Mondnacht

Danke für alle guten Wünsche. Mir geht es noch nicht gut, allerdings viel, viel besser. Und so langsam erwachen die Lebensgeister wieder.
V0r zwei Tagen musste ich mir draußen den Vollmond anschauen. Ich habe mich in den Rollstuhl gesetzt und bin los. Herr E. hat mich begleitet, damit ich nicht in der Nacht alleine herumgurke. Schön still war es. Die Stadt war zur Ruhe gekommen, das heißt, ich hatte meine ganz persönliche Mondnacht.

Es ist gar nicht mein Ziel, jeden Krater auf dem Mond sichtbar zu machen. Das kann ich nicht und das will ich auch gar nicht. Ich versuchte allerdings, die Stimmung einer besonderen Mondnacht einzufangen. Ich war immer noch mitten in der Stadt, allerdings empfand ich sie diesmal nicht nervig.

Mondnacht: Bänke in der Grünauer Allee
Bänke in der Grünauer Allee

Es ist schon erstaunlich, welche ganz besonderen Lichteffekte ich sah. Ich genoss es sehr, wenn bestimmte Einzelheiten aus der Dunkelheit hervor traten. Mal war es ein Busch, den die Straßenlaterne anstrahlte, mal ein ganzes beleuchtetes Gebäude. Sogar der schnöde Papierkorb sah vergoldet aus.Ich nahm mir Zeit und aus diesem Grunde musste Herr E. ein bisschen Geduld haben mit mir.
Die S-Bahnbrücke spielte schon in so manchem Krimi eine Rolle. Im Film traf sich dort immer die „Szene“. In dieser Nacht war es zum einen still und zum anderen auch friedlich. Nur das Zirpen einer Grille war zu hören.
Das hat mir sehr gefallen.

Auf der Rampe zur S-Bahnbrücke
Auf der Rampe zur S-Bahnbrücke

Ich hatte mir schon den Wecker auf um Vier gestellt, damit ich die partielle Mondfinsternis nun auch noch sehen konnte. Als ich ins Bette ging, stand der Vollmond hoch über unserer Straße. Nach um Vier sah ich ihn nur noch durch die Bäume gegenüber dem Haus leuchten. Ich wollte nicht alleine raus und verzichtete auf das Sehen der Mondfinsternis.

das Theatrium in Leipzig-Grünau
das Theatrium in Leipzig-Grünau

Schon als Kind habe ich den Mond geliebt. Ich legte mich zum Beispiel so ins Bett, dass er mir voll ins Gesicht schien. Ich glaube, er kennt eine Menge Kümmernisse von mir. Ihm hab ich so allerlei anvertraut. Und weil der Mond wanderte, wanderte auch ich in meinem Bett mit und lag früh dem zufolge verkehrt herum. Meine Mutter machte sich Sorgen, schleppte mich sogar zum Arzt. Sie dachte, dass ich möglicherweise schlafwandele. Vom Mond habe ich ihr lieber nichts erzählt.

Die "Mondnacht" von Jpseph von Eichendorff
Die „Mondnacht“ von Jpseph von Eichendorff

Ich mag die Dichtung der Spätromantik. In dieser Mondnacht konnte ich gut nachempfinden, wie das ist, wenn das Herz voller Gefühl bald überläuft.
Ich lebe, und ich lebe gern. Meine nächtliche Tour war schön, und ganz zufrieden und glücklich bin ich in dieser Mondnacht wieder nach Hause gerollert.

Kornblumenblau

Manchmal, wenn man bei anderen liest, kommen eigene Erinnerungen wieder, Gedanken, Wissen und Entwicklungen. Emil hatte einen Blogbeitrag veröffentlicht, wo er ein eigenes Gedicht von einer blauen Blume veröffentlicht hat. Die blaue Blume als Symbol der Romantik und Ausdruck eigener Sehnsüchte weckte allerlei Erinnerung, auch an eine Blogfreundin, die Kornblumenblau so sehr liebte.

meine Zeichnung "kornblumenblau" für Bärbel
meine Zeichnung „kornblumenblau“ für Bärbel

Für die Minibares-Bärbel hatte ich sowohl das Kornblumenblau, als auch die Kornblume mal gezeichnet. Sie war damals schon sehr krank und ich wollte ihr eine Freude machen. (Bärbel, ich werde dich nie vergessen.)

In der Schule, im Literaturunterricht, besprachen wir einst auch die Romantik. So ganz jung, wie ich war, gefiel mir das gar nicht. „Geschmuse und Gesummsel“, nannte ich das und verdrehte die Augen. Mein Deutschlehrer, ein großes Vorbild für mich im späteren Berufsleben, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Wir sollten erstmal richtige Liebe erleben und tiefe Gefühle. Dann allerdings würden wir die Gedichte der Romantik mit anderen Augen sehen.

gesehen und für gut befunden in einem Blühstreifen am Kornfeld

Er hatte Recht, mein alter Lehrer. Romantisch zu sein hat nichts damit zu tun, dass man dringende Aufgaben im Kleinen und auf der Welt vergisst. Und älter zu werden schließt dagegen nicht aus, romantisch zu sein und voller Sehnsucht nach Frieden, Wärme, Geborgenheit, einer heilen Natur. Um das alles zu wissen, zu spüren und anzunehmen, musste ich seit meinem Deutschunterricht noch ein bissel erwachsener werden.

Einer meiner Lieblingsdichter der Romantik ist Joseph von Eichendorff. Seine Gedichte, wie das von der blauen Blume, und die Lieder zu seinen Texten berühren mich sehr und es erinnert mich an meine aktive Chorzeit. Dafür, dass ich diese unbeschwerte und schöne Zeit hatte, über Romantik und die Probleme dieser Welt reden und streiten durfte , bin ich sehr dankbar. Beim Singen dieses Liedes hatte ich immer Gänsehaut. Eichendorffs Worte und Mendelssohns Musik hinterlassen Eindruck. Ich kann gut verstehen, dass die deutschen Volkslieder zum Weltkulturerbe gehören und ich ärgere mich, dass ich in frühester Jugend manchmal so patzig war.