Zeit scheint etwas zu sein, was ich zuwenig habe.

Eigentlich wollte ich noch viel mehr erzählen von Nürnberg, aber ich werde mich kurz fassen. Ich habe in der kurzen Zeit viel gesehen und viel erlebt, zahlreiche Fotos gemacht, so wie mir es mir eben möglich war. Das werde ich mir bewahren.
Der zweite Tag war so ganz anders. 28 Grad hatten wir und die Sonne gab alles, d.h. ich hatte am Ende des Tages einen Sonnenbrand auf der Stirn.

Zwei Stadtführungen haben wir mitgemacht, eine zu Fuß und eine in einer kleinen Bahn. Die zu Fuß war die Schönere. Da ich im Rolli war, baute der Stadtführer extra die Route etwas um, denn Treppen hätte ich nicht bewältigen können. Der Rolli und ich haben so alles prima geschafft, wenn ich auch die Befürchtung hatte, dass abends mein Kopf im Bette wackelt von der argen Ruckelei über das Kopfsteinpflaster.

Es war sehr interessant, was der Stadtführer zu erzählen hatte: von den Kirchen, den Handelshäusern, der Burg und der Stadtmauer, vom Henkersteg und dem Henkerhaus, von Hans Sachs und Albrecht Dürer. Die Legende von der Nürnberger Wurst erfuhr ich und was es mit dem Männleinlaufen am Giebel der Frauenkirche auf sich hatte. Jeden Tag um 12 Uhr mittags läuten die Kirchenglocken am Hautpmarkt und nach dem Vorspiel der Posaunenbläser, Trommler und Pfeiffer mussten die Kurfürsten an Kaiser Karl IV. vorbei ziehen.

Es machte mich traurig, als der Stadtführer uns Fotos zeigte, wie es nach dem Krieg in der Innenstadt aussah. Nein, alles konnte man nicht wieder aufbauen.
Auch in Nürnberg gibt es die Alststadtfreunde. 20 Altstadthäuser hat der sehr aktive Verein vor dem Abriss bewahrt, mit Millionenaufwand saniert und damit über 70 Wohnungen und einige Läden geschaffen. Zudem haben sie zahlreiche historische Elemente wie Erker oder Hausfiguren ins Stadtbild zurückgebracht. 

In zwei Museen wollte ich, aber das ging dann nicht mehr. Ich war zu müde. Das Reichsparteitaggelände, im Südosten Nürnbergs habe ich nicht besichtigt. Ich kenne seine Geschichte und das größenwahnsinnige Projekt von Hitler und Speer. Es wurde nie fertig und das was 1000 Jahre halten sollte, krümelt vor sich hin. Es gibt interessante virtuelle Rundgänge durch das Museum.

Ich kannte diese Zeit aus der Geschichte. Meine Eltern und Großeltern haben davon erzählt. Ich bin sehr froh, dass bei uns zu Hause ehrlich gesprochen wurde und ich auch alles fragen konnte. Nichts wurde verschwiegen. Jetzt habe ich mir auch mal den Film der Riefenstahl und auch einen über sie angesehen. Ich wollte zum Beispiel wissen, wie Propaganda damals funktionierte und was für mich heute wichtig wäre.
Mein Opa ist und bleibt für mich ein großes Vorbild. Mich prägten einerseits seine Einstellungen in der Zeit des Faschismus im Lande und andererseits sein Handeln, als das Kind im Brunnen zu liegen schien. Ich glaube, gerade jetzt brauchte ich diesen „Ausflug“ nach Nürnberg. Meiner Tochter bin ich sehr dankbar, dass sie ihn mir ermöglicht hat.

So,
und nun reiche ich endlich mein Wollprojekt zu einem Wettbewerb ein. Meine neusten Pflanzen und Kräuterexperimente muss ich auch noch dokumentieren, Nietzsche weiterlesen, spinnen und sticken …
Ich sage es doch: Ich habe zu tun und immer zuwenig Zeit für alles, was mir im Kopf herum spukt.

Ich wollte Handwerk erleben.

Bei unserem Gang durch Nürnberg, trotz Regen und empfindlicher Kühle, besuchten wir auch den Handwerkerhof, nahe der Burg. Ich hatte ihn angepriesen bekommen, als ich mir schon vor der Reise Sehenswürdigkeiten aufzeigen lassen hab. Ich musste dahin. Altes Handwerk interessiert mich nun mal sehr und noch immer geistern einpaar Träume in meinem Kopf herum.

Viele Bilder habe ich nicht. Es war grau, duster und regnete ab und an. Trotzdem waren viele Menschen unterwegs. Dass es hier so leer aussieht, ist ein Zufall und ein großes Glück für mich. Fotografieren aus dem Rollstuhl heraus war schwierig. Es rannte mir ständig jemand ins Bild und dann hatte ich mach stattlichen Ar*** im Bild, äh, Poppes meinte ich.

Schön sieht es hier aus, aber ich war trotzdem enttäuscht. Ich hätte gerne mal zugesehen, wie etwas gefertigt wird, Handwerk erlebt, aber es war vor allem eine Fressmeile und ein Souvenir-Verkauf. Und weil es gerade wieder anfing zu regnen, hielten wir uns auch nicht sehr lange auf.

Das sind die Hühner, die ich im letzten Beitrag erwähnt hatte. Die hätte ich gerne auf meiner Balkonbrüstung sitzen, einerseits, weil ich selber keinen Hühnerstall haben kann (ich hätte gerne einen) und andererseits, weil die Holzfiguren nicht so empfindlich sind, wenn von oben etwas auf die Balkonkästen tropfelt oder fliegt.
Nach dem Preis für die Hühner aus Holz habe ich nicht gefragt. Ich hätte ihn nicht bezahlen können.

Der Gedanke an altes Handwerk hat mich aber wieder dazu gebracht, in die Puschen zu kommen und zu werkeln. Was, das erzähle ich ein andermal.

Meine Reise nach Nürnberg. Der erste Tag.

Meine Nordseekinder hatten uns zu Weihnachten eine Reise nach Nürnberg, nach „Nämberch“, geschenkt. Ich wollte erst gar nicht fahren, strengt es mich doch jedesmal ordentlich an und es bleibt auch nie aus, nach Hilfe zu fragen. Dann aber reizte mich die Stadt doch, auch wegen ihrer Geschichte. Überhaupt interessiert mich da gerade vieles. Ich möchte viel wissen und ich möchte mir ein Bild machen darüber, was mal war und wie es werden kann. Mit Nietzsche bin ich noch nicht fertig, aber heute erzähle ich erstmal ein bisschen von Nürnberg.

der Hauptbahnhof in Nürnberg

Als wir losfuhren regnete es und es war warm und schwül. Das ist so das Wetter, was ich gar nicht mag, aber ich habe mir große Mühe gegeben, keinen Flunsch zu ziehen.
Dank der Mobilitätshilfe der Deutschen Bahn und den Zugbegleitern, kam ich gut in die Züge mit dem Rolli und auch wieder gut heraus. Die Betreuung in Nürnberg war Spitze. Freundlich und sehr hilfsbereit waren die Begleiter und sie haben mich geleitet, bis zum Ausgang des Bahnhofes.

In Nürnberg regnete es und es war kalt. Wir mussten von 28 Grad auf 18 Grad umschalten und das ging natürlich nicht von gleich auf sofort. Unser Hotel war in Bahnhofsnähe und wir bekamen ein schönes behindertengerechtes Zimmer. Wir konnten also gut mobil sein. Die Kälte und der Nieselregen hielt uns nicht ab, uns auf die Strümpfe oder (ich) auf die Reifen zu machen.

Als ich Fotos von der Altstadt in Nürnberg gesehen habe, ging mir so durch den Kopf, dass vieles zum Glück den Krieg überstanden hatte. Ich irrte mich, denn hier sah ich Fotos, die mich an Dresden erinnerten. Kriege bringen nicht nur den Menschen den Tod, sie vernichten auch Kulturgüter. So auch in Nürnberg.

Am ersten Tag machten wir uns auf zur Nürnberger Burg, einer Doppelburg. Die besteht aus der Kaiserburg und der Markgrafenburg und ist das Wahrzeichen der Stadt. Der Himmel war grau und regenverhangen. Ich zeige trotzdem einige Eindrücke von unserem Spaziergang.

Über die Entstehung der Burg und seiner Geschichte in den ewigen Machtkämpfen will ich gar nichts schreiben. Das kann man nachlesen. Was mich sehr beeindruckt hat ist, dass auch hier 90 % der Altstadt zerstört war im Krieg und dass man vieles wieder aufgebaut hat. Es gab eine Befragung unter den Einwohnern von Nürnberg und die Mehrheit war dafür. Die Burganlage zum Beispiel in historischen Formen wurde wieder aufgebaut.

In den Felsen, auf dem Burg und Teile der Altstadt liegen, schlug man ab 1380 ein über mehrere Stockwerke reichendes Gänge- und Kellersystem. Es wurde hauptsächlich für die Gärung und Lagerung von Bier genutzt. Die Steinmetze hatten strenge Auflagen, damit die Statik der Etagen nicht gefährdet wurden. Gut so, denn Liebe zum Bier anno dunnemals rettete ganz vielen im 2. Weltkrieg das Leben. Die Gewölbe dienten nun als Luftschutzbunker und während es oben krachte, standen da unten die Menschen eng an eng und hofften, dass der Stein sie schützten kann. Was müssen sie empfunden haben?

Im Kalten Krieg baute man einen Atombunker da unten, der viele Menschen aufnehmen kann im Falle eines Atomschlages. 14 Tage lang ist die Versorgung gewährleistet. „Und dann“, fragten die Nürnberger, „dann gehen wir hinaus in eine verseuchte Welt?“ Schützen auf Dauer kann einen nur Frieden.

Zwischen den Mauern in der Burg zu Nürnberg

In den unterirdischen Gängen war ich nicht. Man kann sie besichtigen, aber ich schaffe das nicht mehr. Ich habe aber den Stadtführern zugehört, war einerseits begeistert von der Bauleistung damals und dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg. Die Geschichte Nürnbergs hat mich aber auch betroffen gemacht. Ich wollte wissen, wie sich die Stadt von einer roten Arbeiterstadt zur Stadt der Reichsparteitage entwickeln konnte.

Mehr über meinen Besuch in der Stadt und was die Hühner als Beitragsbild da oben zu suchen haben berichte ich ein andermal.