Willkommen, Gelassenheit!

Ruhe und Gelassenheit

Die ruhigen Tage, jetzt am Ende des Jahres, sind gar nicht so schlecht. Ich habe mir die Zeit genommen, mich mit mir und meiner Krankheit auseinander zu setzen. Es wurde höchste Zeit und mir Zeit nehmen, diesen Luxus kann ich mir erlauben. Das Ergebnis: Willkommen, Gelassenheit.

Jahrelang habe ich meine Ärzte genervt: „Nun macht mal was! Gebt mir ein Medikament, damit alles wieder heile wird.“ Geholfen hat man mir, ja, aber heile wurde nichts mehr. Ich war aber nicht bereit, meine Krankheit anzunehmen, mit ihr zu leben und nicht gegen sie.

Als ich die Diagnose bekam, nahm ich Schmerzmittel und machte weiter wie bisher, das heißt körperlich schwere Arbei (die noch nicht mal meiner Ausbildung entsprach), langes Stehen, Heben, Bücken waren an der Tagesordnung, bis es eben zusammenbrach. Ich ließ mich auch dann noch drängen von Ämtern und mich behandeln wie … Auch lassen wir das! Das und falsche Werteauffassungen sorgten dafür, dass ich mir zunehmend unnütz vor kam, überflüssig, unwert, nicht leistungsfähig. Ich konnte mich selber nicht mehr leiden. Als ich mich endlich durchgerungen hatte, wenigstens eine Gehhilfe anzunehmen, war es dafür schon zu spät. Mehr Gelassenheit brauchte ich, das wurde mir schmerzlich klar (im wahsten Sinne des Wortes).

Ich denke jetzt nicht mehr nach darüber, was alles war in den letzten Jahrzehnten. Meine Lehren kann ich ziehen, darüber reden auch, ändern kann ich es nicht. Was die Zukunft bringt, weiß ich auch nicht. Aber mein Leben jetzt und heute kann ich bestimmen, mit Ruhe und Gelassenheit. Oh nein, ich werde mich nicht in Watte packen, aber unnötige Auslöser für Schmerzen kann ich einschränken. Wunden an der Seele auch.

Wie will ich zu mehr Gelassenheit kommen?
nach einer Anregung des Magazins „Mobil“ der Rheumaliga erstellt

Ich bin Mitglied der Rheumaliga und bekomme auch regelmäßig das Magazin. Die letzte Ausgabe hat mir sehr gefallen. Ganz deutlich wurde mir bewusst, dass ich nicht alleine bin mit den Problemen, die meine Krankheit mit sich bringt. Nein, nicht ich bin Schuld, dass ich nicht „Hansdampf in allen Gassen“ sein kann. Schuld ist die Krankheit.

Gelassenheit, trotz Rheuma

Einiges tue ich schon für mich, meinen „Wollkram“ z.B. oder auch einfach nur für andere da sein. Ich bekam durch das Magazin viele Hinweise, wie ich zur „alten“ Selbstachtung zurückfinden kann, selbstbewusst und mit Gelassenheit. Auf mehr Distanz muss ich achten und auch öfter einfach mal „Nein“ sagen.
In den Beiträgen gab es keinen erhobenen Zeigefinger, sondern Berichte und Erfahrungen von Betroffenen, die mit beiden Beinen im Leben stehen oder eben auch sitzen.
Das hat mir gut getan.

Na dann mal los!
(Und nun ist es aber gut mit dem persönlichen Geprappel über Krankheiten. 🙂 )

15 Gedanken zu „Willkommen, Gelassenheit!“

  1. Die Krankheit anzunehmen ist ein ganz großer Schritt in die richtige Richtung. Das mobilisiert viele ungeahnte Kräfte und hilft, das Leben und die kleinen Glücksmomente zu genießen.
    Ich umärmel dich mal ganz doll virtuell und grüße dich herzlich!

    1. Vielen Dank, liebe M. Du hast wirklich Recht.
      Ich stand mir oft immer selber im Wege. Jetzt bin ich ruhiger geworden, akzeptiere, dass alles langsamer geht. Und es geht! An vielen kleinen Dingen habe ich Freude, weil ich danach suche.
      Ich danke dir für das Drücken. Es hat gut getan. 🙂
      Ganz liebe Grüße an dich

  2. Ist das dein Fridolin? Du bist vertraut mit deinem Gefährt und das zeigt, dass du in dir ruhst. Ich wünsche dir die Zufriedenheit, die du ausstrahlst, dann kannst du auch alles schaffen. Anders zwar, als vorher, aber wächst der Mensch nicht mit seinen Möglichkeiten?
    Liebe Grüße

    1. Das ist mein Fridolin.
      Der Untersatz hier ist mein Rolli, den ich mit in die Öffentlichen und auch ins Flugzeug nehmen kann.
      Stimmt, piri, es ist anders, aber es ist alles zu schaffen. Im Moment geht es mir auch richtig gut.
      Liebe Grüße zu dir und deinen beiden Junioren.

      PS: Mit Fridolin kann ich 90 km zurücklegen. Mit ihm fahre ich weitere Strecken, über Land, in den Garten. Er hat mir schon gute Dienste erwiesen, auch weil ich auf Radwegen fahren kann und nicht langsamer bin als die Radler dort.

  3. Liebe Gudrun,
    ich denke es wird den meisten Menschen so gehen wie dir, die Krankheit nicht annehmen. Weiter machen wollen wie bisher.

    Es ist auch mit Sicherheit schwer.
    Ich glaube du bist auf den richtigen Weg. Die neue Wohnung , Fridolin, der neue Rollstuhl.
    Und erst deine tolle Reise über das große Meer.

    Du kannst stolz auf dich sein.

    Ich wünsche dir ein schönes, besinnliches 3. Adventswochenende.

    Liebe Grüße Marion

    1. Meine liebe Marion, das wünsche ich dir und deiner Tochter auch, dass ihr es gemütlich und warm habt.
      Auf meine Reise freue ich mich schon sehr. Ich weiß nicht, wie lange ich noch so was machen kann. Also werde ich es jetzt nutzen. Ich freue mich auf meine Tochter sehr. Ohne ihre Hilfe wäre die Reise nicht möglich gewesen. Und auf meinen Enkel, den Schwiegersohn und die Freunde dort freue ich mich auch.
      Diese Erinnerungen kann mir keiner wieder nehmen.
      Schön, dass du da warst.
      Herzliche Grüße an dich.

  4. Liebe Gudrun,
    denke hauptsächlich darüber nach was du alles machen kannst und nicht so sehr was nicht mehr geht. Denn das was du tun kannst, überwiegt bei weitem. Du bist unglaublich stark und du bist mutig. Ich bewundere dein Wissen über die Natur, Pflanzen und Tieren. Du machst wunderbare Dinge die ich nicht mehr lernen werde. Du hast, trotz aller Widrigkeiten es geschafft zu deiner Tochter in die Staaten zu fliegen. Was sicherlich mega anstrengend gewesen ist. Auch das traut sich nicht jeder. Meine Mutter traut es sich noch nicht einmal zu mich in Schweden zu besuchen. Aber das ist eine andere Geschichte. Ich wünsche dir eine möglichst laaaaaannge Zeit ohne Schmerzen. Ich grüße dich ganz lieb aus dem verschneiten ( und ziemlich kalten) Schwedenlande. ️

    1. Liebe Petra, ich freue mich über deine Grüße aus der Ferne und deine guten Wünsche. Vielen Dank.
      Ich mache mich bald wieder auf den Weg. Es ist schon ein arger Ritt vis zu meiner Tochter ans andere Ende der Welt. Mir hat aber auch gut getan, andere Menschen kennen zu lernen und nicht im eigenen Saft zu schmoren. Ich freue mich schon auf die Freunde.
      Kalt ist es bei uns auch geworden. Auch am TAge haben wir Frostund ich wünsche mir einen Kachelofen mit Ofenbank. 😀
      Herzliche Grüße an dich.

  5. Meine Krankheit ist zwar nicht körperlich, sondern psychisch und doch war es recht ähnlich. Nachdem ich die Diagnose hatte, habe ich versucht etwas „dagegen“ zu unternehmen, bis ich merkte, so kann ich nur verlieren, es geht nicht weg, nur weil ich es nicht will. Seit ich auf die Krankheit höre, ihr den Raum gebe, den sie braucht und mein Leben so eingerichtet habe, dass sie nicht unnütz getriggert wird und ich trotzdem weiter ohne Medikamente leben kann, kommen wir klar.
    Ich finde du machst, im Rahmen deiner Möglichkeiten extrem viel und das imponiert mir sehr. Alles Liebe

    1. Ich brauche schon Medikamente, schon um die Entzündungen in Schach zu halten. Wenn ich aber selber im Gleichgewicht bin, dann ist alles viel besser zu ertragen. Lange habe ich nicht akzeptiert, dass vieles jetzt langsamer gehen muss. Manchmal muss man sein Zeitmanagement neu ausrichten. Zu manchem musste ich lernen, Distanz aufzubauen, mich nicht in den Strudel der Aufgeregtheiten hineinziehen lassen. Das hat mir gut getan.
      Liebe Grüße zu dir.

  6. Liebe Gudrun,
    ich finde es gut, dass du über dieses Thema geschrieben hast. Auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es nicht unterdrücken, sondern rauslassen, was dich bewegt, wie es dir damit ergangen ist, was du fühlst und denkst, was dir Schmerzen zufügt und was dir gut tut.
    Ja, man muss damit leben lernen. Ich bin auch so ein Mensch, der das nicht akzeptieren will. Aber letztendlich haben wir keine Wahl. Im Kummer versinken und dem Leben keine Chance mehr geben, oder akzeptieren und damit leben lernen.
    Du zeigst auf wunderbare Weise, was alles möglich ist, wenn man nicht aufgibt. Dass es dennoch lebenswerte Momente gibt. Natürlich muss auch die Familie hinter einem stehen. So ist es bei mir zum Glück auch.
    Aber du hast soviel Kraft und Mut, ich bewundere dich und ziehe den Hut vor dir dafür.

    Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Kraft und Gelassenheit
    und einen schönen, gemütlichen 3. Advent …
    mit einem lieben Gruß,
    Andrea

  7. Ich möchte vor allem nicht, dass andere den gleichen Fehler machen, wie ich. Ständig im Dauerlauf und alles aufsammeln, was da so an Brocken lauert, geht nicht. Als ich vor einiger Zeit in der Notaufnahme lag, hatte ich Zeit, darüber nachzudenken.
    Stimmt, liebe Andrea, die Familie gibt wirklich großen Rückenhalt. Ich freue mich auf Weihnachten, wenn zwei meiner Kinder mich besuchen und bald sehe ich das Dritte ja auch wieder. Was ist das für ein großes Glück!
    Schafe kann ich keine mehr haben, aber ihre Wolle verarbeiten schon. Einen Hühnerstall muss ich mir auch nicht mehr wünschen, aber das Vogelhaus vor dem Fenster braucht auch Pflege. …
    Einen schönen dritten Advent wünsche ich dir auch, liebe Andrea. Ich genieße die Ruhe in meiner Wohnung im Moment sehr.
    Hetzliche Grüße an dich.

  8. Liebe Gudrun, ich glaube Dir, dass es nicht leicht ist, eine Krankheit, die Dich zu manchen Zeiten sehr niederdrückt, zu akzeptieren, vor allem für einen Menschen wie Du einer bist, der immer sehr aktiv war. Aber ich finde es gut, dass Du nun Deinen Weg gefunden hast. Ich bewundere Dich schon lange, was Du trotz Deiner Schmerzen alles noch unternimmst und wie sehr Du für andere da bist, Dich um sie sorgst und sie mit Deinen schönen Wollearbeiten beschenkst. Das allein ist so viel mehr als gänzlich Gesunde oft für ihre Mitmenschen tun. Du solltest stolz auf Dich sein. Ich finde es gut, dass Du nicht mehr mit Deinem Schicksal hadern willst.
    Alles Liebe für Dich und hab noch einen schönen 3. Advent wünscht Dir von Herzen die Silberdistel

    1. Danke, liebe Silberdistel. Ich danke dir wirklich sehr.
      Die Krankheit wirklich zu akzeptieren war bei mir ein langer Prozess. Ich wollte das nicht wahrhaben. Nur, vom einfachen Nichtwollen ändert sich nichts. Jetzt bin ich auf einem guten Weg. Es regt mich nicht mehr auf, bestimmtes Geschehen vom Spielfeldrand zu erleben. Und mal sehen, was das Leben noch so Gutes bringt. (Und an allem anderen werde. ich nicht zerbrechen.)
      Hanz liebe Grüße zu dir in den Norden.

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