Kein gewöhnlicher Tag oder was wäre wenn?

Es hatte einer sein können, ein gewöhnlicher Tag. Er ist es aber nicht, ganau wie die Tage davor. Ich kann meine Ruhe nicht mehr finden.
Die Abende sind wieder länger und ich habe meine Wollkiste aufgemacht. Solche Arbeiten zu Hause haben mir immer geholfen, mich zu beruhigen und klarer zu denken. Nein, diesmal klappte das nur bedingt.

die Spule ist voll
Wolle vom Gotland-Pelzschaf – die Spule ist voll

Ich kann mich noch erinnern, wie es war als junge Mutter, als mein erstes Kindchen zum ersten Mal krank wurde. Es hatte Fieber, glühte förmlich. Voller Panik packte ich es in den Kinderwagen und rannte im Dauerlauf durch den Leipziger Osten in die Kinderklinik der Uni. Ich glaube, ich kam in einem erbarmungswürdigen Zustand da an. Meinem Kindchen wurde sofort geholfen und mir damit natürlich auch.

Wie wäre es aber gewesen, wenn man mir gesagt hätte, dass man meinem Kind nicht helfen kann, weil es keine Medikamente gibt?

Wollarbeiten. Es ist kein gewöhnlicher Tag mehr
Die weiße Wolle hab ich geschenkt bekommen, gesponnen und verzwirne die beiden jetzt.

Wenn eines meiner Kinder mal keinen Appetit hatte, begann ich mir Sorgen zu machen. Was aber, wenn sie vor Hunger geweint und geschrien hätten, weil ich ihnen nichts hätte geben können? Was wäre, wenn ich nicht mal Wasser gehabt hätte für den größten Durst und um sie zu säubern?

Weiches selbstgesponnenes Garn. Ich werde mit Weben anfangen.

Vor einigen Tagen gab es in Afghanistan wieder ein schweres Erdbeben. Mehr als 90 Prozent der Todesopfer waren Frauen und Kinder, wie das UN-Kinderhilfswerk UNICEF mitteilte. Nach UN-Angaben waren insgesamt mehr als 12.000 Menschen von den Beben betroffen. Nehmen wir das bei aller Kriegsberichterstattung überhaupt noch zur Kenntnis? Und hätten wir nicht dort genug zu tun, um auch den Menschen zu helfen? Ein Stücke weiter wird eine ganze Region zusammengebombt.

Versteht mich bitte richtig: Jeder hat das Recht, sich zu verteidigen, aber keiner hat das Recht, unschuldige Menschen zu töten. Und es soll mir bloß keiner kommen mit den Sprüchen, dass man die Zivilbevölkerung verschonen will. Für dieses Ansinnen ist es in jedem Krieg zu spät.

Diese Tätigkeit sprach bisher immer für einen ganz gewöhnlichen Tag.
Diese Tätigkeit sprach bisher immer für einen ganz gewöhnlichen Tag.

Meine Gefühle im Moment kann ich kaum beschreiben. Ich bin traurig, weine. Und manchmal verliere ich den Glauben an das Gute.
Und dann wieder rede ich mit meinen Nachbarn, mache das Körbchen vom Gastkater winterfest, erzähle Geschichten und höre zu, verschenke Kräuter, … Die kleine Welt, um mich herum, möchte ich bewahren.

Aber ganz ehrlich: Ein ganz gewöhnlicher Tag wird es einfach nicht.

Nachtrag:

Ich habe drei Kommentare von einem Menschen gerade gelöscht. Wir sind viele Menschen auf der Erde und so gibt s auch viele Meinungen. Manche kann ich mir nicht annehmen. Dann ist es eben so. Man kann sich trotzdem respektieren, denn es gibt ja noch viele andere Dinge, die man durchaus gemeinsam hat.
Beschimpfen und beleidigen lasse ich mich aber nicht. Und schon gar nicht, wenn ich gegen Gewalt, Waffen und Kriege bin, sondern für Frieden, Abrüstung und Diplomatie.

6 Gedanken zu „Kein gewöhnlicher Tag oder was wäre wenn?“

  1. Liebe Gudrun,
    Dein tiefes Mitgefühl dringt zu mir durch, Deine Worte geben berührenden Einblick in Dein Seelenleben. Es steckt auch schon großes Mitleid hinter Deinen Worten …
    Du schreibst, was ich mir schon sehr oft gedacht habe, vieles, was sonst noch an Schrecklichem passiert, wird durch unzählige Auseinandersetzungen und Kriege in vielen Gebieten dieser Welt verdrängt.
    Erst neulich bin ich selbst an einem Platz vorbeigekommen, wo die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ ihre Arbeit vorgestellt hat. Da kommt Verzweiflung hoch, weil ich mir denke, wo sollen die als erstes hinrasen? So viele Krisenplätze auf dieser Erde, durch Menschenhand verschuldet oder durch Naturkatastrophen entstanden (wofür wir ja auch zuständig sind …).
    Ich kenne Deine Gedanken sehr gut auch als die meinen – und trotzdem muss ich weiter funktionieren. Nein, ich möchte nicht nur funktionieren, ich möchte auch Glücksmomente erleben …
    Es ist so wichtig, sich die kleine heile Welt zu bewahren!
    Ich wünsche Dir genau deshalb viel Freude am Tun, am Handarbeiten, in der Küche, mit Deinen lieben Mitmenschen!
    Liebe Grüße, C Stern (Chris)
    (Übrigens, leider mein Versehen: Du hast mir vor kurzem mitgeteilt, dass das Registrieren auf meinem Blog nicht funktioniert hätte. Und es hat doch funktioniert, ich habe allerdings keine Nachricht des Blogbetreibers bekommen, was sonst immer üblich war. Ich wurde erst durch einen Hinweis einer lieben Bloggerkollegin darauf aufmerksam, die sich ebenfalls registriert hat.)

    1. Liebe Chris, ich habe meine Konzepte, mit Krisen umzugehen und ich wünsche mir, dass sich das jeder erarbeiten kann zu einem Zeitpunkt, wenn alles gut ist. Meine Glücksmomente habe ich auch. Im Moment fällt es mir allerdings schwer, eine Balance zu finden zwischen all den schrecklichen Dingen, die sich in mein Bewusstsein drängeln und den guten Dingen. Wir haben so viele Probleme zu lösen, da braucht es nicht noch Kriege.
      Alleine fühlt man sich so hilflos. Ich werde mir Gesellschaft suchen.
      Heute waren es mal keine Handarbeiten, denn heute habe ich meine Salbenküche betrieben. Morgen werde ich es verschenken und erzählen, wie man es macht und wofür es gut ist.
      Liebe Grüße an dich nach Österreich.

  2. Liebe Gudrun, die Welt ist in keinem guten Zustand. Ja, es gäbe genügend Gründe zu Verzweifeln. Doch was bringt das? Gar nichts? Natürlich habe ich Mitgefühl mit denen, die gerade Kriege, Naturkatastrophen und Mangel erleben, aber ich sehe es auch so: Keine meiner Tränen macht es den Betroffenen leichter. Meine tägliche Frage ist, was kann ich tun, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen? Das geht in meisten Fällen nur in meinem direkten Umfeld und oft sind es Kleinigkeiten, wie die Freundlichkeit pflegen, jemanden dem es gerade nicht gut geht zu trösten oder einfach mal zuzuhören, was meine Mitmenschen betrifft. Das kann ich tun und das tue ich. Und ja, ich gehe zu Friedensdemonstrationen und lasse mich dort mittlerweile als Putin Versteherein und rechts beschimpfen, von Gören, die einfach nicht verstehen, dass es einfach nur um Frieden geht und nicht darum wer Schuld ist oder recht hat. Ich wünsche dir, dass du zwar weiter mitfühlst, aber das du auch zu einer inneren Ruhe zurück findest, die dich die Dinge tun lässt, die du liebst.

    1. Das mit dem privatem Umfeld halte ich auch so, liebe Karin. Ich möchte aber genau so zeigen, dass es mir nicht passt, wie die Trommel für Kriege gerührt wird. Das Einzige, was mich noch interessiert, sind Bemühungen, sie zu verhindern, überall. Dass Waffen, Frieden schaffen, hab ich noch nie geglaubt. Es geht wohl eher um Gebietsansprüche, um Öl, um … Es ist immer wieder das Selbe.
      Diese Frage, deine tägliche Frage stelle ich mir auch immer.
      Liebe Grüße an dich

  3. Oh, hier gab und gibt es Solidaritätsbekundungen mit dem Israelischem Volk. Und das ist gut, denn niemand darf sich Rechte mit Gewalt und mordend nehmen. Niemand. Ich denke auch, dass jedes Land sich verteidigen darf. Aber Flächenbombardements ohne Ende, das gefällt mir nicht. Und ich lasse mir auch nicht einreden, dass das notwendig ist. Wenn ich mir ansehe, wer da alles so rumkurvt in dem Gebiet, da wird es mir himmelangst. Stehen wir schon wieder an der Schwelle zu einer größeren Auseinandersetzung? Wenn ich mir die Menschheitsgeschichte so ansehe, dann ist das auch eine Aneinanderreihung von Kriegen. Wir wollen in den Weltraum und sind nicht mal in der Lage unsere Probleme auf unserer kleinen Erde zu lösen.

  4. So geht es wohl vielen von uns derzeit liebe Gudrun. Diese schlimmen Nachrichten. Warum nur kann der Mensch nicht in Frieden leben?
    Letzte Woche stand bei uns ein Bericht in der Zeitung über die Verbrechen in Jerusalem. Ich habe mich geärgert, diesen Artikel gelesen zu haben. Denn diese geschilderten Verbrechen gehen einem nicht aus dem Kopf, das kann ich ganz schlecht verarbeiten und erst recht nicht vorstellen. Ich will das vergessen, für meinen eigenen inneren Frieden.
    Handarbeiten lenken ab, zumindest etwas.
    Liebe Grüße in den Tag von Kerstin.

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