Nachtfahrt mit Fridolin und Fracksausen von Fahrschülerin Gudrun.

Unterwegs mit dem Krankenfahrzeug. Und ich dachte, ich nehme das lockerer.

erst Garten und dann eine Nachtfahrt

Ich glaube, das letzte Mal im Garten war ich vor vier Jahren. Pflanzen habe ich zu Hause vorgezogen, aber wachsen und sie zur Reife zu bringen – das konnte ich nicht.
Herr E. versprach mir, dass wir nicht im Dunkeln nach Hause fahren. Dass es dann doch eine Nachtfahrt wurde, habe ich nicht vorher gesehen. Ich währe vielleicht nicht mitgefahren.

Die Fahrt in den Garten war nicht ganz ohne. ein Stücke muss ich auf dem Radweg neben einer der am stärksten befahrenen Straßen in Leipzig fahren. Lange war ich nicht unterwegs gewesen und dann gleich das. Ja, ich hatte schon Angst, dass mich ein Autofahrer übersieht. Auch die Fahrerei durch Altlindenau, auf den Straßen zum Garten hat mir etwas zu schaffen gemacht. Gegen die Nachtfahrt auf dem Rückweg war das aber ein Klacks.

Als ich ihn beobachten konnte, dachte ich nicht an eine Nachtfahrt nach Hause

Die Einfahrt in die Gartenanlage war nicht einfach, denn ich musste eine Kante überwinden und ein Rille. Jemand der laufen kann, macht einen großen Schritt. Bei mir ist das anstrengender und hinter mir war einen stark befahrene Straße, also ordentlich Druck. Es ist zwar gut gemeint, dass Böller Radfahrer und andere zum Absteigen zwingen. Ich allerdings musste zirkeln, um mit Fridolin da durch zu kommen.

Die Gartenvögel sind gerade richtig aktiv. Es war schön, sie zu beobachten. Es hat mich sehr ergriffen, als ich einen Spatz beobachtete, wie er einen Sonnenblumenkern schälte und dann an seinen kleinen Federball verfütterte. Ich fand das so rührend.

rote Rosen

Manche Pflanzen hatte ich vor Jahren gepflanzt. Schön, sie alle wieder zu sehen. Ich mag es sehr, wenn alles blüht. Jetzt ist es besonders schön im Garten. Nein, ein Rosen-Fan bin ich nicht. Ich mag alles, was auf einer Wiese blüht, einfach so. Andere würden das als Unkraut bezeichen.
Naja, schön anzusehen sind sie aber schon, die Rosen.

Diese Rose musste Herr E. mal richtig herunterschneiden, als der Brunnenbauer kam. Sie hat es nicht übel genommen. Vor so viel Lebenswillen habe ich großen Respekt. (Und manchmal erwische ich mich dabei, dass ich das der Rose auch sage.)

Langsam wurde es Abend und langsam wurde ich unruhig. Ich wollte nach Hause, aber Herr E. hatte noch dies zu tun und das … Und so wurde es duster und dann dunkel. Ich werde also eine Nachtfahrt machen müssen.

kurz vor meiner Nachtfahrt: es wurde Abend

Wir fuhren los. Herr E. kannte seine Wege, hat auch keine Not, mit dem Radl eine schlecht abgesenkte Bordsteinkante hoch zu kommen. Ich schon. Also suchte ich nach einer besseren Auffahrt, um den kleinen Park durchqueren zu können. Herr E. war erstmal weg. Es dauerte lange, bis er merkte, dass ich nicht kam. Ich schaffte es durch den Park und an die Bundesstraße, neben der ich den aungezeichneten Radweg lang musste. Mir war nicht wohl in meiner Haut.

Keine Angst, mir geht es gut und meine Nachtfahrt habe ich gut überstanden. Fridolin hat mich gut nach Hause gebracht. Und doch ist mir klar geworden, dass das Fahren jetzt ganz anders ist. Ich habe eine ganz andere Sicht als andere, sehe ganz anders und manches Pillepalle-Hindernis ist für mich ein ganz großes.

Es war schön im Garten und bald mache ich mich wieder auf den Weg dorthin. Bangemachen gilt nicht. Ich konzentriere mich lieber auf Schönes.
Ach ja, heute bekam ich eine gute Nachricht. Mein Impftermin wurde eine Woche nach vorn verlegt. In einer Woche bekome ich meine erste Impfung.


20 Gedanken zu „Nachtfahrt mit Fridolin und Fracksausen von Fahrschülerin Gudrun.“

  1. Ich sehe es auch hier oft, wie z.B. Rollstuhlfahrer hin und her probieren müssen, wenn sie vermeintlich kleine Hindernisse überwinden müssen. Die „normalen“ Bürgersteige werden ja bei jeder Ausbesserung der Fußwege abgesenkt. Aber in Nebenstraßen oder Grünanlagen ist das nicht der Fall. Und dann die von dir beschriebenen Poller oder versetzte Schranken, da habe ich oft schon Schwierigkeiten beim Durchschieben meines Rades gehabt. Aber du machst das völlig richtig: Nicht Bange machen lassen!
    Weiterhin gute Fahrt und denke daran: Übung macht die Meisterin!
    Liebe Grüße,
    Elvira
    P.S. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich dich in meinem letzten Beitrag verlinkt habe?

    1. Nein, du Liebe. Ich habe da nichts dagegen.
      Du hast Recht, das Stücke Freiheit muss man sich wieder erarbeiten. Und das mache ich auch, in meinem Tempo. Noch ein bisschen mehr Zutrauen zu mir und zu Fridolin und dann fahre ich alleine. Und dann kann ich zuckeln und trödeln wie ich will.
      Liebe Grüße an dich.

  2. Liebe Gudrun, nicht umsonst wird immer wieder angeführt, dass wir überall viel zu wenig an Rollstuhlfahrer oder andere Gehbehinderte denken. Zum Glück hat ja Fridolin hinter den hinteren Rädern noch diese Stützen, so dass es hoffentlich nie und niemals passieren könnte, dass du nach hinten kippst.
    Beleuchtet ist er doch hoffentlich ordentlich – aber dir hat bei der Dunkelfahrt sicher zu schaffen gemacht, dass DU nicht richtig gucken konntest.
    DAS WIRD ALLES, WENN ES ERST ROUTINE IST!

    1. Liebe Clara, er ist gut beleuchtet. Ich fahre auch am Tage mit Licht. Es ist eine ähnliche Regelung wie beim Moped. Das finde ich gut, weil man so eher gesehen wird. An die Nacht musste ich mich erst wieder gewöhnen. Es war auch ein komisches Gefühl, ab der Stelle vorbei zu kommen, an der es mich das letze Mal vom Fahrrad gewedelt hatte. Fridolin kann schon, aber nicht leicht nach hinten kippen.
      Du hast Recht, die Routine muss man sich erarbeiten. Das war ja bei anderen fahrbaren Untersätzen auch so.
      Liebe Grüße zu dir. Und Danke für’s Mut machen.

  3. Du hast es diesmal geschafft und wirst nun immer sicherer werden. Das ist doch toll. Es freut mich so, dass du wieder mehr rumkommst und nun auch wieder den Garten besuchen kannst. Viele schöne Touren wünsche ich dir und Fridolin

    1. Ich danke dir, liebe Karin. Morgen werde ich alleine auf Tour gehen. Ich möchte Fotos machen und da kann ich Herrn E. sowieso nicht gebrauchen. Außerdem wird es Zeit, „erwachsen“ zu werden.
      Liebe Grüße zu dir.

  4. Das war ja ein richtiges Abenteuer, liebe Gudrun. Und du hast es super gemeistert. Wunderbar. Mit der Zeit kommt auch mehr Sicherheit. Bei allem, was neu ist, ist man erstmal unsicher und nervös. Aber das wird schon.
    Das manche Wege nicht so einfach zu meistern sind, habe ich vor Jahren auch erleben müssen, als ich meinen Vater im Rollstuhl geschoben habe. Kleine Hindernisse erweisen sich manchmal als unüberwindbar. Und wie sehr habe ich mich geärgert, als ein Auto genau dort parkte, wo der Bordstein abgesenkt war. Die einzige Möglichkeit auf den Bürgersteig zu gelangen. Ich musste meinen Vater ein Stück über die Straße schieben, bis zur nächsten Möglichkeit.
    Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Freude mit Fridolin.
    Herzliche Grüße,
    Martina

    1. Danke, liebe Martina. Ich werde mir alle Mühe geben. Versprochen. Denn wenn ich gut von A nach B gekommen bin, dann habe ich ein Riesenstück Freiheit gewonnen. Ich habe mich so über den Garten gefreut und manche Pflanze, die ich als Winzling mal gepflanzt hatte, habe ich wie alte Bekannte begrüßt.
      Schön, dass du da warst. Liebe Grüße an dich.

  5. Dann wirst Du früher durchgeimpft sein als ich :-). Aber die paar Wochen halte ich nun auch noch durch.
    Ich denke es ist völlig normal, dass Du Dich erst mal mit dem neuen Gefährt vertraut machen musst. Mit der Zeit wird die Sicherheit größer und damit auch Deine Unabhängigkeit.

    1. Eine Straße entlangfahren mit parkenden Autos, Blechle an Blechle, ist unangenehm. Ich kann ja nicht darüber kucken. Aber auch daran werde ich mich gewöhnen. Das wird schon werden.
      Mein Rheumatologe hätte seine Patienten schon lange durch, wenn es genug Impfstoff gegeben hätte. Ich bin froh, dass ich dort geimpft werde, denn er kennt mich ja gut. Zu diesem Arzt habe ich auch volles Vertrauen. Mein bisheriger Hausarzt schwurbelt mir zu sehr.

  6. Was für uns ein Klacks ist, das ist für Rollstuhlfahrer ein großes Hindernis. Aber wenigstens bist du mobil und kannst hinaus, wann immer du willst.
    Eine Nachtfahrt, nun gut, muss man nicht unbedingt haben mit dem Rolli, aber ist mal was anderes 🙂
    Bleib so optimistisch und fröhlich liebe Gudrun.
    Liebe Grüße von Kerstin.

    1. Meinen Otimismus behalte ich auf alle Fälle, liebe Kerstin. Ich freue mich zu sehr über den Fridolin und die wiedergewonnene Freiheit. Und nach der Nachtfahrt schaffen wir auch einiges andere mehr.
      Liebe Grüße in die Aue.

  7. Liebe Gudrun,
    ich finde dass du das sehr mutig und engagiert angehst und finde es toll, dass du nun immer mehr Sicherheit weil Routine erlangen wirst.
    Als du schriebst, dass du Bedenken hast, übersehen zu werden da fiel mir ein, dass ich zum Beispiel bei Liegefahrrädern oder auch bei Kinderfahrradanhängern schon gesehen habe, dass Abstandshalter und auch Fähnchen angebracht waren. Wäre das nichts für dich?
    Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie groß deine Freude war nach so langen Jahren wieder den Garten zu besuchen! Ich liebe zwar auch Gräser und Wiesenblumen aller Art ganz besonders, nichtsdestotrotz faszinieren mich auch Rosen wegen ihrer Schönheit und Anmut und wegen oft himmlischen Düften.
    Wie freue ich mich, dass du nächste Woche deine erste Impfung bekommst, ich bin dann donnerstags auch zur 2.Impfung dran.
    Sei mir herzlich gegrüßt von:
    Beate

    1. Ich werde bald wieder starten. Im Garten ist aller Lavendel eingegangen. Ich habe neue Pflanzen gekauft. Wenn ich runter komme, werde ich sie selber einpflanzen.
      Ich habe es immer sehr genossen, in der warmen Erde zu wühlen.
      Ein Fähnchen möchte ich nicht an dem Fridolin haben. Das schützt mich auch nicht vor dem LKW. Ich werde aufpassen müssen und mir meine Wege gut überlegen.
      Liebe Grüße an dich

  8. Schön das dein Impftermin in greifbarer Nähe ist.
    Da hast du ja einen aufregenden Tag mit Fridolin gehabt. Ich glaube mir wäre es nicht anders gegangen.
    Aber du hast das ja gut gemeistert und Übung macht den Meister.
    LG Marion

    1. Stimmt. Das war irgendwie der Härtetest.
      Es wird schon werden. Ich gewöhne mich schon noch an alles.
      Dass es nun endlich vorwärts gehen wird mit der Impferei, beruhigt mich sehr. Meine Tochter und mein Sohn werden in dieser Woche geimpft. Ich bin die Letzte.
      Herzliche Grüße an dich, liebe Marion.

  9. Wenn Du die Strecke öfter fährst, liebe Gudrun, wirst Du sicher auch sehen und merken, was Du anders machen kannst oder welche Strecke vielleicht besser mit Deinem Fridolin zu befahren ist. Aber solche Barrieren, wie Du sie beschrieben hast, sind sicher aus der Sicht von Fußgängern kein Problem. Aber daran sieht man, dass eben leider oft nicht daran gedacht wird, dass es auch Menschen gibt, die nicht so gut zu Fuß unterwegs und somit auf ein Gefährt angewiesen sind.
    Ich wünsche Dir allzeit gute und unfallfreie Fahrt mit Fridolin!
    Und toll, dass Du nun einen Impftermin hast. Eine Impfung beruhigt doch irgendwie ungemein. Jedenfalls empfinde ich das so. Wir Silberdistels sind inzwischen beide vollständig geimpft und wir sind sehr froh darüber, dass das so gut über unsere Hausarztpraxis geklappt hat.
    Einen lieben Gruß schickt Dir die Silberdistel

    1. Stimmt. Ich weiß jetzt schon, was ich bei der nächsten Fahrt in den Garten anders machen werde. Man wird dann regelrecht raffiniert. Ich werde Erfahrungen sammeln müssen und dann funzt das schon.
      über den Impftermin freue ich mich sehr. So schaffe ich das noch, vor dem Herbst eine relativ hohe Immunität zu erhalten. Das beruhigt sehr.
      Liebe Silberdistel, ich schicke dir liebe Grüße.

  10. Sehr viele Menschen denken schlicht und ergreifend nicht daran, dass eine Rille im Asphalt, ein Schlagloch, eine Bordsteinkante, Poller oder mit Kopfstein-Klötzen gepflasterte Einfahrt für Schwerbehinderte oft ein großes Hindernis darstellen. Was wäre das schön und wohltuend, wenn Architekt:Innen, Ingeneur:Innen und Stadtplaner:Innen ein einwöchiges Praktikum im Rollstuhl oder mit Rollator und Gewichten an den Beinen, ohne fremde Hilfe und ohne eigenen PKW absolvieren müssten. Dann wäre Inklusion in vielen Bereichen kein Fremdwort mehr…
    Deine Rosen sind so wunderschön. Und ich bin sicher, auf ihre Weise freuen sie sich bestimmt darüber, dass du ihnen das gesagt hast. Ich habe heute nachmittag auch mit meinen Balkonpflanzen gesprochen, nachdem etliche von ihnen vom heftigen Unwetter gestern Nacht ordentlich zerrupft worden sind.
    Sei lieb gegrüßt!

  11. Das ist ein großes Problem, dass viele Orte nicht barrierefrei zu erreichen sind. Überall geht das sicher nicht, z.B. in historischen Häusern. Bei Neubauten verstehe ich es nicht.
    Komisch, neuerdings flutet es meinen Balkon ständig, wenn es schon mal regnet. Mein Thymian nimmt mir das langsam übel. Alles hatte ich weggeräumt. Nur den Thymian nicht. Den hatte ich vergessen.
    Herzliche Grüße.

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