Sagen erzählen „wemmer ohmds in Winter hengern worm Ufen sitze.“

Sagen und Geschichten. Karin Braun brachte mich dazu, mich damit mal wieder zu beschäftigen. Sie plant ein Sagen-Buch im nächsten Jahr und hat mich gefragt, ob ich eine beizusteuern hätte. Das hat mich in die Spur gesetzt, denn die Gegend, die meine Heimat ist, hat mit einer Menge Sagen aufzuwarten.

Herbstabende - Zeit für Sagen

Ich weiß nicht, ob man im Altenburger Land besonders redselig ist. Man erzählt aber schon gerne. Und so ist es wenig verwunderlich, dass es aus der Gegend um Altenburg auch viele Sagen, Schauergeschichten, wunderliche Begegnungen und mehr gibt, was über Jahrzehnte und Jahrhunderte weiter erzählt wurde, von einer Generation zur nächsten.
Auch in den Familien meiner Eltern war es üblich, dass man sich abends, zur Dämmerung traf. Geschichten wurden erzählt, der neuste Klatch ausgewertet, die Dorfmeinung diskutiert und die große Weltpolitik natürlich auch.

Herbstzeit - eine besondere Stimmung für alte Sagen
Herbstzeit – eine besondere Stimmung für alte Sagen.

So langsam kommt die Natur zur Ruhe. Die Ernte ist eingebracht, das Vieh von der Weide geholt. Es wird kälter und draußen macht sich immer mehr eine ganz eigene Herbststimmung breit.
Wenn es still wird, Nebelschwaden durchs Land ziehen und die kühle Feuchtigkeit durch die Kleider dringt, dann sehnt man sich nach einem warmen Getränk und einem wärmenden Ofen. Ich kann es mir gut vorstellen, wie man sich traf in den Bauernstuben. Und dann erzählte man, auch alte Sagen, nach denen ich mich gerade auf die Suche mache. Die ehrliche Magd aus Wintersorf, einem Dorf zwischen Altenburg und Meuselwitz, hat es mir angetan. Vielleicht erzähle ich mal davon.

abends
Die Abende werden länger, die Tätigkeiten draußen weniger.

Die Familientreffen, so wie bei meinen Eltern noch, können so nicht mehr stattfinden. Wir wohnen nicht mehr eng bei einander. Auch schränkt Corona gerade größere Zusammenkünfte ein.
Mein Vater hat öfter davon erzählt, wie er als ganz kleiner Knirps zu Füßen seiner Mutter auf dem Boden saß und den Erwachsenen zuhörte. Meine Mutter fand als Heranwachsende den Dorftratsch immer recht interessant. Der war manchmal besser als ein verkrampftes Aufklärungsgespräch. Sagen erzählte man natürlich auch. Vom weißen Gespenst auf dem Zipsendorfer Friedhof habe auch ich noch öfter gehört.

Was aber hindert uns nun daran, die modernen Kommunikationswege der Neuzeit zu nutzen und zu schwatzen? Warum zum Kuckuck tauschen wir uns nicht aus, reden eben nicht miteinander und vergeben vielleicht die Chance, auf ganz neue Ideen zu kommen? Was glauben wir denn, uns ständig zu vergeben, wenn wir eben nicht los reden wie uns der Schnabel gewachsen ist? Wie sehr bremst es uns aus, wenn wir vor allem und jeden Hemmungen haben?

besondere Stimmung
eine besondere Stimmung im alten Bauernhaus (Volkskundemuseum Wyhra)

Am Sonntag holt mich meine Freundin ab. Ich hoffe, dass ich sie zu einem kleinen Ausflug ins Altenburger Land, meine Heimat, überreden kann. Meine Kamera möchte ich mitnehmen und vielleicht einpaar Eindrücke einfangen von den weiten Feldern und sanften Hügeln um die Schnauder und die Sprotte herum.
Genau weiß ich nicht warum, aber es zieht mich richtig dahin und das schon bevor Karin die alten Sagen ins Spiel brachte.

15 Gedanken zu „Sagen erzählen „wemmer ohmds in Winter hengern worm Ufen sitze.““

        1. Und ich erst! Das Grobkonzept steht, aber: Ist der Plan auch gut gelungen, er verträgt auch Änderungen. (alte Weisheit von DDR-Ökonomen zur Jahresplanung)

  1. Die Idee mit dem Sagenbuch ist nicht nur auf meinem Mist gewachsen, sondern auch auf dem von Gabriele Haefs. Wir freuen uns beide schon darauf, was du wohl ausgraben wirst.
    Ich hoffe du hast einen schönen Ausflug. Hier regnet es und es wird wohl eher ein Stricktag werden.

    1. Himmelhochjauchzend war meine Freundin nicht. Mal sehen, was wird. Die eine Sage erzähle ich auf alle Fälle. Da lasse ich mir noch etwas Besonderes einfallen.
      Liebe Grüße, auch an Gabriele.

  2. Es ist immer schön, wenn sich Menschen was zu sagen haben. Manchmal haben auch Orte was zu sagen. Kennst du die Geheimnisse aus deiner Stadt? „Leipziger Geheimnisse“
    Spannendes aus der Sachsenmetropole. Mit Kennern der Stadtgeschichte.
    Autoren: Eva-Maria Bast , Heike Thissen
    Aus meiner Stadt habe ich da noch einige überlieferte Geschichten kennen gelernt.
    Ich wünsche dir für morgen einen schönen Ausflug, solltest du die Freundin überreden können. Liebe Grüßeisa

    1. Liebe Isa, so sehr ist das nicht mehr meine Stadt. Es ist mein Wohnort, ja. Vieles, was ich mal sehr geschätzt habe, gibt es nicht mehr. Es wurde abgewickelt, mitgenommen, verschrottet. Ich habe mir auch das Lichterfest für die geladenen Gäste nicht angesehen. Mir ist nicht nach feiern. Ich will das Alte nicht zurück, das Neue gefällt mir aber auch nicht. Nicht so.
      Ich bin ja noch viel im Altenburger Raum unterwegs gewesen. Jemand, den ich von meinen Veranstaltungen her kenne und den ich sehr schätze, hat ein Sagenbuch aus dieser Region geschrieben. Meine Heimat und auch die Mundart möchte ich nicht vergessen und deshalb wird es eine Sage von dort sein.
      Liebe Grüße an dich, so hoch oben über deiner Stadt.

  3. Für mich ist das Bloggen eine Art von Austausch untereinander, vom Zeigen verschiedener Lebensentwürfe und wenn wir Zuhören, können wir davon profitieren. Und wenn wir offen miteinander umgehen. Mir kommt das oft zu kurz, weshalb ich mich ja auch immer wieder mal schwer tue mit dem Bloggen und dem gegenseitigen Kommentieren. Ich brauche keine permanente Selbstbestätigung, aber echter Austausch scheint schwierig. Einfacher ist es, sich gegenseitig zu bestätigen.
    Ich setze mich jeden Tag auseinander, rede mit Menschen, höre mir andere Standpunkte an, vertrete meine eigenen. Aber ich habe auch nicht zu jedem Thema was zu sagen.
    Ich selber zeige ja vor allem meine Photos, garniert mit etwas von unserem täglichen Leben, wirklich tief gehe ich dabei auch nicht. Dafür ist mir das Netz dann doch zu anonym, auch wenn ich weiß, wer bei mir mitliest. Ich habe grundsätzlich keine Hemmungen zu sagen, was ich denke, aber im Netz ist das oft schwierig. Und ja, manchmal will ich auch nicht mehr reden, manchmal ist eine Tür zu und das ist dann auch gut so.
    Aber jetzt wünsche ich Dir erst mal einen schönen Ausflug. In Altenburg waren wir damals auch kurz.

    1. Mein Ausflug mit den beiden Freundinnen war wirklich schön. Es war aber auch verdammt anstrengend, weil Wintersdorf viele Steidungen hat. Es ist halt im Altenburger Hügelland gelegen. Mit dem Rollator war das eine arge Schinderei. Langsam ging es, aber es ging. Ich kenne jetzt den Ort für meine Sage und mit den Freundinnen zu schwatzen tat unglaublich gut.

      1. Nachtrag.
        Ich habe doch noch was vergessen. Mir ging es nicht ums Bloggen, höchstens am Rande. Mir ging es um das miteinander sprechen, den anderen sehen, merken, wie er sich um Worte bemüht und nicht einfach losballert , um Mimik und Gesten, um Geschichten erzählen…
        Mit meiner Tochter hatte ich das Thema am Wochenende in einem Telefonat auch. Sie schreibt ganz hervorragende Texte. Drum hat sie ja auch ihren Beruf. Inhalte erzählen ist aber noch was ganz anderes. Das liegt mir nun wieder sehr und wenn es sein muss, erzähle ich mit vollem Körpereinsatz.
        Zu Coronazeiten ist es etwas anders geworden. Viele beklagen, dass sie sich alleine fühlen, dass die Gemeinschaft fehlt. Das ist auch so und trotzdem scheuen sich viele, wenigstens die Kommunikationsmittel zu nutzen, die da sind. Ich kann mir auch vorstellen Kaffeekränzchen oder Märchenstunde über Skyp oder ähnliches zu machen. Mal sehen, vielleicht entwickelt sich das noch.

  4. Schön hast du das erzählt Gudrun. Die Bilder passen perfekt dazu, besonders das letzte ist sehr stimmungsvoll. Wenn es zeitig dunkel wird, dann ist die Zeit für Handarbeiten, fürs Märchen erzählen bei den Kindern, fürs Plaudern. Eine Kerze an, los geht es.
    Sagen haben doch immer etwas Wahres, wie sollen sie sonst entstanden sein? Leider liegt auch immer etwas Schauriges in den Geschichten.
    Liebe Grüße von Kerstin.

    1. Ich glaube, schaurig ist die Sage nicht, aber Wahres liegt drin. Das stimmt. Ich freue mich schon auf das Schreiben.
      Stimmt, jetzt ist wieder Zeit für Handarbeiten. Mein Teppich ist fast fertig, aber mit Entsetzen habe ich gestern gemerkt, dass es nicht mehr sehr lange bis Weihnachten ist. Und ich habe noch gar keine Ideen.
      Manchmal ist es richtig schlimm, dass die Familie so weit auseinander wohnt.
      Herzliche Grüße in die Aue.

  5. Sagen faszinieren mich seit langem schon, ich habe in meiner kleinen Bibliothek hier im Wohnzimmer auch einige Bücher über Sagen und Legenden meiner Heimat. Und ich würde mich sehr freuen, wenn du uns die sagenhaften Geschichten deiner Region erzählen würdest.
    Liebe Grüße!

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