Meine Mutter hat mir viel aus ihrem Leben erzählt. Geboren 1016 in einer typischen Arbeiterfamilie, die auch in den Jahren der Kriege und der Weltwirtschaftskrise Armut und Hunger erlebt hat. Das hat sie geprägt und somit auch ihr Essverhalten. Mit bestimmten Gerichten wollte sie nie wieder etwas zu tun haben. Sie wurden bei uns nicht gekocht oder gegessen. Dazu gehörte auch Steckrüben-Suppe.
Steckrüben-Suppe oder: Wie Lebensumstände Ernährung prägen
Hering war indes auch so etwas, um das meine Mutter einen Bogen gemacht hat. Ihn gab es als Fleischersatz auf die Lebensmittelkarte. Margarine hätte sie sich nie und nimmer auf’s Brot geschmiert und Steckrüben-Suppe wäre nicht in den Topf gekommen. Daraus haben die Frauen eine Art Sirup gekocht im Krieg, der als Zuckerersatz herhalten musste. Die Rüben hatten sie den Bauern von den Feldern geklaut und im Rucksack nach Hause geschleppt. Bei jedem Schritt knallten ihnen die Rüben ins Kreuz.
Die Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel konnte meine Mutter nie wieder ablegen.
Grünkohlgerichte habe ich erst viel später kennen und schätzen gelernt und Steckrüben-Suppe habe ich jetzt zum ersten Mal gekocht. Ein Suppentrulli bin ich ja eh, aber mit diesen Rüben, einem tollen nährstoffreichen Wintergemüse, konnte ich einfach nichts anfangen. Wenn meine Mutter gewusst hätte, was ich im Topf hatte, dann hätte in Altenburg die Erde gebebt, denn dort ist sie begraben.
Meine Suppe war sehr lecker. Nein, ein Bild gibt es davon nicht. Ich mag so etwas nicht. Auch das Rezept schreibe ich nicht auf. Ich hab es mir ja nicht ausgedacht. Es gibt genug davon im Netz und jeder findet schon das für ihn Passende.
Erwähnen möchte ich aber, dass es von großem Vorteil ist, wenn man der Suppe Zeit zum Ziehen lässt, also Ruhezeit gönnt. Die Rübe verliert die vielleicht etwas aufdringliche Süße und alle Kräuter können fein durchziehen.
Wolliges für Freunde und Helfer
Tja, was war noch?
Am Freitag werde ich mal wieder begutachtet. Das belastet mich schon etwas und mir vergeht die Lust zum Schreiben. Ich werde mich zur Ordnung rufen, weil ich eigentlich nicht möchte, dass die blöde Erkrankung mein Leben ganz bestimmt.
Die Hüttenschuhe für einen Helfer sind fertig und schon im Gebrauch. Darüber freue ich mich sehr, weil es mir auch immer das Gefühl gibt, etwas geschaffen zu haben, etwas Nützliches.
Ich habe schon das Nächste am Wickel: Schafwollsocken für eine Freundin im Rollstuhl. Wenn sie ihr genau so gut tun wie mir, dann ist es alle Mühe wert.
Mein neues Spinnrad ist toll. Es ist eine Freude, für meine Projekte genau die Wolle zu spinnen, die ich mir dafür vorstelle. Ich freue mich auf den Sommer, wenn ich draußen auf dem Balkon sitzen und spinnen kann.
Steckrüben hat meine Mutter auch nie gemacht, für sie waren die auch nur mit Kriegserinnerungen verbunden. Ich habe sie selber auch nie gemacht und wüßte gar nicht, wie man sie zubereitet. Auch Margerine gab es bei uns nie und ich esse sie auch bis heute nicht. Mir wird regelrecht schlecht, wenn ich nur ahne, das sie irgendwo dran ist. Ich backe auch nur mit Butter. Hering gab es bei uns schon und manches, was früher ein sog. arme Leute Essen war, ist heute richtig teuer. Wir essen ja nach wie vor Fleisch und das auch gerne, aber nur vom Biohof. Da kennen wir das Schwein oder Rind quasi persönlich und können sehen, wie es gehalten wird. Und bekommen auch eine ganz andere Qualität als das Massenzeugs aus dem Supermarkt. Martin will in der Reha mehr vegetarisch essen, wobei das bei seiner Art von Rheuma nicht so entscheidend ist.
Bei ihm geht es dann auch um Begutachtung, ob er noch arbeiten kann oder nicht. Das Ergebnis steht ja eigentlich schon fest.
Es ist schlimm, dass Kriege sogar auf das Essverhalten Einfluss haben, dass sie traumatisieren und noch lange danach zu spüren sind.
Zu einem Biohof komme ich leider gar nicht, ich könnte es mir aber auch nicht leisten. Billigfleisch mag ich gar nicht, also lasse ich es und gönne mir das, was eben geht. Gemüse gibt es auf dem Markt und damit lässt sich viel anfangen. Als Kind habe ich mich eh immer von dem ernährt, was die Felder hergaben. Damals ging es mir gut und jetzt wird es einfach mal wieder Zeit.
Rübenmus gab es oft bei uns zu Hause und auch Hering, gebraten oder sauer eingelegt. Ich mache auch manchmal Rübenmus, allerdings die vegane Variante. Probier mal ruhig weiter. Schadet nicht auf tierisches zu verzichten.
Das nächste Mal teile ich die Rübe. Der eine Teil wird Suppe und der andere Röstis oder panierte Scheiben. Da geht noch was! Und ich bin beim Probieren noch am Anfang. Das Rübenmus probiere ich garantiert auch noch.
Steckrüben sind mir kulinarisch fast fremd, denn ich kenne nur das in der Kölner Gegend sogenannte Rübenkraut (Zuckerrübensirup), den gab es bei uns daheim als Aufstrich auf Reibekuchen.
Steckrübeneintopf gab es auch bei uns zuhause öfter. Damals, als Kind, war das nicht so mein Fall. Inzwischen habe ich Steckrüben auch schon als Gemüse gegessen. So zubereitet hat es mir ausgesprochen gut geschmeckt. Es gibt durchaus sehr schmackhafte Rezepte mit Steckrüben.
Einen lieben Gruß schickt Dir, liebe Gudrun, die Silberdistel