Gut für’s Gemüt. Ein bisschen Frühling war schon.

„Tätig zu sein ist des Menschen erste Bestimmung, und alle Zwischenzeiten, in denen er auszuruhen genötigt ist, sollte er anwenden, eine deutliche Erkenntnis der äußerlichen Dinge zu erlangen, die ihm in der Folge abermals seine Tätigkeit erleichtert“
Johann Wolfgng Goethe aus Meisters Wanderjahre

Ich getrau es fast nicht zu sagen: Mir geht es gut und nichts liegt mir zu schwer auf dem Gemüt.
Besonders gut getan haben mir die Aussicht auf den Frühling und, dass ich meinen Bewegungsrhythmus gefunden habe. Einen Tag wird gelaufen, einen Tag wird Rad gefahren, zu Hause auf dem Hometrainer. Weit laufen kann ich nicht, aber wenn ich die Öffentlichen wieder benutzen kann, dann werde ich ein Stücke weiter unterwegs sein können. Im Moment findet das Lauftraining halt im unmittelbaren Wohnumfeld statt. Ich betrachte das einfach als Vorbereitung auf die Zukunft. Der Gedanke tut mir richtig gut.

der Fisch in leipzig-Grünau

Es ist schon erstaunlich, dass es immer etwas zu entdecken gibt, auch auf meinen kurzen Wegen. Von anderen Menschen halte ich mich weiterhin fern, aber sie sind da. Ich sehe sie, wir winken uns zu und man grüßt sich wieder mehr, auch, wenn man sich eigentlich nicht persönlich kennt.

der nahende Frühling ist gut für das Gemüt
da sprießt doch schon etwas!

Lange dauert es nicht mehr, da habe ich es wieder schön Grün draußen ums Haus. Jetzt gibt der Winter zwar nochmal ein kleines Gastspiel, aber lange dauert es nicht mehr.
Vorsichtshalber habe ich wieder meine Muscheln auf dem Balkon für die Insekten gefüllt. Herr E. hat vorhin Sonnenblumenkerne unter den Kirschbaum gestreut. Zwei Elstern stolzierten über die Wiese, eine Ringeltaube, ein Rabe und meine Nebelkrähe. Herr Amsel hat ein ordentlich großes Zweiglein vor dem Fenster nach oben transportiert und Elsters bauen auch schon am Nest.

Frühblüher - schön fürs Gemüt
Gänseblümchen gibt es schon reichlich und ich freue mich über jedes einzelne.

Meine Kinder rufen ganz oft an, mein Jan jeden Tag auf dem Weg zur SBahn. Es ist schön zu wissen, dass da jemand ist, der an einen Denkt und der immer helfen würde, wenn es nötig ist. Das nimmt schon mal viel Belastendes vom Gemüt.
Manchmal rücken sie mir auch den Kopf wieder gerade, wenn ich mal wieder etwas zu verbissen sehe. Schön, wenn man über alles reden kann, auch über Politik und Wissenschaft, über Literatur und Kunst.

Trotzdem fehlen mir meine Kinder sehr. Meine hochbetagte Wandnachbarin im Nebenhaus wird jede Nacht von ihrer Tochter ins Bett gebracht. Ich höre das immer. Die beiden Nachbarn über mir bekommen Besuch von ihren Söhnen. Bei mir ist das eben ein bisschen anders. Meine Kinder sind weit weg und trotzdem nah.

Schneeglöckchen fürs Gemüt
direkt am Haus ist es fein geschützt

Die gestrickten Wollsocken aus selbstgesponnener Wolle der Leineschafe sind unterwegs über den großen Teich. Mal sehen, wann sie ankommen, ob die passen und ob sie überhaupt gefallen. Bei meiner Tochter in LA sinken die Infektionszahlen, ein Ergebnis der Impfaktionen. Das freut mich sehr, weil damit die Hoffnung wächst, dass wir uns mal wieder sehen.

Eine Sommermütze habe ich mir gestrickt, damit mir die Haare nicht so um den Kopf flattern und ich keinen Sonnenstich bekomme. Die ist gut geworden. Wenn ich nur wüsste, wie ich meine Haare hochstecken oder zusammen wursteln könnte. Dann wäre die Welt so richtig in Ordnung. Meine Haare sind aber so glatt, dass alles wieder auseinander rutscht. Klemmen und Zwicken müsste ich so fest einstecken, dass ich Kopfschmerzen bekomme oder die Haare abplatzen. Bisher ist mir noch nichts Gutes eingefallen.

Winterlinge
In meinen Gärten wollten sie einfach nicht wachsen.

Heute regnet es. Ich habe keine Lust zum Rausgehen. Also wird heute noch mal geradelt. Und danach werde ich mich wohl wieder meiner Wolle widmen und meinem Buch. Alles gut für das Gemüt.
Also los geht’s: Auf die Radeln hüpft!

Eine lila Pflanze und Gefühle, die über den Tag tragen.

Es gibt so vieles, über was man sich freuen kann. Tut man es aber, wird einem manchmal unterstellt, nicht ehrlich oder oberflächlich zu sein.

Am Ende des Sommers 2020 bekam ich von meiner Freundin aus der Elsteraue Zweige von ihrer lila Pflanze, die auf der Toreinfahrt stand, geschenkt. Wenn die Pflanze in der Sonne steht, werden ihre Blätter lila. Mir gefiel das so sehr.

Die Zweige in der Vase wurzeln zu lassen, funktionierte nicht. Also habe ich sie einfach in frische Blumenerde gesteckt und ihr alles Gute gewünscht.
Und was soll ich sagen? Sie bildete neue Triebe und zeigte mir auch schon mal vereinzelt Blüten.

lila Pflanze
Sie heißt jetzt wie die Freundin aus der Elsteraue.

Ich weiß nicht, was das für eine Pflanze ist, kenne ihren Namen nicht. Weil aber bei mir alles und jeder Namen hat, bekam sie den der Freundin aus der Elsteraue.
Nicht mehr lange und ich kann sie in einen größeren Topf umpflanzen und dann bekommt sie ein feines, sonniges Plätzchen auf dem Balkon.

Ich freue mich sehr, dass sich die lila Pflanze bei mir wohl fühlt. Alle Arbeit mit den Zweiglein hat sich gelohnt.
Eigentlich bin ich ständig am Probieren, Versuchen, Erkunden … Und wenn ich etwas geschafft habe, freue ich mich sehr. Dann macht sich so etwas wie Zufriedenheit in mir breit und mir geht es gut, egal, was noch so um mich herum passiert.

lila Pflanze
besser geht es nicht, aber mir reicht diese Aufnahme von meiner lila Pflanze auch schon

In letzter Zeit lese ich zu viel „Geningel“. Über vieles wird geschimpft und genörgelt. Einer fängt an, andere stimmen ein. Man ist dann wahrscheinlich der Merker, der besonders Aufmerksame und Kluge. Ich weiß nicht, was sonst der Ausschlag für solche „Wellen“ ist.

Nun könnte mir das auch egal sein. Ja. Aber denen, die immer etwas finden, was wichtiger als Genörgel ist, denen wird Gleichgültigkeit, Oberflächlichkeit, Unehrlichkeit, ewiges Schönwetterdenken und was weiß ich noch vorgeworfen.

Wenn ich könnte, würde ich weggehen aus der Stadt. Dann hätte ich Tiere, Schafe vornehmlich. Ich wollte noch nach Irland fahren und das Schafe scheren lernen.
Das geht nun nicht mehr. Etwas, was mich erdet, was mich immer wieder aus dem Katastrophenmodus holt, habe ich aber. (Und Krisen gab es schon einige in meinem Leben, aber eben nicht nur.) Das haben mir zwei Hütehunde und eine Herde Schafe vermittelt. Sie haben mich quasi „erzogen“. Es geht mir gut. Ich habe meine Wolle, mein Spinnrad, bald auch wieder Veranstaltungen.
Und, ich kann mich über eine kleine lila Pflanze freuen wie Bolle. Das sind dann genau die Gefühle, die mich über den Tag tragen.

Frau Momo hat mir heute einen Link zu einem kleinen Video geschickt. Ich freue mich ja immer, wenn ich Hinweise zu Beiträgen über Schafe und so bekomme, aber dieses Video hat mich sehr berührt. Warum? Weil ich mich ein bisschen wiedergefunden habe.