Stricken und sticken für einige Momente Ruhe.

Fast scheint alles normal. Fast.

Die Wildrosen vor meinem Balkon blühen. Ein feiner Duft liegt in der Luft. Wir haben die Büsche selber verschnitten im Frühling, nicht nach dem Hausmeisterschnitt, so dass es nie wieder blüht oder gar krümelt.
Fast scheint alles normal was ich sehe, tue, rieche. Es ist es aber nicht. Da draußen zu sitzen und zu stricken und sticken lenkt ab, aber es macht nichts unbedingt besser.

neben den Wildrosen sitzen und stricken und sticken

Im Moment fühle ich mich hilflos, weil ich denke, dass einiges quer läuft in der Welt und ich nicht genügend dagegen unternehmen kann. Und ich kann gar nicht genug stricken und sticken, um es mal für einen längeren Zeitpunkt zu vergessen.

  • Vielerorts brennt es, so sehr, dass New Yorck in Dunst gehüllt ist und die Menschen freiwillig die Masken aufsetzen, die man ihnen in Corona-Zeiten gegeben hat. Es gäbe so viel zu tun in Sachen Umwelt, für alle und jedes Land. Stattdessen werden Kriege geführt, quer über die Erde verteilt und auch einer, der uns verdammt nahe kommen kann.
  • Friedensbewegungen werden fleißig in ein krudes Licht gestellt. Manch einer oder eine beschließt, da nun nicht mehr hin zu gehen. Und da, wo das Thema „Frieden“ immer eine große Rolle spielte, treten „Militärs“ oder Beführworter auf, haben eine Bühne. Viel zu wenige stören sich daren, dass alle Ministerien sparen müssen im nächsten Jahr, äußer … ihr ahnt es schon.
  • Rechtspopulismus nimmt zu. Im Umfragehoch ist eine Partei, die sich nicht um soziale Dinge kümmert, die auch nicht mehr Mittel für Bildung will, wohl aber Arbeitslager für Schulschwänzer, Schulabbrecher und Schulstreiker. Man prüft, ob diese Partei verboten werden kann anstatt mal ganz genau hinzuhören, warum die so einen Zulauf bekommen, auch von jenen, die eigentlich nix mit der Partei zu tun haben wollen.
  • Heute striken die DHL-Mitarbeiter am Flughafen Leipzig. Das finde ich richtig so, denn sie bekommen 500 – 700 Euro weniger für gleiche Arbeit als an anderen Standorten. Oh, es gibt viele solcher Ungerechtigkeiten und dazu auch Meinungsunterschiede. Aber darüber redet man nicht gerne und man will auch nun nicht mal endlich anfangen, das zu ändern. Zurück bleibt Unzufriedenheit.
  • Am Montag beginnt das größte Nato-Manöver. Ganz ehrlich, ich das mag das nicht; mal abgesehen von der großen Menge an Kerosin, die in den Himmel düst. Was wird, wenn dieses „Zeigen von Stärke“ als Provokation und Bedrohung aufgefasst wird? Wie wird die Reaktion darauf ausfallen? Und wo rumst es, wenn es rumst? Bin ich darauf vorbereitet? Wohl nicht!
    Ich hatte noch nie solche Existenzängste.

    (Meine Liste hat noch viele solcher Punkte, aber ich lass es dabei bewenden. Ich möchte viel lieber über angenehmere Dinge schreiben, aber diese hier sind da, müssen irgendwie verarbeitet werden und einfach mal raus.)

Um sie habe ich noch mehr Angst als um mich, um die Tiere und Pflanzen. Das kleine Spatzenmädchen ist noch nicht lange aus dem Nest raus. Die Eltern haben den Futterplatz gezeigt und nun muss es sich selbst versorgen. Ich möchte, dass sie das schafft und vielleicht hier bei mir bleibt. Hier ist es allerdings knochentrocken und deshalb fülle ich die Wasserschalen und Futternäpfe.
Es gibt viel zu wenige Insekten und Marienkäfer und Schmetterlinge gar nicht.

stricken und sticken
stricken und sticken – mein Mustertuch

Und nun komme ich wirklich zum Stricken und Sticken.
Damit beschäftige ich mich gerade wieder. Ich habe Armstulpen gestrickt und weil ich sie passend für meine bunte Kleidung will, sticke ich Farbiges darauf. (Oh, ich muss noch grüne Wolle kaufen und spinnen.) Vielleicht behalte ich die Stulpen auch gar nicht für mich selbst.
Diesmal versuche ich mich am Rosenstich oder Webstich. Ich nehme alles mit in den Garten morgen. So gelingt es mir, auf dem Poppes sitzen zu bleiben und nicht Dinge zu tun, die ich eigentlich nicht mehr tun sollte und die mir nicht bekommen.

Ein schönes und friedliches Wochenende wünsche ich uns allen.

13 Gedanken zu „Stricken und sticken für einige Momente Ruhe.“

  1. Es darf gerne regnen, das muss es sogar – nicht nur für Vögelchen, auch dringend für Insekten. Ich habe Schalen aufgestellt, das sie sich dran laben können.

    Sommersonnengrüße aus dem Dorf

    1. Oh, das ist schön. Sie brauchen das. Ich freue mich immer, wenn ich ihnen beim Baden zusehen kann. Nur muss ich dann das Wasser öfter nachfüllen, aber das mache ich gern.
      Liebe Grüße zu dir.

  2. Liebe Gudrun,
    ich liebe es, wenn ich früh morgens zum Lüften die Balkontür aufmache und der Gartenduft kommt mir entgegen. Diese Luft ziehe ich tief in mich rein. Jetzt fängt der Lavendel direkt vor dem Balkon an zu blühen, es riecht nach Heu von den gemähten Wiesen in der Umgebung. Einfach toll. Und ich stelle immer wieder fest: Jede Jahreszeit riecht anders.

    Was dein anderen Thema, von dem du schreibst, betrifft: Ich kann auch nicht genug stricken, um nicht an die Dinge, die sich in der Welt abspielen zu denken. Sowas geht ja nicht spurlos an einem vorbei.

    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende und grüße herzlich
    Traudi

    1. Liebe Traudi, nein, es geht nicht spurlos an einem vorbei. Wenn ich nur die Überschriften in den Nachrichtenportalen lese, kommt mir das Grauen und damit die Schmerzen. Und dann fällt mir wieder ein, dass man mir vor vielen Jahren schon in unserer Uniklinik gesagt hat, dass ich mich von negativen Stress fern halten soll. Er ist ein guter Auslöser.
      Auf den Mond ziehen kann ich nicht. Also bleibt mal wieder nur das Wollkörbchen.
      Herzliche Grüße schicke ich dir.

  3. Mich treiben ja ganz ähnliche Gedanken um und empfinde es als schlimm, dass die kleinen Fluchten immer enger werden. Man kann sich kaum noch ausklinken. Wenigstens kurz. Es ist ein Graus und dieses Nato-Manöver ist wirklich das letzte … aber wahrscheinlich als genau das, nämlich als Provokation gedacht. Also stricken, schreiben, sprechen wir von Frieden von Miteinander und tun was wir können. Alles Liebe

    1. Ja, sprechen vom Frieden. Genau das möchte ich tun, auch wenn es nicht immer gern gesehen wird. Für mich steht kein Sonderflug zur Verfügung, um zu verschwinden, wenn es brenzlig wird. Und auch die Jodtabletten retten mich nicht, die meine Tochter mir in den Koffer gesteckt hat. Was ist ein kleines, einzelnes Leben gegen Kriegsgewinne, Dividenden, Macht? Wenn es aber nun viele sind, dann wird es gehört.
      Deinen letzten Satz unterschreibe ich.
      Liebe Grüße

  4. Bei uns ist immer noch jede Mange los an den Futterplätzen im Garten. Ich freue mich jeden Tag darüber, besonders auch über die Jungvögel, die inzwischen auch ohne die Eltern kommen, weil die schon wieder mit der nächsten Brut beschäftigt sind. Bei uns im Garten gibt es mehrere Trink- und Badestellen. Da es ewig nicht geregnet hat, sind sie nicht nur für die Vögel wichtig, sondern auch für die Insekten, die leider auch hier sehr wenige sind.
    Fein sieht Deine gestickte Rose aus, liebe Gudrun. Ich häkle im Moment an einer Jacke, die auch recht bunt daherkommt – bestehend aus mehreren verschiedenfarbigen Fäden.
    Einen lieben Gruß schickt Dir die Silberdistel

    1. Die Jungvögel machen einen argen Lärm, aber die Altvögel füttern nun nicht mehr. Bei Gudrun ist angerichtet. Ich freue mich sehr über meine Schar. Wenn sie dann irgendwann wo anders hin ziehen, wird sie mir fehlen. Im Moment komme ich nicht nach mit Füttern.
      Liebe Silberdistel, zeigst du die Jacke dann? Ich werde morgen mit der Freundin aus der Nachbarschaft anfangen, eine Jacke zu stricken. Wenn ich es hinbekomme, muss ich nicht mehr nach meiner Lieblingsfarbe suchen.
      Liebe Silberdistel, ich schicke dir liebe Grüße.

  5. Ich bin zu träge bei der Hitze um mich auch noch über die Welt aufzuregen…
    Doch, doch – es ist beängstigend und bleibt im Fokus, die *Rechten* und das *Schwarzweißdenken*!

    Mein Mustertuch, die ganzen Nähübungen wurden entsorgt, es wird nicht mehr gestopft und geflickt. Mehr die Richtung Kunstfertigkeiten könnten mich noch begeistern, wunderschön die Röschen.
    Hier haben die Austernfischer nicht viel Aufhebens mit der Aufzucht ihrer Küken gehabt oder ich war nicht präsent. Ihr Ruf ist mein Urlaub! 🙂
    Lieben Gruß!

  6. Liebe Gudrun,
    ich kann deine Ängste verstehen, aber den Kopf in den Sand stecken, geht auch nicht. Das Nato-Manöver halte ich für gut und richtig. Putin muss klargemacht werden, dass er nicht schalten und walten kann, wie er will. Aber es liegt Vieles im Argen in der Welt. Das ist auf jeden Fall richtig. Wir bekommen nun die Quittung dafür, dass wir jahrzehntelang hemmungslos auf Wachstum gepolt waren.
    Herzliche Grüße – Elke

  7. Liebe Gudrun. Du hast dir mal Luft verschafft und genauso denken wir doch alle. Und regen uns auf. Auch ich stricke zum Abschalten. Da kann ich runterfahren und werde total ruhig.
    Bei uns sind alle Gewitter vorbei gezogen und auch hier ist alles „furztrocken“. Die Vögelchen haben mehrere Wasserschalen und im Pflaumenbaum hängt eine Vogeltränke in Form eines auf dem Kopf stehenden Schirmes.
    Die Miezen sind faul und schlafen den ganzen Tag, was wir leider nicht können.
    Ich stricke schon Socken für Weihnachten 🙂 Nur an heißen Tagen geht das nicht, da schwitze ich so schon genug.
    Liebe Grüße von Kerstin.

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