Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust

Von meinen Vögeln und meinem Futterhaus habe ich ja schon öfter berichtet. Im Sommer habe ich das Wasser gewechselt und beobachtet, wie die Jungen gefüttert wurden. Selbstverständlich wurden sie auch jetzt gefüttert, wo draußen nicht mehr viel zu finden ist.
Wenn das Vogelhaus so langsam leer gefressen war, hüpften die Spatzen in den Zwischenraum zwischen Futterhaus und Fensterscheibe, um auch noch das letzte Körnchen zu erwischen. Und genau das wurde ihnen zum Verhängnis. Und nun erzähle ich mal, wieso zwei Seelen in meiner Brust wohnen.

Ich war mit meinen Handarbeiten beschäftigt. Plötzlich hörte ich ein Geflattere vor meinem Fenster. Zuerst dachte ich, dass meine Taube gelandet war, denn die poltert erstmal immer ordentlich.
Nein, da war wer anders. Ein Greifvogel im Rüttelflug hatte sich einen Spatz gegriffen. Es half alles nichts; der Vogel nahm den Spatz mit, als er sich wieder in die Lüfte erhob. Ich erfuhr später von jemand, der für den Nabu tätig ist, dass es ein Turmfalke war, der uns so nahe gekommen war.

Das sind die zwei Seelen in meiner Brust. Ich weiß, dass der Falke auch Hunger hat. Auch weiß ich, dass Spatzen auf seinem Speiseplan stehen und er sie sogar im Flug greifen kann. Aber, dass die Jagd auf meinem Fensterbrett von Statten geht, das muss ich erstmal verdauen.

Einige Tage später landete er wieder ganz elegant und leise auf meinem Vogelhaus. Ich wollte nach der Kamere greifen, aber er bemerkte eine Bewegung und flog weg. Im Vogelhaus, gleich am Eingang, sah ich einen Spatz sitzen. Er zitterte jämmerlich und vor Angst musste er sich dringend etwas erleichtern. Nach einer Weile kam er aus dem Haus heraus und dann noch einer und noch einer… Acht Spatzen zählte ich. Wie müssen die sich aneinaner gedrückt haben!

Meine Freundin aus der Elsteraue erzählte mir, dass sie weniger Vögel als sonst auf dem Lande hat. In der Stadt haben sie wahrscheinlich noch ganz gute Lebensbedingungen. Und auch die Greifvögel ziehen hierher. Daran werde ich mich gewöhnen müssen. Ich werde mir trotzdem etwas einfallen lassen, dass die Vögel am Futterhaus fliehen können, wenn der Falke erscheint.

Für einen Moment habe ich darüber nachgedacht, den Falken zu füttern, damit er meine Vögel in Ruhe lässt. Körner frisst er nicht und Nahrungsreste gibt es nicht bei mir. Er würde es auch nicht vertragen. Tja, was friss er aber dann? Eintagsküken, tote Mäuse und Ratten. Nee! Das lege ich nicht auf meinem Fensterbrett aus. Der Gastkater war auch nicht angetan, den Falken mit Mäusen zu versorgen. Und so werde ich wohl mit meinen zwei Seelen in der Brust leben müssen.

Ach ja, in einem Film war vom Krafttier eines Menschen die Rede, das in der Mythologie und im Schamanismus eine Rolle spielt. Und weil ich neugierig bin, musste ich nach meinem Krafttier suchen. Nun raten mal, wer das ist? Jaja, der Falke. Das ist wirklich ein Ding!

9 Gedanken zu „Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust“

  1. Da sieht man es wieder: Auch in der Natur geht es zuweilen unerbittlich und erbarmungslos zu.
    Da würde meine Seele auch bluten bei einem solchen Geschehen.
    Danke für die spannende Berichterstattung und lieben Vorweihnachtsgruss,
    Brigitte

    1. Es ist nun mal ein Raubvogel und er ist auch recht nützlich, wenn sich die Natur im Gleichgewicht befindet. Das ist aber nicht mehr so.
      Ich bin nicht immer am Fenster und hoffe, dass meine Spatzen gut auf sich aufpassen und Falkenbesuche nicht täglich vorkommen.
      Liebe Grüße an dich, liebe Brigitte.

  2. Liebe Gudrun,
    das muss nicht sein, dass er nun regelmäßig kommt. Und er wird auch nicht immer Jagdglück haben. Bei uns sind hin und wieder Sperber unterwegs, aber auch eher selten. Dagegen beobachte ich die Nachbarskatzen durchaus mit Argusaugen. Aber obwohl Minchen inzwischen regelmäßig bei uns „ansitzt“, ist glücklicherweise noch nichts passiert.
    Herzliche Grüße, lass es dir gut gehen, und wenn wir uns jetzt nicht mehr lesen, wünsche ich dir frohe Weihnachten.
    Elke

    1. Oh doch, liebe Elke, wir lesen uns. Erst heute musste ich erst mal wieder viel nachlesen bei dir. Zum Kommentieren bin ich noch nicht gekommen. Auch hier bin ich nicht besonders aktiv. Mein Rheuma bremst nich aus und ich habe noch allerlei zu erledigen vor Weihnachten. (Nein, mit Kaufen hat es nix zu tun.)
      Das tröstet mich ein bisschen, dass er nicht immer kommt. Ich habe heute Zweige bekommen und baue die Lücke zu. Dann können die Vögel besser flüchten. Ich weiß, dass er auch im Flug jagt, möchte das nicht immer sehen müssen.
      Liebe Grüße an dich und wir lesen uns.

  3. Ist es nicht immer so in der Natur? Wir sehen gerne das harmonische, das schöne. Einen Falken im Flug etwa. Wunderschön, dieser Falke hat Krallen einen scharfen Schnabel und Hunger. Im Gegensatz zu uns Menschen jagdt er nur, wenn er Hunger hat und nicht aus Spaß, Sport und er betreibt auch keine Vorratshaltung. Ja, es ist grausam es mit an zusehen, wenn die Nachbarspatzen ihm zum Opfer fallen, aber es ist so. Ich halte ehrlich nichts davon Greifvögel zu füttern. Manchmal zweifele ich daran, ob es überhaupt richtig ist, die Vögel zu füttern. Wir sollten lieber Bedingungen schaffen, in denen sie ihrer naturgemäß leben können. Das denkt ein Teil von mir und der andere bestellt Vogelfutter. Alles Liebe

    1. Nee, ich füttere die auch nicht. Normalerweise würde er ganz bestimmt nicht in meiner Nähe jagen, aber wo denn? Mäuse und anderes Getier gibt es nicht mehr auf den Feldern.
      Ich weiß sogar, wo er wohnt.
      Ich werde nur dafür sorgen, dass das Vogelhaus nicht zur Falle wird. Dann haben alle ihre Chance. Da die Spatzen mir so nahe sind, kann ich sie unterscheiden. Und manche haben Namen.
      Liebe Grüße

      1. Nachtrag:
        Wenn wir nicht so Schindluder mit der Natur treiben würden, dann müssten wir nicht füttern. Ich komme vom Lande, habe als Kind erlebt, wie zur Erntezeit die Vogelscharen die Reste vom Feld gefressen haben und vor dem Winter eine richtige Hochzeit hatten. Dann zogen sie weiter. Das ist vorbei. Genau wie das Jagen der Schwalben über den Getreidefeldern. Ich kenne noch ihre schrillen Schreie. Irgendwie ist vieles aus dem Gleichgewicht geraten.

  4. Die Natur ist wunderbar und manchmal grausam.
    Vieles wurde bereits geschrieben über das Gleichgewicht, mit der Meinung von dir und deinen Lesern bin ich d’accord.
    Wir sollten nicht werten, wo möglich uns einbringen zum Nutzen aller.
    Herzlichst Kelly

    1. Ja, liebe Kelly, so sehe ich das auch. Und genau das habe ich mir für das nächste Jahr vorgenommen, mich einbringen, wo immer es möglich ist. Und wenn es nur kleine Dinge sind, sie helfen.
      Ganz liebe Grüße zu dir.

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