicht war der zweite erwachsene Storch unterwegs auf Futtersuche.
Der Sproß zu Hause bekam erstmal eine Flugstunde.
„So, Junior, zuerst machen wir uns mal ausflugfein!“
Geduscht waren sie schon, denn kurz zuvor gab es einen ordentlichen Regenschauer. Jetzt wurde nochmal gezupft und gerichtet.
„Wenn du die Schwingen ausbreitest, spürst du schon, wie der Wind darunter fährt. Er wird dich tragen.“
Der Altvogel stellte sich auf den Nestrand und breitete seine Flügel aus. Mit kräftigen Schwüngen bewegte er seine Flügel auf und nieder.
„So. Und nun du. Du musst deine Kraft spüren.“
„Genau so! Wunderbar machst du das, Junior. Wenn wir noch ein bisschen üben, kannst du bald mit den anderen Jungstörchen auf die große Reise gehen.“
Ja, der Junior war schon gut bei Kräften. Der Altstorch schien zufrieden.
„Jetzt stell dich in den Wind. Und los!“
Mit kräftigem Schwung hob der Kleine ab. Ruhig umsegelte er einige Male den alten Schornstein, flog über den Ort und landete auf einem Dach. Erstmal verschnaufen von der ganzen Aufregung.
Auch der Altstorch verließ nun das Nest.
Wir haben nicht mehr gesehen, wie die beiden zurück kamen, weil wir noch einen kleinen Ausflug an den Kulkwitzer See machen wollten.
Es war ein schöner Tag gestern, draußen vor der Stadt. Mir ist mal wieder bewusst geworden, wie wichtig es ist, um jedes Bisschen Grün und um jedes Tier zu kämpfen. Das darf nie und nimmer verspielt und vernichtet werden.
Liebe Gudrun,
ich bin hellauf begeistert von Deiner wunderbaren Geschichte über die Storchenfamilie. So eine Geschichte sollte genau so unbedingt bei Kindern landen, auch mit Fotos und Bildern wie den Deinen. Viele Kinder (gerade in Städten) haben überhaupt keinen Naturbezug mehr, ihr Wissen speist sich oft auf groteske Weise, u.a. aus der Werbung. Da haben mir doch glatt Kinder immer wieder mal erzählt, eine Kuh sei lila …
Wünsche Dir viele schöne Momente in der Natur!
Herzliche Grüße zu Dir! Chris
Vielen Dank, liebe Chris.
Es war so ein schöner Tag, da draußen auf dem Lande. Der Radweg geht durch Felder, weit weg vom Stadt- und Verkehrslärm. An der Stelle, von der man einen guten Blick hat auf das Storchennest, steht eine Bank zum Ausruhen. Wenn man sich dann etwas Zeit nimmt, kann man die beeindruckenden, schönen Tiere beobachten. Der Storchenvater, der ehrenamtlich arbeitet, weiß viel zu berichten, kennt die Flugrouten der Tiere und sorgt dafür, dass die Tiere beringt und geschützt werden. Nimmt man einen Verpflegungskorb mit, wäre das ein guter Ferientag, den man mit Kindern erleben kann. Wer nicht radeln kann, nimmt den Bus, der hier fährt.
Vielleicht sollte ich mich wirklich mal mit solchen Geschichten beschäftigen.
Herzliche Grüße an dich.
Hei, dass es so etwas noch gibt, dass eine Gemeinde einen Schornstein für so erhaltenswert empfindet, damit dort die Störche wieder ihr Nest bauen können, finde ich einfach großartig. Ich weiß gar nicht, ob es hier in der Nähe auch welche gibt – die sind so gravitätisch mit ihren langen roten Beinen und ihren langen klappernden Schnäbeln. – Wie schön, dass du sie so ausgiebig beobachten konntest.
Lieben Abendgruß von Clara
Es gab hier mal ein Ereignis, welches hohe Wellen schlug. Eine private Feier musste mit einem Feuerwerk enden. Die Altvögel flohen aus dem Nest und blieben lange fort, zu lange. Die Eier starben ab, weil die Zeit, in der sie unbebrütet waren zu lange war. Die Storcheneltern wussten das aber nicht. Sie saßen noch auf den Eiern, als andere Störche sich schon auf die große Reise vorbereiteten. Der Storchenvater entfernte sie schließlich mit Hilfe der Feuerwehr aus dem Nest, so dass die Altvögel sich für die Reise rüsten konnten. Feuerwerke sind nun bei Strafe untersagt.
Ich glaube, der ehrenamtlichen Arbeit von sehr engagierten Menschen haben die Tiere viel zu verdanken. Es tut gut, so etwas zu wissen und zu sehen.
Liebe Grüße an dich, liebe Clara.
Hach, ist das schön, diese Flugstunde der Störche und die fiktive Konversation. 🙂
Dieses Jahr hatten sie es echt schwer, die Storchenfamilien, bei dem ständig nassen Wetter.
Aber zum Glück haben doch ziemlich viele Jungstörche überlebt.
Einen lieben Gruss,
Brigitte
Liebe Brigitte, bei uns war es in den letzten Jahren viel zu trocken und auch jetzt hält sich der Regen in Grenzen. Feuchtgebiete und Auen trockneten aus. Auch der Einsatz von Pestiziden auf den Feldern lässt das Futterangebot für die Vögel schrumpfen. Es gab Jahre, in denen die Storcheneltern vier Junge im Horst aufgezogen haben. Ich glaube, das ist vorbei. Um so mehr freue ich mich, dass es Menschen gibt, die sich so für die Tiere einsetzen. Das macht Hoffnung.
Herzliche Grüße zu dir.
Meine Informationen diesbezüglich bekomme ich aus dem Internet:
http://www.tourilox.de/index.php/2-uncategorised/247-die-stoerche-in-stotel-sind-wieder-da
Dort wohnten wir 30 Jahre.
Auf dem Elberadweg haben wir einen Abstecher in das Storchendorf Rühstädt gemacht.
Flieg nicht so hoch kleiner Freund…
Schön zu lesen von dir :)!
Herzlichen Gruß!
Danke, liebe Kelly. Und ich freue mich sehr, dass du wieder schreibst und mich hier besuchst.
Ich glaube, es gibt eine Webcam in diesem Horst. Den Link dahin kann ich beim besten Willen nicht finden. Ich versuche, es heraus zu bekommen.
Ganz liebe Grüße an dich.
Was für eine wundervolle Geschichte, welch herrlicher Dialog!
(Ich konnte nicht anders, ich mußte diesen Blogpost promoten …)
Oh, das berührt mich jetzt sehr und ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Danke.
Na, ein paar aus diesem „Fediverse” dürften schon vorbeigeschaut haben 😉
Das ist aber lieb von dir. Danke.
Ach wie schön. Störche habe ich lange keine gesehen, was sich auch daran liegt, dass ich wenig aus der Stadt komme. Was du so von deiner Gegend berichtest, macht mir Lust doch mal nach Leipzig zu kommen. Hab es weiter fein. Alles Liebe
Ach hier gibt es schon tolle Ecken, sogar in der Stadt. Da kann man vergessen, dass es mitten in der Stadt ist, weil kein Lärm zu hören ist, nur Vogelgezwitscher.
Zu den Störchen kann man auch mit dem Bus fahren. Das muss ich mir merken, wenn mal Besuch da ist.
Liebe Grüße