Beim Verarbeiten meiner selbstgesponnenen Wolle muss ich immer mal etwas anderes probieren. Einmal, weil ich einiges ausbauen und perfektionieren möchte und zum anderen, damit es nicht langweilig wird. Diesmal stricke ich nicht als Bündchen das klassische Rippenbündchen, sondern Mäusezähnchen.
Bei ganz dicker Wolle geht das sicher nicht weil man mit dicker Wolle und dicker Nadel schlecht „die Kurve kriegt“.
Ich bin aber dabei, mir Sommersocken aus dünner gesponnenem Garn zu stricken. Schafwolle vertrage ich sehr gut auf der Haut und die gleichbleibende angenehme Wärme, ohne dass sich etwas feucht anfühlt, tut meinen geschundenen Füßen gut.
Mäusezähnchen stricken ist ganz einfach. Hier die Anleitung:
- Eine bestimmte Anzahl Reihen rechts stricken, danach mit den Mäusezähnchen beginnen.
- Benötigt wird eine Machenanzahl, die teilbar ist durch zwei.
- Strickt man in Runden werde alle Maschen der zweiten Reihe rechts gestrickt. In Hin- und Rückrunden strickt man die Maschen der Rückrunde links (auch die Umschläge)
- Begonnen wird mit einem Umschlag.
- Danach werden zwei Maschen rechtsverschränkt zusammengestrickt.
(In beide Maschen wird von vorn rechts nach hinten links eingestochen, der Faden geholt und durch beide Maschen durchgezogen.) - Den Umschlag und die zwei Maschen rechtsverschränkt zusammenstricken wiederholen, bis alle Maschen einmal so durch sind.
- Danach weiter ganz normal stricken.
- Die Mäusezähnchen zeigen sich, wenn man die ersten Reihen bis zu den Zähnchen nach innen umklappt.
- Wenn man die gleiche Anzahl Reihen gestrickt hat wie bis zum Beginn der Mäusezähnchen, kann man die beiden Reihen zusammenfügen, in dem die Anschlagmaschen auf eine Hilfsnadel genommen werden und immer eine mit der Masche der letzten Reihe zusammengestrickt wird.
- Man kann auch den Umschlag vernähen, muss aber darauf achten, nicht zu straff zu ziehen, denn das Bündchen soll elastisch bleiben.
Und sonst so? Trübe Gedanken und Wut.
Als meine Kinder klein waren, wurde ich immer richtig panisch, wenn es ihnen nicht gut ging. Im Dauerlauf bin ich zum Arzt gerannt und immer wurde mir geholfen.
Wenn ich die Bilder von der griechischen Grenze sehe, von den Müttern und kleinen Kindern, ohne festes Obdach, ohne medizinische Hilfe, ohne ausreichende Hygiene, ohne Hoffnung, dann wird mir das Herz schwer. Und dann schwanke ich hin und her zwischen Traurigkeit und Wut über die Untätigkeit der Politik.
Gerade hörte ich in den Nachrichten, dass sich die Krankenhäuser hier im Lande darauf vorbereiten sollen, schwerkranke Corona-Patienten aufnehmen zu können. Sie badauern es sehr, dass dann OPs verschoben werden müssen. An denen verdient man nämlich, an der Notfallmedizin nicht. Himmel, Arsch und Zwirn!
Ich weiß schon, warum ich genau das System nicht mag und mir auch nicht schön reden lasse.
Lasst es euch allen gut gehen, kommt gut durch die Woche. Ich bemühe mich, hier wieder aktiver zu sein.
Gudrun, ich bin fast krank, wenn ich die Nachrichten sehe und die Leute, die in den Lagern zusammengepfercht sind, unter den unmöglichsten Bedingungen. Es ist einfach unglaublich, wie die EU sich diesen Hilfsbedürftigen gegenüber verhält.
Aber auch bei diesen deinen Worten: „An denen verdient man nämlich, an der Notfallmedizin nicht. Himmel, Arsch und Zwirn!
Ich weiß schon, warum ich genau das System nicht mag und mir auch nicht schön reden lasse.“ kann ich nur heftig mit dem Kopf nicken. In der DDR gab es zwar auch einige, die bevorzugt wurden – aber nicht die große Masse, da waren alle ziemlich gleich mit der schlechteren Versorgung. Aber sie war nicht so gewinnorientiert wie jetzt. Es ist wirklich zum Reihern.
Gute Nacht sagt Clara
Das alles beschäftigt mich sehr, liebe Clara. Einfach zur Tagesordnung übergehen gelingt mir immer weniger. Ich möchte mich nicht mehr hilflos fühlen und warten, bis in unserer Regierung irgendwann einen Furz lässt. Jetzt lese ich erstmal wieder, um etwas zu sagen zu haben, wenn es wieder heißt: „Ja, aber die Wirtschaft…“ Ich weiß gar nicht, wieso ich so sprachlos geworden bin.
Wenn ich dir Nachrichten sehe, dann könnte ich kotzen, wenn ich lese, dass nach tagelangen zerren, gerade mal 1500 Kinder aufgenommen werden, könnte ich schreien. Wir erleben gerade den Ausverkauf der Menschlichkeit und ich fürchte es ist erst der Anfang.
Nichts destotrotz sind deine Mauszähnchen schön geworden
Das ist auch mein Eindruck. Man kann doch nicht nur Kindern helfen. Was ist mit den Müttern? Was mit den Vätern, die ihre Familien nicht schützen konnten? Wo sollen sie hin? Jedes Jahr im Januar findet ein Trauermarsch durch Dresden statt ob der Zerstörungen nach der Bombennacht. Städte in Syrien sind nur noch eine Trümmerwiese und noch immer fallen Bomben. Oh nein, wir sind da nicht außen vor, auch wenn Recep dort Wache steht. So oder so nicht.
Mich macht das auch wütend, hilflos, ohnmächtig. Fassungslos macht mich allerdings auch, wie schnell es mir der Moral vorbei ist, wenn man hysterisch wird. Da wird Desinfektionsmittel auf der Kinderkrebssatation geklaut. Und wir echauffieren uns über Menschen, die nichts weiter suchen, als einen sicheren Platz zum Leben.
Oh ja, das wird immer von zwei Seiten gesehen oder mit zwei Ellen gemessen. Ich weiß nicht, ob grenzenloser Egoismus in den Genen liegt. Meine Mutter hat davon schon immer berichtet. Und das ist schon lange her.
Du schreibst es genau richtig Gudrun. Ich mag schon keine Nachrichten mehr schauen, so viel Leid und Elend. Gerade neulich meinte ich zu meinem Mann, wozu denn die Menschen immer mehr Technik und neue Autos brauchen, wir brauchen zu Essen und Wasser! Wer braucht ein 50.000 Euro teures Auto? Ich niemals. Wir sollten uns lieber Gedanken machen, wie wir in Zukunft leben – übeleben – können.
Liebe Grüße von Kerstin, die Mäusezähnchen noch nie gestrickt hat.