Der Ort einer Sage – Wintersdorf im Altenburger Land

Meine Freundin schimpft oft, dass sie meist alleine auf Tour gehen muss. Mit den Krücken machte mir das Laufen keinen Spaß, in den Rollstuhl will ich (noch) nicht. Aber gestern schnappte ich mir meinen niegelnagelneuen Rollator und wir fuhren mit einer weiteren Freundin nach Wintersdorf ins Altenburger Land.

St. Walburga in Wintersdorf

Von einer Sage möchte ich später berichten, einer aus dem Altenburger Land, genauer gesagt einer aus Wintersdorf. Den Ort kannte ich. Hier bin ich immer mit dem Rad durchgefahren, wenn ich in mein Internat in Windischleuba musste. Man sieht und merkt es, dass man sich im Altenburg-Zeitzer Lösshügelland am Rande der Leipziger Tieflandsbucht befindet. Die Bundesstraße geht ordentlich steil nach oben. Da stand ich nun mit meinem Rollator und fragte mich, wie ich damals da hochgegurkt bin mit meinem alten Diamant-Fahrrad ohne Gangschaltung.

 

alter Leiterwagen in Wintersdorf
Der alte Leiterwagen als Schmuck in einem Garten hatte es mir sofort angetan.

Viel hat sich seit damals verändert in dem Dorf. Viele schöne Fachwerkhäuser gibt es. Nur einen „Garten des Grauens“ haben wir gesehen. Die anderen sind so schön, richtige hübsche Bauerngärten, schön gestaltet und voller Blumen.

St. Walburga in Wintersdorf
St. Walburga in Wintersdorf

Zur Kirche wollte ich. Schade, dass wir so spät waren. Ich hätte sie mir auch gerne innen angesehen. Das genaue Baujahr von St. Walburga in Wintersdorf ist nicht bekannt, aber es gibt alte Rechnungen von Reparaturarbeiten von 1619 bis 1620.

St. Walburga in Wintersdorf
vor der Kirche in Wintersdorf

In der Sage geht es um eine Straße. Kein Name, nur eine Straße wird erwähnt. Ich hatte meinen Ort gefunden in der Kirchgasse. Hier könnte sich das zugetragen haben, was in der Sage passiert.

Schwalbennester - gut behütet
Relief am Eingang zu st. Walburga in Wintersdorf

Das hat mich tief beeindruckt. Besser behütet konnten die Schwalben, die hier brüteten, nicht sein. Nein, man hat die Nester nicht einfach abgeschlagen, wie es anderswo leider oft passiert.

Wintersdorf
Kirchplatz in Wintersdorf

Meinen Ort hatte ich also gefunden. Von dem Dorf wollten wir aber noch etwas mehr sehen. Schade, dass wir schon so spät dran waren.

Es ist mir nicht leichtgefallen, mit meinem Rollator die Steigungen zu bewältigen. Es ging langsam vorwärts und ich drohte schon wieder ungeduldig und mit mir ungehalten zu werden.
„Eh, es ist Sonntag und wir haben Zeit!“, sagte die eine Freundin zu mir. Recht hatte sie, aber gazellenartiger Gang sieht nun mal anders aus. Trotzdem bin ich froh, dass ich das alles so geschafft habe. Das gibt Zutrauen in die eigene Kraft.

altes Fachwerkhaus
Altes und Verfallenes

„Das Haus kenne ich nicht anders“, sagte uns eine Frau aus dem Ort, mit der wir ins Gespräch kamen. Es fällt schon auf, wenn da Dreie durch das Dorf schleichen und fotografieren. Ich habe ihr erzählt, dass ich den Ort aus meiner Jugend kannte und mich sehr freue, ihn mal wieder zu sehen. Es war ein sehr schönes, angenehmes Gespräch.

Mir tut die Freundlichkeit auf den Dörfern immer sehr gut. Oder sind die Menschen im Altenburger Landkreis besonders. Man sagt es ihnen nach.
Wir waren fremd und wurden von allen, die uns begegneten freundlich gegrüßt. Auch die Kinder und Jugendlichen handhabten das so. Das ist so wohltuend.

Altes auf dem Dorf
Ich weiß nicht, wieso mich solch Altes immer anzieht. Ich muss es fotografieren.

Wir dachten, dass wir mal einfach um die Kirche herumlaufen. Das stellte sich aber als nicht so einfach heraus. Die Steigung nahm kein Ende und ich kämpfte mich tapfer hinauf. Ein Weg zur Kirche hinab war so mächtig steil. Das wollten wir uns nicht antun und sind den Weg wieder hinunter getippelt, den wir uns gerade herauf geschindert hatten.

Es war ein schöner Ausflug, aber leider viel zu kurz. Ich hätte gerne noch in meinem Wohnort angehalten, das Haus besucht, indem ich als Kind und Jugendliche gewohnt hatte. Vielleicht ein andermal. Ich möchte sowieso noch mal in die Gegend, nach Würchwitz zum berühmten Milbenkäse. Dann werde ich meiner Freundin den Ort zeigen, in dem ich immer fleißig schwofen war. Oh ja, da gibt es auch so manche Anekdote zu erzählen. Hach, Erinnerungen sind doch etwas Feines.

10 Gedanken zu „Der Ort einer Sage – Wintersdorf im Altenburger Land“

    1. Ohhh, Karin, ich sage dir! Das war ein kleiner Gewaltakt. Ich hatte vergessen, dass es dort ganz ordentlich hüglig ist. Aber, ich habe es geschafft und bin sehr froh darüber. Und die Begegnung mit den Menschen dort hat mir sehr gut getan. Die waren so freundlich und unaufgeregt.
      Und jetzt werde ich mich mal langsam ans Schreiben machen.
      Liebe Grüße

  1. Ach wie schön, dass du in netter Begleitung Erinnerungen wecken konntest.
    Altes, Kaputtes hat seinen Reiz. Wir schauen, überlegen, wie sah es wohl in besseren Zeiten aus?
    Manchmal kann noch jemand was drüber erzählen, manchmal eben auch nicht, schade.
    Liebe Grüße von Kerstin.

    1. Es ist komisch, liebe Kerstin. Seit einiger Zeit zieht es mich richtig in die alte Heimat. Es war wirklich sehr schön und ich habe mich sehr wohl gefühlt, obwohl es so anstrengend war.
      Herzliche Grüße in die Aue.

  2. Mein Geburtsort liegt um die Ecke, meine Eltern wohnen noch dort.
    Mir kommen auch oft Erinnerungen hoch, wenn dort einen Spaziergang machen. Und zu schauen was sich so alles verändert, ist schon sehr interessant.
    Schöne Photos hast du gemacht. Ich mag das Alte auch sehr.
    LG Marion

    1. Ich freue mich so, dass die beiden Freundinnen mit mir dahingefahren sind. Eine spektakuläre Weltreise war es ja nun nicht. Ich wollte eigentlich nur den Ort besuchen, an dem die Sage spielt, die ich erzählen will. Es wurde mehr daraus. Ich bin arge Steigungen gekraxelt und habe die Hoffnung, dass das auch wieder gelingt. Angenehme Begegnungen gab es obendrauf. Und weißt du, was mich sehr verührt hat? Die Mundart zu hören, mit der ich mal aufgewachsen war.
      Liebe Grüße zu dir
      (Der Teppich aus der Wolle der Dreckspatz- Leineschafe ist fast fertig.)

  3. Ich schrieb das ja schon an anderer Stelle:
    Mich zieht nichts mehr zurück an die früheren Orte meines Lebens.
    Was sollte ich da auch ohne die Menschen von damals?
    Und die Orte selbst haben sich ja auch verändert, nichts ist mehr so, wie es früher dort war, manche sind kaum noch, manche sind gar nicht mehr wiederzuerkennen.

    Nostalgische Gefühle habe ich natürlich trotzdem im Kopf – wohl wissend, dass es kein zurück gibt zu dem was damals war – weshalb ich auf solche Reisen auch lieber verzichte, um nicht die alten Bilder zu zerstören, die ich jetzt als kleinen Schatz in meinen Gedanken aufbewahre.

    Stattdessen ziehe ich es vor, lieber Neues zu erkunden und neue Erinnerungen von anderen Orten zu den alten Bildern hinzu zu fügen.

    1. Was ich noch vergessen hatte:

      Ich persönlich habe inzwischen mehr und mehr das Gefühl, dass meine Lebenszeit endlich ist – und dass ich meine langsam nachlassenden Ressourcen besser nutze, wenn mich um das „heute“ kümmere, um „morgen“ nicht dazustehen und verpassten Chancen nachzutrauern müssen. Wobei zum heute auch zählt, Dinge zu tun, die ich „immer schon mal machen wollte“
      Vergangenes spielt dabei – wenn überhaupt – nur soweit eine Rolle, als dass ich von alten Erfahrungen profitieren kann oder wenn sie mir hilft, Zusammenhänge zu verstehen…..

      Denn soviel ist sicher : Was morgen sein wird, ist sicher nicht einfacher, als das, was heute schon ist.

      —————————-

      Abgesehen davon:
      Ich freue mich natürlich darüber, dass Du die Gelegenheit hattest, zu Deinen alten Orten zurück zu kehren – schon weil es Dir ein Bedürfnis war – ein Wunsch, der nun in Erfüllung gegangen ist.
      Und ich freue mich auch für Dich, dass Du dabei mehr geschafft hast, als Du Dir vielleicht vorher ausgemalt hattest – was vielleicht auch ein wenig Auftrieb für zukünftige Aktionen dieser Art gibt.
      (So jedenfalls würde es mir damit gehen.)

      Und natürlich:
      Danke für die Bilder und die Geschichte dazu, weil es mich immer wieder freut, neue Orte auch virtuell zu erkunden und zu erfahren, was Menschen – in dem Fall du – dazu erzählen können.

  4. Windischleuba – das kommt mir irgendwie so bekannt vor. Ich habe grade Tante Guggel befragt, weil ich mir dachte, dass ich da vielleicht um die Weihnachtszeit 2019 mit dem Zug vorbei gekommen sein könnte, dem ist aber nicht so…
    Dein schöner Ausflug macht mir Freude! Gut so! Bleib dran, bewege dich, und scher dich bitte nicht darum, wie deine Gangart aussehen mag. Hauptsache, du kannst gehen und Schönes erkennen und sehen.
    Liebe Grüße!

  5. Wie schön, nun sehe ich heute hier die Fotos zu dem Ausflug von dem du mir am Telefon berichtet hattest. Ich finde das spannend, was du entdeckt hast. Ja das ist wohltuend und gibt ein heimeliges Gefühl, wenn man freundlich begrüßt wird. Eigentlich ist es dich so einfach Freude zu verbreiten…
    Ich bin schon gespannt auf die Sage zu der du den mutmaßlichen „Schauplatz“ gefunden hast!

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