Als mein Reisetermin nach Kalifornien näher rückte, empfahlen mir einige Mitblogger und Freunde, doch mal die „Kalifornische Synfonie“ von Gwen Bristow zu lesen. Nun bin ich nicht von Büchern begeistert, in denen es um die große Liebe geht, aber ich habe gelesen. Die Beschreibungen der beschwerlichen Reisen der Händler und Siedler über die Berge und durch die Wüste bis an die Westküste, nach Kalifornien, und einige geschichtliche Hintergründe fand ich interessant, die Beschreibung der Landschaft dann auch zutreffend.
„Schließlich kamen wir nach Los Angeles. Ach, Garnet, meine Liebe, ich war so müde und ich fühlte mich so elend, aber ich konnte mir nicht helfen; als ich das Nest sah, musste ich lachen.
Gwen Bristow, Kalifornische Synfonie, S.299
Los Angeles ist das spaßigste, kleine Dorf, das ich je gesehen habe. Es ist da ein Bach, der ist ungefähr einen Meter breit und an dem Bach stehen einpaar Häuser, die sehen aus wie alte Pappschachteln.“
Über den „Bach“, der ein Fluss ist, schreibe ich ein andermal. Die „Pappschachteln“ aber, das waren aus luftgetrockneten Ziegeln gebaute und mit Lehm bestrichene Häuser. Die ersten in der Siedlung Los Angeles, der ursprunglichen spanischen Siedlung El Pueblo de Nuestra Señora la Reinade Los Ágeles sobre el Río Porciuncula. Ganz schön lang der Gründungsname, nicht wahr?
Die ursprüngliche Siedlung bestand aus vierundvierzig Personen, aus der Stadt Stadt der Königin der Engel wurde Los Angeles und der Río Porciuncula zum Los Angeles River. Das „Nest“ entwickelte sich zum Wirtschafts-, Geschäfts- und Kulturzentrum Kaliforniens.
Das Avila Adobe war eines der ersten Häuser der Siedlung. Es wurde 1818 gebaut von Francisco Avila, einem wohlhabenden Viehzüchter, der ursprünglich aus Sinaloa in Mexiko stammte. Mit dem spanischen Begriff Adobe bezeichnet man heute noch die luftgetrockneten Lehmziegel.
Meine Tochter wollte mit uns also in das Lehmhaus von Francisco Avila, in das Ávila Adobe.
Ich nehme euch einfach mal mit.
Francisco Avila lebte vom Tauschhandel mit Häuten und Talg. Letzteres war die Hauptzutat für Kerzen und Seifen. Er konnte es sich leisten, Möbel und Hausrat aus Mexiko, Neuengland, Europa und Asien kommen zu lassen, um sein Haus einzurichten. Avila war reich.
In meinem oben erwähnten Roman wird beschrieben, dass es wahrlich nicht gut roch in der Stadt, um nicht zu sagen: Es stank gen Himmel. Tierhäute hingen über den Geländern in den Höfen. Das Fleisch hat man nicht sehr sorgfältig angekratzt. Es wird sich schon in der Sonne alleine verflüchtigen.
Im Roman fragt eine Frau eine andere: „Wenn du gewusst hättest, aus was deine Stiefel gemacht sind, hättest du sie angezogen?“
Die Wände des Avila Adobe sind 0,75 – 0,91 m dick und bestehen eben aus den sonnengebrannten Lehmziegeln. Der ursprüngliche Boden im Haus bestand aus verdichteter Erde, die hart wie Beton war. Mehrmals am Tage wurde gefegt, damit die Oberfläche glatt und frei von loser Erde blieb. Das hielt dann auch mal einen ordentlichen Badegang im Zuber aus. Und der war wahrscheinlich der blanke Luxus nach einem Ritt durch die Berge und die Wüste.
Am 18. Mai 1846 erklärten die Vereinigten Staaten Mexiko den Krieg, weil sie inzwischen großes Interessae an Kalifornien hatten. Die meisten Bewohner von Los Angeles flohen, so auch die Ehefrau von Francisco Avila, die gerade alleine lebte im Haus. Das überließ sie einem kleinen Jungen zur Aufsicht. Als der mal die Türe offenließ, bemerkten amerikanische Truppen das Haus und quartierten sich kurzerhand ein.
Nach dem Krieg und nach dem Tod der Mutter lebte die Tochter noch einige Zeit im Haus. Das war in die Jahre gekommen, sodass sie schließlich weg zog. Verschiedene Familienmitglieder mieteten es, dann wurde es Pension. Als ein Erdbeben es arg zerstörte, blieb es leer, verfiel und sollte auf Geheiß der Stadt Los Angeles 1928 abgerissen werden.
Ihr wisst schon, ein Klick …
Christine Sterling, die aus San Franzisko nach LA gezogen war, interessierte sich sehr für Kulturgeschichte. In letzter Minute gelang es ihr, die Abrissbirne aufzuhalten und das Haus zu mieten. Sie ging danach von einem Verleger zum anderen und bat darum, über die Geschichte der Olvera Streat und der Avila Adobe zu berichten. So bekam sie beispielsweise das Geld zusammen, um das alte Haus zu restaurieren. Sie wohnte auch da, hielt es aber dennoch für Besucher offen. 1953 erwarb der Staat Kalifornien das Haus. Frau Sterling blieb bis zu ihrem Tode 1963 dort.
Übrigen, gekocht wurde beispielsweise draußen, im Hof.
Die ganze Zeit wurde ich geschoben in meinem Rollstuhl, so dass es manchmal nicht möglich war, die optimale Motivwahl zu finden. Das Bild von der Carreta, einer mit Ochsen zu bespannenden Karre, zeige ich trotzdem, weil ich mir kaum vorstellen kann, wie das Ding vollbeladen mit Zeuchs durch die Berge und die Wüste rumpelte.
Manchmal sind es Einzelpersonen, die durch ihren unerschütterlichen Einsatz möglich gemacht haben, Geschichte lebendig zu halten und allen zugänglich zu machen. Ich habe tiefsten Respekt vor ihnen und nehme mir einiges als Ansporn mit.
Wir waren lange in der Avila Adobe. Ich hetze nicht gerne. Sowohl nach den Beschreibungen im Roman (zudem ich an anderer Stelle noch etwas zu sagen habe), als auch nach dem, was ich sah, konnte ich mir das Leben in dem alten Lehmhaus gut vorstellen.
Dankeschön fürs Mitnehmen, liebe Gudrun. Ich schaue mir gern alte Gebäude an, zu denen es noch eine Geschichte zu erzählen gibt. Da wird es dann gleich wieder ein wenig lebendig. Die Bauernmuseen, von denen es ja bei uns in Deutschland so einige gibt, sind auch hochinteressant. Wir haben davon schon etliche begeistert besucht. Schön, wenn und dass so etwas erhalten wird, um auch z.B. unseren Kindern und Enkeln zu zeigen, wie die Menschen früher gelebt haben, dass nicht alles so einfach war, wie es heute oft ist. Wir haben ja so manches noch selbst erlebt z.B. bei meinen Großeltern.
Einen lieben Gruß schickt Dir die Silberdistel
Liebe Silberdistel, ich hatte gerade ein Gespräch it Herrn E. Ich wundere mich gerade, weil ich mich noch nie so hinter die Geschichte einer Gegend geklemmt habe, wie dort in LA. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht komme ich ja noch dahinter.
Bauernmuseen hier kann ich auch bald wieder besuchen. Im September fahre ich an die Nordsee zur jüngsten Tochter. Da gibt es einige.
Herzliche Grüße an dich.
Huhu liebe Gudrun,
das war sehr interessant zu lesen. Danke für die Reise in eine andere Zeit. Wer weiß.. vielleicht hast du in einem früheren Leben dort gelebt und bist deswegen so an der Geschichte interessiert. Liebe Grüße
Tja, so richtig weiß das keiner, was vor uns war und was dabach sein wird.
Mich hat auch fasziniert, wieviele Kulturen hier lebten, aufeinander trafen. Und immer gab es Kriege. Man bemüht sich jetzt sehr, das kulturelle Zusammenleben zu fördern und ich hoffe, dass es gelingt.
Liebe Petra, ich schicke dir liebe Grüße.
Danke für deinen Beitrag. Ich bin ja eine große Freundin von Adobe Bauten. Freunde von mir haben gerade die Option im Schleswiger Raum ein Lehmziegelhaus zu kaufen. Ich bin gespannt. Es ist so fein, dass du uns ein wenig mitnimmst. Alles Liebe
Das Haus meiner Kindheit war aus Lehmziegeln gebaut. Im Winter war es relativ warm, im Sommer kühl. Im Keller waren immer vier Grad, so dass es ein guter Kühlraum war. Nur mich arschte es ein bisschen an, weil mich meine Mutter ständig in den Keller scheuchte, weil ichbetwas holen sollte.
Liebe Grüße in den Norden
Den Bekannten drücke ich die Daumen, dasy es klappt. Es ist eine feine Sache.
Es ist schön und auch wichtig das solche Geschichten und die Gebäude, teilweise ganze Siedlungen für die Nachwelt erhalten bleiben.
Bei uns gibt es auch so viel..
Es werden alte Werkstätten abgebaut und wieder aufgebaut.
Ich sehe mir sowas liebend gerne an.
Schön das du zu deiner Tochter an die Nordsee fährst.
Liebe Grüße Marion
Ich habe gerade den Plan gemacht für die Nordsee. Ich wollte immer mit meiner Tochter nach Rungholt eine Wattwanderung machen. Jetzt fahre ich eben mit einem Pferdefuhrwerk. Es wird halt etwas andrrs, aber bestimmt schön.
Zwei Heimatmuseen habe ich auchbauf dem Plan.
Ganz liebe Grüße
Liebe Gudrun.
freut mich, dass Du auf mein Blog gestossen bist und ich so auf Deines, und hier in diesem Beitrag eine Menge ueber Los Angeles lernen konnte. Danke fuer diese hochinteressanten Informationen. Obwohl ich nun schon seit ueber 10 Jahren hier in den USA lebe und viel herumgereist bin, war ich noch nie in dort. Umso mehr hat Dein Artikel hier mein Interesse erhoeht. Und auch auf ein Buch hast Du mich aufmerksam gemacht. Von Gwen Bristow kenne uch die „Louisiana Trilogie“, und nun steht auch die „Kalifornische Symphonie“ auf meiner Leseliste.
Liebe Gruesse aus dem fernen Texas nach Leipzig,
Pit
P.S.: Ich freue mich schon auf weitere Artikel ueber Los Angeles.
Herzlich Willkommen, lieber Pit.
Meine Tochter lebt schon seit über zwanzig Jahren in den USA, ist Bürger des Landes. Und jetzt war ich das erste Mal zu Besuch da und habe meine Liebe zu Kalifornien entdeckt. Ich könnte mir auch vorstellen, da zu leben. Jetzt habe ich endlich den richtigen Anreiz bekommen, um Englisch zu lernen. Das mache ich gerade eisern.
Liebe Grüße nach Texas.
Wir lesen uns.
Ich sehe schon, ich muss die Kalifornische Symphonie mal wieder lesen, das ist schon eine Weile her, dass ich diesen Roman in den Händen hatte… Die Bilder vom Ávila Adobe gefallen mir sehr gut. Ich werde sie noch eine Weile betrachten, und versuchen mir vorzustellen, wie es einst war, in diesen Räumen zu leben, und auch in diesem armseligen kleinen Nest, aus dem später einmal die Weltstadt Los Angeles werden sollte.
Herzliche Grüße!