Meine jüngste Tochter zeichnet und malt. Sie hat Kurse besucht und arbeitet jetzt alleine weiter. Ich finde, sie macht ihre Sache gut. Ich kann den Erdbeer-Mond nun immer sehen, wann immer ich es möchte.
Mondnacht
Es war, als hätt’ der Himmel Die Erde still geküßt, Daß sie im Blütenschimmer Von ihm nun träumen müßt’.
Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus.
Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, Es rauschten leis’ die Wälder, So sternklar war die Nacht.
Joseph von Eichendorff, 1837
Meine Tochter weiß von meiner Liebe zum Mond und dass sein Licht mir Kraft gibt und Frieden. Den Vollmond im Juni, den „Erdbeermond“, konnte ich nicht sehen und so hat ihn meine Tochter für mich gemalt und mir geschenkt. Das Bild kommt jetzt in einen Rahmen und dann an die Wand neben meinem Bett. So sieht das aus, wenn wir uns etwas schenken. In den Kaufrausch verfällt niemend von uns, aber wir zeigen so, dass wir uns mögen, verstehen und uns auf einander verlassen können.
Liebe Tochter, ich danke dir sehr. Egal, was alles noch passiert: Male weiter, denn es kann dir und anderen Kraft geben.
Wir hatten uns lange nicht gesehen, meine Kinder und ich. Ich habe mich darauf gefreut, dass die Familie mal zusammen kommen kann. Ich konnte nicht alles mitmachen, zum Beispiel das Sommerfest in der Gartenanlage, denn mich plagte ein arger Rheumaschub. Die Schmerzen sind gruslig, aber ich werde das überstehen, immer wieder.
Meine jüngste Tochter musste zuerst wieder zurück in ihr Zuhause an der Ostsee. Sie musste ja wieder arbeiten. Beim Abschied gab es Tränen. Die andere Tochter, den Schwiegersohn und den Enkel hatte ich noch ein bisschen länger bei mir, bevor sie sich wieder auf ganz große Reise begeben mussten.
Wir haben über vieles geredet, auch über Dinge, die jeden von uns umtreiben. Gut, wenn man das kann in der Familie. Wir wissen, dass wir uns auf uns verlassen können und außerdem ist es gut, immer einen Plan B zu haben. Wir werden gut auf uns aufpassen und auf den kleinen Spross ganz besonders.
Heute reiste die Familie nun ab. Der Urlaub ist vorbei und sie sitzen nun im Flugzeug. Klar werden wir in Verbindung bleiben, aber es ist immer anders, als wenn wir direkten Kontakt haben. Dass wir so weit auseinander leben, hat mich schon immer belastet. Dass die Welt so uneins geworden ist, macht es noch viel schlimmer.
Allen hat es hier gefallen und dem Enkel ganz besonders. Bestimmt kommen sie mal wieder. Ich hoffe, dass mir noch viel Zeit bleibt mit meiner Familie. Ich vermisse sie, bin aber froh, dass ich sie habe. Kommt gut zu Hause an.
Ich sitze still in meinem Garten, von dem ich immer dachte, dass es ein guter Rückzugsort ist. Heute aber kann ich keine Ruhe finden. Mich beschäftigt es, mit welchem Elend andere Menschen zu kämpfen haben und dass es niemand zu geben scheint, dessen Stimme Gewicht hätte und der „STOPP“ sagt und auch konsequent handelt.
Ich bin Mutter und habe drei Kinder großgezogen. Zu jeder Zeit, von der Schwangerschaft an, bei der Geburt, während ihres Aufwachsens habe ich alle erdenkliche Hilfe erhalten. Wir hatten nie Hunger oder haben gefroren. Ich kann mich nicht zurücklehnen und sagen: „Glück gehabt. Und die das nicht haben, sind selber Schuld.“
Wenn ich Bilder aus dem Gaza-Streifen sehe, dann dreht sich mir der Magen um und mein Herz fühlt sich an, als ob es Stahlbänder zusammendrücken. Da solche Bilder schwer zu ertragen sind, verlinke ich einen Artikel von CNN. Wer lesen will, was dazu geschrieben ist, klickt oben in der Statuszeile auf das Zeichen mit der Darstellung einer Seite und dann auf „Übersetzen auf Deutsch“.
Gestern stand unser Kanzler mit betretenem Gesicht vor Kameras (das kann er gut) und faselte etwas wie ausdrücklich er es möchte, dass das Sterben im Gazastreifen aufhören sollte. Und? Warum hat Deutschland die Resolution von über zwanzig Staaten nicht mit unterzeichnet? Liegt es etwa an den Waffenverkäufen, an denen sich manche auch in unserem Land dumm und dämlich verdienen? Da kann nun jeder mal selber nachdenken.
Es soll mir jetzt bloß keiner kommen mit: Jedes Land hat das Recht, sich zu verteidigen. Dagegen habe ich nichts, aber was jetzt im Gaza-Streifen passiert, ist und bleibt für mich Völkermord. Krankenhäuser zusammenschießen, Essenausgaben angreifen (technisches Versagen, hieß es; nein, es ist menschliches Versagen), Menschen verhungern lassen – das alles sind Verstöße gegen das Völkerrecht. Und deshalb schreibe ich darüber. „Nie wieder still“ gilt auch hier für mich. Ich bin nicht irgendeines Volkes Feind, sondern einfach eine Mutter, ein Mensch und „menschlich“ möchte ich immer bleiben.
Ich erwarte jetzt keine Kommentare. Für meinen Teil jedenfalls habe beschlossen, nicht zu schweigen, wenn Unrecht geschieht. Jeder sollte den Himmel so sehen dürfen, wie ich gestern, klar und blau, strahlend und schön. Und kein Mensch sollte Angst haben müssen, dass Ungemach herabprasselt.Überall auf dieser Erde!
Gerade hatte ich ordentlich viel zu tun und auch so war viel los. Ich hab die vierte Zahn-OP hinter mir und langsam wird alles gut, zumindest in meinem Mund. Wolle, Garten, Rosen, Zeitgeschehen – das war es, was mich zudem in den letzten Tagen umtrieb.
Viel Zeit habe ich im Garten verbracht. Ich habe die Wolle von meinem Patenschaf gewaschen, genauso wie ich es in früheren Jahren immer gemacht habe. Immerhin gab es viel Sonnenschein, dass in den schwarzen Maurerbottichen das Wasser sehr schnell warm wurde. Das Waschen ist nun vollbracht, deshalb kann ich morgen mit dem Kämmen anfangen.
Der Garten ist und bleibt mein Kraftort. Dort kann ich in aller Ruhe nachdenken, auch über Dinge, die mich sehr beschäftigen und aufregen. Dieser Tage sind mir sowohl einige Zeilen, als auch ein Gedicht von Kurt Tucholsky untergekommen.
„Ich resigniere. Ich kämpfe weiter, aber ich resigniere. Wir stehen hier fast ganz allein in Deutschland – fast ganz allein. …Pathos tuts nicht und Spott nicht und Tadel nicht und sachliche Kritik nicht. Sie wollen nicht hören.“
Das schrieb Tucholsky 1019 und 1931 schrieb er dies Gedicht:
Rosen auf den Weg gestreut
Ihr müßt sie lieb und nett behandeln, erschreckt sie nicht – sie sind so zart! Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln, getreulich ihrer Eigenart! Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft –: Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!
Wenn sie in ihren Sälen hetzen, sagt: »Ja und Amen – aber gern! Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen!« Und prügeln sie, so lobt den Herrn. Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft! Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft.
Und schießen sie –: du lieber Himmel, schätzt ihr das Leben so hoch ein? Das ist ein Pazifisten-Fimmel! Wer möchte nicht gern Opfer sein? Nennt sie: die süßen Schnuckerchen, gebt ihnen Bonbons und Zuckerchen … Und verspürt ihr auch in euerm Bauch den Hitler-Dolch, tief, bis zum Heft –: Küßt die Faschisten, küßt die Faschisten, küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft –!
Ich habe mich annodunnemals viel mit meinen Eltern über die Zeit in den dreißiger Jahren des vergangenem Jahrhunderts unterhalten. Ich glaubte wirklich, dass so etwas nie wieder passieren kann. Nun frage mich ernsthaft, wieso sich manche Dinge in der Geschichte ständig wiederholen. Seit meinem Studium war ich der Meinung, dass Faschismus nicht von der Person Hi**** ausging. Wenn ich mir jetzt die Entwicklung an verschiedenen Orten der Erde ansehe, dann weiß ich, dass es so ist. Muss wirklich alles erst untergehen, bevor Neues, Besseres entstehen kann? Ist das etwa das Schicksal jeder sogenannten Zivilisation? Oder gibt es das „Gute im Menschen“ vielleicht gar nicht? Ich verziehe mich morgen wieder in den Garten, sehe mir meine Rosen an, und vielleicht finde ich Antworten.
Es war viel los bei mir und es gab viel zu tun. Gut so. Und ich zeige einfach mal einen Blick vor und über den Zaun.
Im Literaturtreff Grünau konnten wir unsere 13. Broschüre vorstellen. Diesmal gab es vom Stadtbezirk eine kleine Förderung für den Druck. Klar gaben sich die Autoren besondere Mühe. Für uns ist es manchmal unerträglich, wie bestimmte Presseorgane schreiben über unseren Stadtteil und auch über uns. Mancheiner der Schreiberlinge war offensichtlich noch nie hier. Das sollte mal nachgeholt werden. Wir sind ein buntes Häufchen: Manche waren Arbeiterin oder Arbeiter, einige waren selbständig und andere haben eine Promotion hinter sich. Aber alle sind aktiv, nicht nur im und für den Literaturtreff.
Foto: Renate AltCovergestaltung: Silke Heinig
Ich war zwei Tage lang mit im Garten, nach langer Zeit mal wieder. Ich habe mir extra Zeuchs mitgenommen, damit ich nicht in Versuchung komme herum zu buddeln und dann wieder ein Weilchen ausgebremst zu sein. Das hat geklappt. Schön war es mit Gartenfreunden zu schwatzen, zu sehen, was es Neues gibt und die Natur zu riechen, zu sehen und zu fühlen.
Wenn Herr E. die Fische füttert, dann „kocht“ das Wasser im Teich. Ein Gehoppse geht los. Über den Gartenteich freue ich mich immer wieder, weil er vielen Lebewesen nützlich ist, gerade jetzt, wo es immer wärmer und trockener hier wird. Einfach hier sitzen und schauen. „Verweile doch, du bist so schön!“ – so wie Goethe im Faust kann man die Schönheit des Augenblicks auch ausdrücken. Die Rosen wachsen übrigens in meinem Garten am Zaun.
Und hinter dem Zaun? Am anderen Ende der Welt? Da war meine Familie zur „No Kings“-Demo. Es wurde gesungen und getanzt und alle hatten selbstgestaltete Plakate mit. Im Vorfeld waren die Schreibwarenläden in L.A. wie ausgefegt. Sowohl Bastelpappe, als auch dicke Stifte waren aus. Alte und Junge waren da, Familien, Menschen im Rollstuhl, Althippies und Veteranen. In Santa Monica wurde „we are family“ gesungen. Nicht nur mir in der Ferne machte das Mut. Mein Sohn war in Berlin zur Demo. Ich bin stolz auf meine Kinder. Mehr dazu wird es hier nicht geben. Ich hoffe nur, dass der ganze Irrsinn in der Welt nicht weiter eskaliert, mein Enkel in Ruhe aufwachsen kann und meine Rose auch in einigen Jahren noch so schön blüht.
Manchmal sehne ich mich danach, Dinge zu sehen, zu hören, zu fühlen, die friedlich sind. Ruhe sollen sie ausstrahlen, weg sein von jeglicher Panikmacherei. Nein, ich ignoriere nicht die Realität, aber ich brauche diese Momente, um meine Kraft zu behalten und klares Denken.
Jeden Tag, seit Januar, habe ich über das Netz beobachten können, wie sich am Big Bear Lake aus zwei winzigen Weißkopf-Seeadlern kräftige Jungvögel entwickelt haben. Das haben sie ihren Eltern zu verdanken, die sie mit reichlich Futter versorgt und beschützt und behütet haben. Die beiden Geschwister beobachten zu können, ist eine Freude. Sie machen alles zusammen, lernen voneinander, kuscheln. Bestimmt fliegen sie auch zusammen weg, wenn der Tag gekommen ist.
Die Schwestern trainieren jedenfalls schon fleißig. Man ist inzwischen fast sicher, dass es zwei Mädchen sind. Ehe ich schlafe, muss ich noch schnell mal schauen, was die Adler machen. Dann ist alles gut und ich finde Ruhe in den unruhigen Zeiten. Wenn es doch nur überall so friedlich sein könnte.
Die San Bernardino Mountains, in denen sich der See und der Adlerhorst befinden, hatte ich vom Flugzeug aus gut sehen können. Auch als wir eine Schifffahrt auf dem Ozean gemacht haben, konnte ich das Gebirge in der Ferne betrachten. Irgendwann fahre ich da mal hin, nahm ich mir vor. Daraus wird wohl vorerst nichts werden. Ich war auf dem Weg, mein Bild von einem anderen Land auf den Prüfstand zu stellen, alle Voreingenommenheiten beiseite zu schieben, das Gute zu sehen und viel an Eindrücken mit nach Hause zu nehmen. All mein Denken und Fühlen hat es aber jetzt wieder arg durcheinander gewirbelt. Ich werde weiter Kontakte pflegen und wer weiß, vielleicht wird doch noch einiges gut. Ich möchte es zu gerne glauben.
Mit Seeadlern kann ich hier nicht dienen, aber meine Stare machen ihre Sache auch gut. Ich muss mir schon überlegen, wie und wofür ich Geld ausgebe. Für die Vögel vor meinem Fenster verzichte ich halt mal auf etwas anderes. Es macht mir so viel Freude, das Treiben da draußen zu beobachten! Die Stare werden sich bald wieder auf den Weg machen. Ich freue mich jetzt schon darauf, wenn sie im nächsten Jahr wieder zu mir kommen. Dafür putze ich da draußen halt auch mal öfter.
Auch das sind friedliche Bilder. Aber die Lebendbedingungen für die Vögel werden immer schwieriger. Grünflächen werden zugebaut, Bäume und Büsche entfernt und damit Nistmöglichkeiten. Ich will versuchen, wenigstens für ein klitzekleines Stück Normalität zu sorgen. Und genau das wünsche ich mir für die ganze Welt.
Nachtrag: Sunny, das vier Tage ältere Adlermädchen ist gestern ausgeflogen.
Es ist gerade viel los bei mir und ich bin viel unterwegs. Bloß raus aus der Bude! Mein Vermieter, die Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt, hatte zu einer Geburtstagsfeier eingeladen und ich sagte zu. Es war ein geselliges Beisammensein. Das war mir das Wichtigste. Das Gläschen Sekt zum Anstoßen, Kaffee und Kuchen und ein schöner Strauß Geburtstagsblumen durfte natürlich auch nicht fehlen. Die nicht gut zu Fuß waren, wurden abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht.
Anwesend war der Bauleiter der Genossenschaft, der davon erzählte, was als nächstes geplant ist und überhaupt, wie es der Genossenschaft geht. Alles war sehr interessant und auch beruhigend. Ich bin froh, Mitglied gerade in dieser Genossenschaft zu sein. Schon zu DDR-Zeiten hat sie daran gedacht, dass manche Häuser Rampen bekommen müssen. So kommen indessen auch Menschen in ihr Haus, die keine Treppen steigen können.
Ach ja, in dieser Woche habe ich zum Beispiel ein neues Fenster und eine neue Balkontür bekommen. Durch die Alten zog es wie Hechtsuppe. Das hat jetzt ein Ende und ich fühle mich wieder wohl und bin sehr dankbar
Raus aus der Bude musste ich gleich nochmal. Ich hatte dem Frauchen vom Besuchshund Max versprochen, mit ihr in ihren Garten zu fahren. Es musste dringend gegossen werden, denn Regen ist bei uns nicht wahrscheinlich. Also sind wir los, sie mit Fahrrad und dem Max im Hundetrolly hinten an und ich mit dem Fridolin. Windig war es sehr und im Garten hatte es Lilien umgeworfen. Die Schnitt die Gartenbesitzerin kurzerhand ab und schenkte sie mir. Und so zogen bei mir gleich zwei Blumensträuße an einem Tag ein.
Um „Raus aus der Bude“ geht es diesmal nicht, eher draußen vor der Bude. Ich habe mich gefreut wie Bolle, denn heute sind die ersten neuen Stare aufgetaucht bei mir. Ich habe es bei den wenigen Bildern belassen und habe auch das Fenster nicht geöffnet. Unruhe will ich nicht bringen in die Vogelschar da draußen. Jetzt wird es nicht mehr lange dauern, dann ziehen sie weiter. Im nächsten Jahr werde ich mir zum Geburtstag Vogelfutter wünschen, denn im Moment fressen sie mir die Haare vom Kopf. Die Freude, die ich empfinden darf, entschädigt mich für so einiges.
Heute mache ich mal zu Hause „einen Ruhigen“, aber morgen will ich mal wieder raus aus der Bude. Herr E. und ich wollen Eis essen gehen. Ab und an muss das mal sein und morgen ist auch noch ein besonderer Anlass. Na dann!
Lothar Flämig hieß er und er war mein Deutschlehrer und Klassenleiter an der EOS. Er bereitete uns auf das Abi vor. Oh ja, er hat uns eine Menge abverlangt, uns aber auch viel gegeben an Lebensphilosophie und Wissen. Nie hat er uns einfach vollgetextet und wir sollten das dann alles irgendwie Wissen. Er hat alles mit uns erarbeitet. Und dann saß das auch.
Manchmal probten wir aber auch den Aufstand. Ich auch. In Aufsätzen konnte ich machen, was ich wollte, er fand immer ein Haar in der Suppe. So sehr ich mich auch mühte, zu einem „Sehr gut“ reichte es nie. In einem Aufsatz muss mich der Teufel geritten haben, denn ich verwendete den Ausdruck „als wie“. Stehenden Fußes bekam ich einen Rüffel, mit dem Rotstift auf den Rand geschrieben. Bei der Aufsatz-Rückgabe regte ich mich auf. Schließlich hatte Goethe den Ausdruck im „Faust“ auch verwendet:
„Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor!“ – Faust Monolog (gekürzt) – Johann Wolfgang von Goethe –
Mein Deutschlehrer ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, meinte nur lapidar: „Das kannst du machen, wenn du mal mit Goethe auf einer Stufe stehst.“ Peng! Das hatte gesessen und ich habe den Ausdruck nie wieder verwendet.
Dann kam der Abi-Aufsatz. Einige Tage später fingen die anderen an zu nerven und zu fragen, ob er schon korrigiert hätte. Ich fragte lieber nicht, aber auch die anderen bekamen keine Antwort. Im Internat lief mir mein Lehrer über den Weg und sagte zu mir: „Jetzt hast du es geschafft.“ Wäääää! Ich hatte den Abi-Aufsatz versemmelt! In der Nacht schlief ich schlecht.
Zur Auswertung wollte ich gar nicht hin, musste aber. Mit der schlechtesten Note fing er die Auswertung an. Meinen Aufsatz zum Ansehen (die Abi-Aufsätze wurden archiviert) bekam ich als Letzte. „Sagte ich ja schon – jetzt hast du es geschafft.“ Zum ersten und zum letzten Mal hatte ich einen sehr guten Aufsatz geliefert. Endlich!
Und jetzt? Jetzt lese ich solche Bücher (eines hab ich von meiner Tochter bekommen; das andere hab ich mir im Antiquariat besorgt.), war zum Seniorenstudium an der Uni am Germanistischen Institut, lese Korrektur und möchte, dass unsere Sprache mit all seinen Facetten erhalten bleibt. Sie ist nämlich schön und wunderbar ausdrucksstark.
Mein Deutschlehrer lebt nicht mehr. Ich hatte vergessen, ihm zu sagen, dass ich ihm dankbar bin für das, was er mir und den anderen gegeben hat. Das tut mir leid, aber ich mache es jetzt noch nachträglich auf diese Weise. Ich danke Ihnen, Herr Flämig.
Es gibt mal wieder eine ganze Menge, was da so auf uns herein prasselt, im Lande und auch in der Welt. Manches überrascht mich nicht, z.B. das was auf den Weltmärkten gerade los ist. Risiken der Globalisierung wurden mir schon im Ökonomiestudium um die Ohren gehauen. Und wer die wissen will, kann seine Haus-und Hof-KI fragen. Die kann das fein zusammenfassen. Also: Vieles in der Weltpolitik überrascht mich nicht.
Als Einzelner scheint es, dass man gegen Windmühlenflügel kämpft. Sind wir viele, können wir schon einiges erreichen. Dass sich die EU gründete erschien mir übrigens folgerichtig. Ich hab anno dunnemals eine Ausbildung zum EU-Referenten gemacht. In dem Bereich hätte ich auch gearbeitet, wenn es möglich gewesen wäre. Damals habe ich mich nicht als Europäer gefühlt, heute aber schon. Diese Entwicklung hat der orange Mann gut forsiert und dafür muss ich ihm dankbar sein. Europäisches Denken steht bei mir nicht im Widerspruch damit, dass ich kulturelle, sprachliche, regionale Gegebenheiten und Bräuche erhalten und pflegen will.
meine Zeichnung von der Taube, gekritzelt mit dem Finger auf dem Pad
Natürlich schaue ich auch, was sich jenseits des großen Teiches tut. Einerseits wohnen ein Teil meiner Familie und Freunde dort, und andererseits hat alles, was dort ausgeheckt wird auch auf unser Leben unmittelbaren Einfluss.
Es ist nicht gerade leicht, sich zurechtzufinden in den bewegten Zeiten. Das gebe ich zu. Informieren muss man sich aber schon, ohne den ganzen Tag mit dem Handy da zu sitzen und zu schauen, was da so reindonnert über alle möglichen Netzwerke. Das könnte so richtig kontraproduktiv werden.
Ganz persönliche Konzepte, wie man in verschiedenen Situationen zurecht kommt, entwickelen wir gerade in der Familie, in der Nachbarschaft und in unseren Vereinen oder Organisationen, die wir für uns gefunden haben. Wir hatten schon mal ein besseres Zusammengehörigkeits-Gefühl und ich glaube, da tut sich wieder etwas.
Gleich starte ich zur Hunderunde und habe bestimmt irgendwann mal etwas zu erzählen vom Max, dem Wildfang. Am Dienstag gehe ich zum Autorenstammtisch in Leipzig-Grünau. Und morgen starte ich ein neues Wollprojekt. Ich setze mich dazu in den Garten und sehe den ersten Blumen beim Wachsen zu. Wenn es dann wieder Fotos oder Zeichnungen von Blümchen und viel blauen Himmel gibt, dann heißt das nur, dass ich zufrieden mit mir bin und dass es mir gut geht. Weltpolitik gibt es nur in Häppchen.
Schön war es draußen, angenehm mild und auch die Sonne blinzelte mal durch die Wolken. Über trieben hat sie es nicht, aber immerhin. Nachdem wir unser Kreuzchen gemacht hatten, wollten wir nicht gleich nach Hause. In Grünau ist Sonntags überhaupt nichts los, aber wir haben wenigstens einen Sonntagsspaziergang am Wahltag durch das Viertel gemacht.
Ein Hauch von Frühling durch viele blühende Winterlinge
Es waren viele Menschen unterwegs und so ahnte ich schon, dass die Wahlbeteiligung heute hoch war. Ansonsten überrrascht mich nichts. Es war fast alles vorhersehbar, fast, denn über eine Zahl bei den ersten Hochrechnungen freue ich mich sehr. Bei mir stand schon lange fest, wie ich wählen werde. Trotsdem habe ich den Walomat einmal bemüht. Sein Ergebnis auf meine Antworten deckte sich genau mit dem, was ich eh vorhatte zu wählen. Gut.
Wir wählen in der nahen Schule. Es gibt einen Aufzug und eine Wahlhelferin oder ein Wahlhelfer sorgte dafür, dass ich mit dem Rolli gut ins Wahllokal kam. Dafür habe ich mich auch bedankt.
Ich finde es gut, dass es in unserer Familie viel Einigkeit und Engagement für die Demokratie gibt. Keiner steckt den Kopf in den Sand. Mir macht das Mut. Mit dem heutigen Tag wird das nicht zu Ende sein. Ich denke, es gibt ab jetzt viel zu tun.
Zurück vom Sonntagsspaziergang brauchte ich erstmal einen großen Pott Kaffee. Jetzt sitzt Herr E. mit Kopfhörern vor dem Fernseher. Ich will nichts hören, sehe mir nur mal ab und zu die Zahlen an. Manche Reden von einigen Politikern ertrage ich gerade gar nicht. Bald werde ich wieder richtig gerne auf meinen Balkon gehen.
So, dem Fernseher drehe ich den Rücken zu und lasse mal wieder meine Strickndeln klappern.
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