Flug nach Los Angeles – eine Reise ans andere Ende der Welt.

Reisen bedeutet herauszufinden, dass alle Unrecht haben mit dem, was sie über andere Länder denken. (Aldous Huxley)

Flau nach Los Angeles

(Eine Bemerkung zu den Bildern zum Flug nach Los Angeles: Ich habe das mit dem Handy von einem kleinen Monitor abfotografiert und ich lasse das so. Nein, ich hatte keinen Fensterplatz. Der hätte mir auch nichts genützt. In 12.000 km Höhe ist man weit über den Wolken.)

Da war ich nun also unterwegs.
Ich gebe zu, dass ich schon an Ausreden gearbeitet habe, um nicht zu fliegen. Den Rollstuhl musste ich mitnehmen und vorher mussten wir noch mit Sack und Pack zum PCR-Test (die Amerikaner verlangen das). Schaffe ich die Reise überhaupt? Immerhin hocke ich 12 Stunden im Flugzeug. Klappt das mit der Mobilitätshilfe der Deutschen Bahn?
Mein Arzt meinte, ich solle mich auf den Weg machen. Es wird mir gut tun.

Der Flug war schon lange gebucht. Ich konnte nicht einfach zu Hause bleiben. Das wäre unfair. Also sind wir los mit Sack und Pack. Alles was irgendwie ging hatten wir an den Rollstuhl hinten angehängt. Herr E. hatte unsere beiden kleinen Koffer im Schlepptau. So zuckelten wir zuerst in das Testzentrum in der Nähe und von dort fuhren wir zum Bahnhof.

Am Bahnhof bekam Herr E. einen Nachricht auf’s Handy: „Wir bedauern das sehr, aber der von ihnen referenzierte Zug fällt aus.“
Na Klasse! Mir begann schon wieder der Kamm zu schwellen.
Wir mussten uns sowieso bei der Info melden, weil die veranlassen musste, dass ich mit Rollstuhl auf Höhe des Einstieges bugsiert werde. Dort erfuhren wir, dass der Zug nicht ausfiel, er fuhr bloß nicht zum Flughafen, sondern endete im Frankfurter Hauptbahnhof. Ach, irgendwie werden wir schon zum Flughafen kommen.

Wir hatten in Flughafennähe ein Hotelzimmer gebucht. Der Flug ging erst am nächsten Tag los. Das war dann doch noch recht abenteuerlich, aber wir haben es geschafft und hockten auch am anderen Tag endlich in unserem Flugzeug, nachdem Herr E. mit dem Gürtel in der Hand aus dem Körperscanner kam. „Wen willst du denn verhauen“, entfuhr es mir. Herr E. knurrte nur.
Auf der Rückreise machten wir es wie die Amerikaner. Wir reisten mit Jogginghose, Sweatshirt und Latschen.

Zwölf Stunden auf engstem Raum, das war schon ein arger Ritt.
Die Höhe von 12.000 m störte mich nicht. Man kann sich auch von drei Metern Höhe den Hals brechen.
Jeder im Flugzeug versuchte sich mit etwas zu beschäftigen. Ich hätte gerne gestrickt, aber Nadeln sind dort nicht erlaubt. Und so sah ich mir auf dem Monitor vor mir an, wo sich das Flugzeug gerade befand und wie lange es noch bis zum Zielflughafen war. Über Nordirland flogen wir, die Färöer Inseln sah ich und schließlich Grönland. Und dann flogen wir stundenlang über den großen Teich.

Mit tat dann langsam der Poppes weh. Zwar versuchte ich mit Schaukeln von einer Pobacke zur anderen und Hacke-Spitze dagegen zu halten, aber das Sitzfleisch tat eben weh. Ich schlich dauernd zum Klo, nur damit ich mich bewegen konnte. Am Ende des Tages hatte ich trotzdem geschwollene Beine. Meine Tochter bestellte mir Stützstrümpfe, auf meinen Wunsch natürlich quietschebunte, und die Rückreise ging damit viel, viel besser.

Auf das Festland trafen wir in Kanada. Ich sah Montreal, Quebec und einen Ort mit Namen „Trois-Pistoles“. Letzteres fand ich lustig.
Der Flug zog sich hin bis Los Angeles, aber irgendwann hieß es „Bitte Gurt anlegen; wir landen auf dem Los Angeles International Airport.“ Mein Abenteuer konnte beginnen. Mit dem Land beschäftigen muss man sich ja oft, ob man will oder nicht. Ich hatte und habe auch noch immer nicht die beste Meinung. Wie aber sind die Menschen hier, mit denen meine Tochter lebt und arbeitet? Was hat sie bewogen, hier zu bleiben und die Staatsbürgerschaft zu wechseln? Ich erlebte in den nächsten Tagen so manche Überraschung, aber ich war auch in Kalifornien. Da ist alles etwas anders als anderswo in dem großen Land. Und das war es, was mir sehr gefiel.

16 Gedanken zu „Flug nach Los Angeles – eine Reise ans andere Ende der Welt.“

  1. Ja, die DB drückt sich schon oft recht missverständlich aus – anstatt einfach kund zu tun, dass der Zug nicht bis zum Frankfurter Flughafen fährt. Warum das so ist, kann – so glaube ich – wahrscheinlich niemand erklären…
    Zwölf Stunden ununterbrochen im Flugzeug, das ist schon eine sehr lange Zeit, vor allem, wenn man gesundheitlich nicht mehr so ganz auf der Höhe ist. Ich hatte fast immer Fensterplätze, denn das ist, zumindest bei Tage, schon ganz interessant, was da weit unter einem so dahingleitet. 😉
    Ich freue mich schon so sehr darauf, was du über Kalifornien, Land und Leute berichten wirst, liebe Gudrun!
    Herzliche Grüße!

    1. Es war so gut, dass ich Kalifornien besuchen konnte. Vieles hat mich erstaunt, hat mich nachdenklich gemacht und hat mir gefallen. So sehr, dass ich gerne wieder komme. Ich freue mich schon auf das nächste Mal.
      Auf dem Hinflug war das Flugzeug nicht voll. Ich hatte drei Sitze und konnte die Beine auch mal hochlegen. Auf der Rückfahrt war das Flugzeug rappelvoll. Gut, dass ich die Strümpfe hatte. Sie haben sehr geholfen.
      Meine Familie fehlt mir. Ich würde auch gerne das Enkelchen mehr betreuen wollen.
      Herzliche Grüße an dich.

      Und jetzt gehe ich bei dir nachlesen. Meine Schlafattacken lassen allmählich nach.

  2. Schön, dass du dich nicht gedrückt hast und doch geflogen bist, liebe Gudrun. Denn all die Mühen und Anstrengungen haben sich am Ende doch gelohnt. ❤️
    Ich kann mir gut vorstellen, dass du deine Familie dort vermisst. Man kann ja auch nicht mal eben hinfahren. Dennoch ist es schön, wenn man eine Familie hat, die man vermissen kann.
    Ich wünsche dir, dass du recht bald wieder hinfliegen kannst. ❤️
    Liebe Grüße ❤️

    1. Wenn alles gut geht, fliege ich im nächsten Jahr wieder zu meiner Familie und zu den Freunden. Diesmal werde ich mich nicht versuchen zu drücken, eher besser vorbereiten. Ich kenne es ja nun und weiß, was mich erwartet.
      Ich mag aber auch die Menschen in dem Lande, zumindest die in Kalifornien. Einiges an Lebensweise und Lebenseinstellungen habe ich mir mitgebracht.
      Liebe Martina, ich schicke dir ganz liebe Grüße.

      1. Liebe Gudrun,
        du warst sehr mutig und hast alle Sorgen und Ängste hinter dir gelassen. Du hast einen guten Arzt, weil er dich in dem bestärkt hat, was gut und auch wichtig für dich ist. Deine Grenzen haben sich nun ein ganz großes Stück ausgeweitet.
        Wie wertvoll auch, dass du so positive Eindrücke und Begegnungen hattest.
        Ich bin sehr gespannt auf alles was du hier noch erzählen und zeigen wirst.
        Ganz herzlichen Dank sage ich dir für deine Postkarte die heute hier eingetroffen ist. Es hat mich berührt, dass du an mich gedacht hast.
        Liebe Grüße von:
        Beate

        1. Ach, liebe Beate, du bist eine gute Freundin und bleibst das auch. Schön, dass die Karte angekommen ist. Da hat es ja nicht all zu lange gedauert. Ich hab nicht gleich geschrieben, weil ich die erste Zeit mit allen neuen Eindrücken fast überfordert war.
          Herzliche Grüße an dich.

  3. Es ist immer interessant, wie anders als in den Medien wahrgenommen, ein Land und dessen Bewohner denn letztlich sind. Das habe ich auf vielen früheren Reisen erfahren. Darum mag ich auch so Verallgemeinerungen wie „die Russen“, „die Amerikaner“, „die Deutschen“ nicht. Das reduziert in der Regel auf die Auffälligkeiten einiger, wenige … oder der Regierung des Landes. Alles Liebe

    1. Das sehe ich genau so mit diesen Allgemeinerungen. Ich mag sie auch nicht.
      Sehr froh bin ich, dass ich die Menschen und ihre Lebensweise kennenlernen durfte. (Und sie meine.) Wenn man sich kennt und miteinander redet, ist vieles sehr viel einfacher. Wir sollten viel mehr miteinander reden. Alle.
      Liebe Grüße zu dir in den Norden.

  4. Hallo Gudrun, dein Bericht hat mir sehr, sehr gut gefallen – am meisten natürlich, dass du wirklich und wahrhaftig geflogen und gefahren bist. Das ist ja schon für einen normal Sterblichen eine Strapaze – bei dir stelle ich es mir noch drei Stufen verschärfter vor.
    Ganz besonders lustig fand ich diese Passage im Text: „Die Höhe von 12.000 m störte mich nicht. Man kann sich auch von drei Metern Höhe den Hals brechen.“
    Drei Meter können sogar zu viel sein – manche schaffen das schon, wenn sie über die Teppichkante stolpern.
    Ich bin so froh, dass alles insgesamt so positiv ablief, so dass gleich neue Reisegelüste aufkeimten.
    Dann schauen wir mal, was hier alles so noch kommen wird – gezeigt als Bilder und als Text.
    Lieben Gruß von mir

    1. Ich dachte immer, dass ich Panikelse an Flugangst leide. Mein Doc hatte mir vorsichtshalber ein Notfallmedikament gegeben. Dann habe ich mich auf meinen Poppes fallen lassen im Sitz und habe gedacht. „So, das war dein Teil. Und nun lass die da vorne im Cockpit mal ihren Job machen; fliegen ist ihrer, nicht deiner. Und so ging das prima.
      Ja, es war eine Herausforderung und nicht gerade leicht. Beim nächsten Mal geht es besser. Ich weiß ja jetzt, was mich erwartet.
      Ganz liebe Grüße an dich.

  5. Zwölf Stunden im Flugzeug sind schon eine lange Zeit, liebe Gudrun. Dass das anstrengend war, das kann ich mir gut vorstellen. Es reicht ja so schon, wenn man irgendwo längere Zeit sitzen muss und sich zwischendurch nicht die Beine vertreten kann. Im Flugzeug ist man da ja noch weitaus mehr eingeschränkt. Aber letztendlich habt Ihr die große Reise dann doch geschafft und konntet Euch auf viele neue Erlebnisse freuen.
    Ich bin schon sehr gespannt auf Deine weiteren Berichte.
    Einen lieben Gruß schickt Dir die Silberdistel

    1. Es interesssiert niemand im Flugzeug, wie man in seinem Sitz „hängt“. Eine junge Frau hatte die Beine an der Lehne und den Poppes da, wie bei anderen die Beine sind. Sie klemmte quasi in der Lucke zum Vordersitz und schlief tief und fest. Andere reisten gleich im Jogginganzug und fast alle wanderten in Socken durch das Flugzeug. Manche setzten Schlafmasken auf und andere pusteten sich ein Sitzkissen auf. Ich werde mich besser vorbereiten das nächste Mal.
      Aber geschafft haben wir es. Und das, weil wir unbedingt dahin wollten, zur Familie.
      Herzliche Grüße an dich.

  6. Liebe Gudrun,
    das war ein ausführlicher Bericht über den Flug und allem drum herum. Ich bewundere dich und deinen Mut. Und das Wichtigste ist, dass alles gut abgelaufen ist.
    Natürlich bin ich gespannt auf deine weiteren Berichte.
    Ich wünsche dir nun einen schönen Feiertag morgen.
    Liebe Grüße
    Traudi

    1. Liebe Traudi, einen schönen Feiertag wünsche ich dir auch.
      Wir hatten uns einen Plan für jeden Tag geschrieben und haben nicht alles geschafft. Das holen wir beim nächsten Mal nach. 😀 Es waren tolle Erlebnisse und freundliche Menschen um mich herum. Das hat mir so gut getan.
      Ich grüße dich herzlich, liebe Traudi.

  7. Ich sitze wie gebannt am Monitor und verschlinge deine Zeilen liebe Gudrun. Abenteuer pur, was wohl nicht jeder von uns erlebt. Ich glaube nicht, dass ich jemals über den großen Teich fliegen werde. Das ist schon eine einmalige Reise. Aber du hast da deine Tochter und wirst sie wiederholen 🙂
    Liebe Grüße von Kerstin.

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