Ein Dorf und seine bemerkenswerte Geschichte. Ich habe großen Respekt.

Vor diesem Dorf und seinen Bewohnern ziehe ich meinen Hut.

Bei dem Kaberattisten „Alfons“ hatte ich zum ersten Mal von diesem Dorf im Südosten Frankreichs gehört. Le Chambon-sur-Lignon heißt es und hat den Ruf, schon sehr lange ein Schutzschild für Verfolgte zu sein. Ab 1530 wurde der protestantische Glaube verboten und die Kirchen zerstört. Gottesdienste hielt man dann eben in der Wildnis ab. Am Glauben hielt man fest.

Im 19. Jahrhundert durfte der Glaube wieder gelebt werden. Nun nahm man Kinder auf aus Industriestädten, um ihnen eine Erholung an frischer Luft zu gönnen.

eine Landschaft hinter dem Dorf
Diese Zeichnung hatte ich schon mal auf meinem alten, untergegangenem Blog. Jetzt kann ich sie nochmal zeigen.

Irgendwann jetzt kam ein Notar ins Dorf und sagte, dass die Dorfgemeinschaft geerbt hat. Geschätzt 2 Mio Euro hat der 2020 verstorbene Eric Schwam dem Dorf hinterlassen. Man musste erstmal recherchieren, wer das war.
1939 nahm man im Dorf Bürgerkriegsflüchtlinge aus Spanien auf und dann von der Deportation in die Vernichtungslager der Nazis bedrohte Juden. Unter letzteren war Eric Schwam, der als Kind mit seiner Familie ins Dorf kam.

Wenn die Nazis zu Durchsuchungen anrückten, versteckte man die Flüchtlinge in den unwegsamen Wäldern. War der Spuk vorbei, gingen Dorfbewohner in die Wälder und sangen ein ganz bestimmtes Lied, welches Entwarnung bedeutete.

Leben im Dorf
Zeichnung: Leben im Dorf

Die Bewohner im Dorf versorgten die Flüchtlinge mit Lebenmittelkarten und Ausweispapieren. Manche von ihnen wurden verhaftet und bezahlten mit ihrem Leben.

Auch jetzt noch bleibt das Dorf seinen Idealen treu. Das Erbe, was für die nicht gerade reiche Region unglaublich viel Geld bedeutet, wird sozialen Projekten zugeführt, denn auch jetzt kümmert man sich um Flüchtlinge und sozial Benachteiligte.

Zwei Bemerkungen möchte ich noch machen.

Erstens:
Mich beeindruckt die Dorf-Geschichte sehr. Wisst ihr, manchmal entwickeln sich Dinge so, wie man sie gar nicht haben will. Und dann muss man sich entscheiden. Wird man zum großen Schweiger oder gar zum Mitläufer oder oder sieht man zu, wie man trotz widriger Umstände seine Werte lebt? Großer Worte bedarf es da nicht, aber für das, was sich hier im Lande so entwickelt, sind solche Überlegungen vielleicht mal nötig.

Und Zweitens:
Den „Alfons“ mag ich sehr. Seine Auftritte genieße ich. Ich finde sie witzig und finde, dass er inhaltlich doch ganz viel zu sagen hat.
Alfons nimmt vor allem die Deutschen in Ihrer Art, aber auch die Franzosen auf den Arm und bedient alle Klischees. Oh, ich weiß noch, wie die männlichen Teilnehmer einer Jugendgruppe, die wir betreuen sollten, aus dem Bus stiegen, uns ansahen und mit langen Gesichtern seufzten: „Oooooch!“ Wir waren stocksauer. Und später erzählten sie uns, dass sie geglaubt hatten, alle Deutschen sind blond.
Wir haben uns übrigens hervorragend verstanden, auch wenn wir mit Blond nicht dienen konnten.

12 Gedanken zu „Ein Dorf und seine bemerkenswerte Geschichte. Ich habe großen Respekt.“

  1. Ein wahrlich beispielhaftes Dorf. Mir war das bislang unbekannt, und ich bin jetzt sehr beeindruckt…
    Den Alfons mag ich auch. Er ist ein Meister des Humors mit Tiefgang.
    Sei lieb gegrüßt!

    1. Ich wusste das auch nicht. Respekt habe ich vor dieser Dorfgemeinschaft.
      Alfons hat bei mir den Wunsch geweckt, vielleicht mich wieder mit der Sprache zu beschäftigen. Ich weiß nur nicht, ob ich sie jemals wieder brauchen werde.
      Herzliche Grüße

  2. Das ist so, so schön, liebe Gudrun, mal von etwas Gutem im größeren Rahmen zu lesen, denn wenn ein ganzes Dorf über Jahre und Jahrzehnte Verfolgten eine Zuflucht bietet, ist das einfach wunderbar. Und es ist auch schön, dass sich einer nach vielen Jahren mit Geld bedankt, weil ihm dort geholfen wurde.
    Ich kenne Alfons und er ist mir auch sympathisch, obwohl ich ihn schlecht verstehe. Mein Gehirn oder meine Ohren haben eben so ihre Probleme.
    Übrigens ist euer Wetter zu uns gekommen – rabenschwarz und sehr, sehr nass – nur kein Hagel.
    Lieben Gruß von mir

    1. Naja, Alfons pflegt seinen französischen Dialekt. 😀 Ich kann mir vorstellen, dass man da nicht genug hören kann mit Geräten.
      Das Dorf hat mich sehr beeindruckt. Wenn die Werte einmal verfestigt sind, dann kann offensichtlich nichts sie mehr erschüttern. Davon bin ich eh überzeugt.
      Ach das Wetter! Ich habe erstmal alle Balkonkästen von der Brüstung nach unten geräumt. Endlich sprießt es, aber den jungen Pflanzchen tut der Hagel gar nicht gut.
      Liebe Grüße an dich.

      1. Nein, liebe Gudrun, das muss bei mir noch ein anderer Defekt sein. Anfang dieses Jahrhunderts habe ich noch keine Hörgeräte getragen und nach meiner Meinung nach noch ziemlich gut gehört. Ich habe vom Arbeitsamt eine Intensivfortbildung in Englisch genehmigt bekommen – 3 Monate jeden Tag 6 oder sogar 8 Unterrichtsstunden. Ich war ganz, ganz fleißig, weil ich gegenüber den viel jüngeren Mitschülern deutliche Lücken aufwies.
        Am Ende war eine Prüfung – ein Teil davon war verstehendes Hören. Von einer CD wurde ein Text vorgelesen, den wir übersetzen mussten. – Und ich habe so gut wie nichts verstanden. Wenn die mir nicht letztendlich den Text in gedruckter Form vorgelegt hätten, wäre ich mit Pauken und Trompeten durchgefallen.
        Oder dieses andere Beispiel – Ende der 90er Jahre. Bei einer Fahrradtour erzählt ein junger Mann (Hessen, Baden Württemberg, Bayern – ich weiß nicht, woher er kam) eine lange Geschichte und alle um ihn herum lachen immer wieder. Ich fragte ihn am Ende, ob er mir die Geschichte nochmal in Deutsch erzählen kann. – Für Dialekte zu verstehen bin ich offenbar schon unbegabt geboren worden. Das hat wirklich nur ein bisschen mit den HGs zu tun.
        Und tschüss!

        1. Naja, das ist aber auch schwer. Und bevor man den Text erfasst hat, nur akustisch – da ist noch nichts übersetzt – sind die schon drei Sätze weiter und man kommt nicht hinterher. Ich kann mir das gut vorstellen.
          Sei nicht traurig, liebe Clara. Ob mit oder ohne Hören, du bist und bleibst ein lieber und ein kluger Mensch.

  3. Über das Wetter sag ich besser nichts – kann nämlich nichts besseres sagen. Bäh!
    Aber das Dorf beeindruckt mich, hatte bisher noch nichts davon gehört. Mangels TV-Gerät krieg ich auch Alfons nicht mehr zu sehen und zu hören, aber ich kenn von ihm nur kurze Beiträge von vor vielen Jahren, die mir allesamt nicht wirklich gefielen, da war nichts tiefgründiges dabei. Trotzdem Respekt, dass er solch eine Geschichte verbreitet! Und noch viel mehr Respekt vor dieser Dorfgemeinschaft!
    Liebe Grüße!

    1. Tja, vielleicht hat er sich auch weiter entwickelt. Es muss einem aber auch nicht alles gefallen. Dass nichts Tiefgründiges dabei ist, kann ich nicht sagen. Mir gefällt es schon, was er zu sagen hat, zur EU zum Beispiel oder zum Verhältnis Deutschland/Frankreich. Ich hatte früher Kontakt zu Franzosen. Wir konnte dann auch über unsere Eigenarten lachen, auch über sprachliche.
      Das französische Dorf hat mir großen Respekt eingeflößt. Man kann es und seine Geschichte auch im Netz finden und auch die Tatsache, dass das Dorf eine hohe Auszeichnung von Israel erhalten hat für den Mut und dieMenschlichkeit seiner Bewohner.
      Liebe Annette, ich hoffe, bei euch ist das Wetter freundlicher als hier. Heute hagelt es wenigstens nicht.
      Liebe Grüße

  4. Ja, Emmanuel Peterfalvi ist auch bei uns regelmäßig zu Gast. Leider nur via TV oder auf dem iPad als Stream.
    Liebe Grüße,
    Elvira

    1. Ich weiß nicht, ob er in Leipzig schon mal Auftritte hatte. Im Moment kann ich aber eh nirgendwo hin. Mir bleibt nur TV und Netz. Gut, dass es letzteres gibt.
      Herzliche Grüße an dich.

  5. Es gibt diese Orte, wo Menschen noch menscheln! Von diesem Dorf habe ich noch nichts gehört. Schön bei dir davon zu lesen. Von Emmanuel Peterfalvi und seiner Figur Alfons und von seinem Puschelmikrofon aber schon öfter.

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