Der Merseburger Rabe und der Bischof Thilo von Trotha

Sagen und Legenden haben mich schon immer interessiert. Ich erzähle sie auch gerne weiter. Heute erzähle ich mal vom Merseburger Rabe.

Der Merseburger Rabe – an ihm kommt man wahrlich nicht vorbei, wenn man das Schloss in Merseburg besucht. Die älteste Überlieferung der Sage stammt vom Merseburger Stadtschreiber Georg Möbius (1668). Sie lebt fort bis in die Gegenwart und ich erzähle heute davon.

Merseburger Rabe
Der Merseburger Rabe und seine Gattin.

Die Sage vom Merseburger Rabe geht auf den Bischof Thilo von Trotha (1466 – 1514) zurück. Der Bischof prägte mit seiner unermütlichen Bautätigkeit Merseburg sehr. 1470 erfolgte der Neubau des Schlosses auf
einem Vorgängerbau aus dem 13. Jahrhundert.

das Merseburger Schloss
Das Mersburger Schloss

Der Ring des Bischof von Trotha

Der Sage nach, ließ der Bischof von Trotha in seinem Gemach einen kostbaren Ring unbeaufsichtigt liegen, welchen ihm sein Freund, der Bischof zu Meißen, geschenkt hatte.
Zu dem Zimmer hatten nur der Bischof und sein alter treuer Kammerdiener Johannes Zutritt. Bald stand der Kammerdiener in dem Verdacht, den Ring an sich genommen zu haben. Der Bischof galt als harter und auch sehr jähzorniger Mann. Er wies die Hinrichtung seiner Kammerdieners an.

der Rabe von Merseburg
die Rabensage

Obgleich der Kammerdiener auf dem Schafott immer wieder seine Unschuld beteuerte, ließ ihn Thilo von Trotha hinrichten. Johannes wollte als Zeichen seiner Unschuld die Hände über dem Rumpf zum Himmel erheben, wenn sein Kopf gefallen sei. Das soll dann auch genau so passiert sein.
Auf einem Relief an der Fassade des Schlosses ist das dargestellt. Links sieht man den kopflosen Johannes mit den zum Himmel erhobenen Händen. Der Rabe von Merseburg ist natürlich auch zu sehen.

Rabe von Merseburg - Voliere im Innenhof
Blick in den Innenhof zur Voliere

Der Rabe von Merseburg

Nach einem heftigen Gewitter musste das Dach an einem der Türme im Schloss repariert werden. Bei diesen Arbeiten fand man in einem Rabennest den wertvollen Siegelring. Damit war die Unschuld des treuen Johannes bewiesen.

Der Sage nach, ließ der Bischof nunmehr überall an seinen Gebäuden Hinweise auf dieses Ereignis anbringen. Mit der Freundin werde ich mich noch einmal am Schloss und bei einem Merseburg-Bummel auf die Suche machen.
Im Schlosshof sitzt ein Rabe ein als Mahnung, nie ein Urteil im Jähzorn zu fällen. Ein Kolkrabe büßt seit diesem Diebstahl immer in einem Käfig des Schlosshofes.

Alleine muss der Rabe von Merseburg nicht mehr sein. Seit 2006 darf er indessen mit einer Gattin einsitzen. Auch wurde das steinerne Gefängnis durch eine Voliere erweitert. (Die Raben wären nicht lebensfähig gewesen in der Natur. Sie brauchen lebenslange Pflege durch Menschen. Ihnen geht es gut.)

9 Gedanken zu „Der Merseburger Rabe und der Bischof Thilo von Trotha“

  1. Wie schön, liebe Gudrun, Du erinnerst mich an unseren Urlaub mit dem WoMo vor vier Jahren. Da haben wir u. a. auch in Merseburg und Trotha haltgemacht. Es ist eine wunderschöne Gegend und es hat uns sehr gut gefallen. Die Sage vom Raben ist an der Voliere angebracht und wir konnten uns schon damals darüber unsere Gedanken machen.
    Hab einen schönen Tag und sei lieb gegrüßt
    Lotte

    1. Hallo, liebe Lotte,
      mir gefällt die Gegend auch. Ich hätte an der Saale sitzen bleiben können. Abeg auch die Stadt ist sehenswert. Die Freundin und ich wollen da auch nochmal hin.
      Liebe Grüße an dich.

  2. Schöne Sage. In Merseburg hatte ich verwandte und war dort einmal, als ich gerade so 3 oder 4 war. Also nur Fotos, keine Erinnerung. Aber einen feinen Ausflug hattest du da.

    1. Ohhhh, das ist ein Weilchen her. Es hat sich auch vieles verändert. Es ist schöner geworden. Wir hatten uns zu Beginn noch nicht auf ein Ziel festgelegt. Als die Freundin Merseburg nannte, habe ich ganz laut „Ja!“ gesagt. Es war wirklich sehr schön.

  3. Sehr schön erzählt, liebe Gudrun.
    Danke für diese Geschichte. Ich finde sie passt zu dieser besonderen Zeit.
    Und irgendwie zu jeder Zeit.
    Nachdenkliche Grüße
    von der Mia

  4. Wie traurig oder brutal ist das denn, wenn ein Menschenleben für einen Ring geopfert wird. So wertvoll kann kein einziges Schmuckstück sein. Und dass das von einem Bischof passiert ist, das spricht nicht sehr für den christlichen Glauben. Dem Hingerichteten hat es leider nichts mehr gebracht, dass er unschuldig war. Danke für diese Sage.
    Und tschüss sagt Clara

  5. Wäre der Bischof ein wahrer Christ gewesen, dann hätte er den unschuldigen Kammerdiener niemals hinrichten lassen. Die Bibel hat er wohl nicht so richtig verstanden. Dann hätte er auch keinen derart kostbaren Ring sein Eigen genannt… 😉
    Merseburg sieht schön aus, die vielen Türmchen gefallen mir. Ich grübele grad nach, ob ich vor fast einem Jahr auf der Fahrt nach Berlin daran vorbei gekommen bin…
    Herzliche Grüße!

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