Respekt und Ehrfurcht

Tiefe Ehrfurcht habe ich vor der Natur, vor ihrem Lebenswillen, egal, was wir ihr antun. Und dabei ist sie noch in der Lage, so manches Wunder zu vollbringen.

Auf dem Weg zur Physiotherapie komme ich in meinem Wohngebiet an zwei Apfelbäumen vorbei. Beide sind schon alt. Als man Grünau begann zu bauen, befand sich auf dem Grund und Boden hier eine Gartenanlage. Die Pächter gaben ihre Gärten auf und bekamen neues Land. Und die Bauarbeiter ließen Obstbäume stehen, wo immer es ging.

Seit Wochen hatte es nicht geregnet. Es ist knochentrocken und die Ozonbelastung ist sehr hoch. Auf der Sonnenseite hatten die beiden alten Bäume nichts mehr dagegen zu setzen, aber auf der anderen Seite haben sie geblüht und Äpfel wachsen lassen. Mit Respekt und Ehrfurcht habe ich das beobachtet.
So ein Lebenswille!

Auf meinem Weg sehe ich auch eine Weide. Hier zeigt sich deutlich, wie ernst es ist. Ein Ast ist einfach abgefallen und drinnen sieht es aus wie Sägespäne. Den Büschen und Bäumchen vor dem Haus kann ich Wasser geben. Bis zu den beiden Apfelbäumen schaffe ich es nicht. Leider.
Vielleicht hole ich mir mal einen Zweig.

Wenn die Zweige Wurzeln schlagen,
Wachsen, grünen, Früchte tragen,
Möchtest du dem Angedenken
Deines Freunds ein Lächeln schenken.

Und wenn sie zuletzt erfrieren,
Weil man sie nicht wohl verschanzet,
Will sichs alsobald gebühren,
Daß man hoffend neue pflanzet.

– Johann Wolfgang v. Goethe