Wenn es still wird

Ein Vogel steigt niemals zu hoch, so lange er seine eigenen Flügel benutzt.
No bird soars too high, if he soars with his own wings.
– William Blake –

Spatzen gibt es bei uns wieder viele. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es viele Hecken und Büsche gibt und dass ihnen etliche Nachbarn Futter und Wasser geben. In der Nähe meines Balkons steht ein Apfelbaum und dort ist öfter fröhliches Beisammensein. Still geht es da überhaupt nicht zu. Eher gibt es aufgeregtes Geschnatter oder auch die eine oder andere Auseinandersetzung.

Er ist nicht still; er will Futter!
„Huhu! Ich bin es.“

Auch an meinem Futterhaus auf der anderen Seite des Hauses war viel los. Die Vogeleltern brachten eines Tages ihre Jungen mir und die waren wahrscheinlich der Meinung, dass der am meisten bekommt, der am lautesten schreit. Es war arg laut und wenn irgendwas sie aufscheuchte, flogen ca, 50 Spatzen in die Luft. Wie die bloß auf sowas kommen?

Warten auf die Mutter mit Futter
„Wo bleibt die Mutti denn?“

Drei bis fünfmal brütet ein Pärchen im Jahr, abhängig vom Wetter und vom Futterangebot. Die Jungen vor meinem Fenster sahen gut genährt aus und schön fluffig, während die Vogeleltern arg zerzaust und abgerissen erscheinen.
So zwei Tage füttern sie ihre Jungen noch, die nun ihren Eltern zu den Futterplätzen folgen. Die „Zwerge“ hockten auf Zweigen, piepsten jämmerlich und flattern mit den Flügeln. Irgendwann kommen die Eltern nicht mehr, egal wie laut sie rufen, und dann müssen sie alleine picken.

Ich bin still, ich kann es schon alleine
„Macht nicht so ein Theater! Wir sind schon ganz groß und können das alleine.“

In Gesellschaft lebt es sich besser und so schließen sich die Kleinen zu einer Gruppe zusammen, während die Eltern schon wieder brüten oder sich aus dem Staub gemacht und endlich frei haben. Alles wird in der Gruppe zusammen gemacht und auch beim Schlafen hockt man nebeneinander. Im Winter ist das ganz gut.
Viele Augen sehen mehr als zwei und dann hört man manchmal einen Warnruf und dann ist es plötzlich ganz still. Man will ja dem nahen Bussard, der Krähe oder Nachbars Katze nicht verraten, wo man hockt.

Schnabel voll
„Schnau…, äh, Schnabel voll!“

Und dann kommt die Zeit, wo einen das laute Spatzengeschnatter nicht mehr früh weckt. Wo sind sie denn plötzlich hin?

  • Wenn Felder in der Nähe sind, fliegt der Schwarm dorthin und bedient sich reichlich an dem, was da so wächst oder nach der Ernte ausgefallen ist.
  • Während der Mauser (Federwechsel) ist man lieber still, denn es fliegt und flüchtet sich in dieser Zeit einfach nicht gut.
  • Die Jungen suchen sich neue Reviere, meist nur einige km vom Nest entfernt.
  • Die Brutzeit ist vorbei. Ein Nest muss nicht mehr mit Gesang verteidigt werden und einen Partner muss man auch nicht mehr bezirzen. 

Viele Beobachtungen konnte ich jetzt machen und viel gelesen über unsere kleinen, gefiederten Nachbarn habe ich auch. Warum habe ich das bloß nicht schon früher mal gemacht. Ich weiß jetzt was ich füttern kann und warum Nüsse für die ganz kleinen Vögel gefährlich sind und noch einiges mehr.

Traurig gemacht hat mich die Tatsache, dass nur 20 bis 30 Prozent das erste Jahr überleben. Es so vielen wie möglich zu ermöglichen betrachte ich als meine Aufgabe. Das ist eines von den kleinen Dingen, die ich machen und kontrollieren kann. Es soll nicht irgendwann mal ganz still sein.

Na denn macht mal euer Ding! Ich hoffe, dass ich viele von euch auch im nächsten Jahr wieder sehe. Futter jedenfalls ist wieder bestellt. Ihr seid mir sehr ans Herz gewachsen.

Handstulpen und sonstiges Farbiges

Es sieht draußen aus wie Weltuntergang. Mein Sohn ist zu Besuch und die Männer sind Angeln gegangen. Dafür ist das Wetter ja nie schlecht.
Ich mag mich jetzt nicht an das feuchte Ufer eines Sees setzen und arbeite lieber zu Hause an den Handstulpen weiter und sticke.

gestrickte Handstulpen besticken - fast fertig

Fertig sind die Stulpen noch nicht, aber fast. Dann versorge ich mal noch den zweiten Arm mit einer Handstulpe. Die Wolle tut Hand und Armgelenk gut und über Farbiges freue ich mich gerade besonders. Ich habe nun mal bunte Kleidung und da passen die Armstulpen gut. Ich muss mir keine Teuren kaufen, will das auch nicht.

bestickte Handstulpen aus selbstgesponnener Wolle

Auf dem Balkon werden die Tomaten gelb. Sie sind so und schmecken sehr gut. Im Garten war ich ein ganzes Weilchen nicht. Herr E. sagt, dass viele Kürbisse wachsen und Gurken und Bohnen auch. Ich muss da wieder mal hin und schauen.

Die Tomaten werden reif und das in meiner Lieblingsfarbe.

Vor dem Fenster tummeln sich viele Spatzen und Meisen. Die Jungen siehen manchmal „ordentlicher“ aus als die gestressten Eltern. Inzwischen fressen fast alle alleine. In der Mauser sind sie alle. Die Spatzen bekommen ihre schöne Färbung an den Flügeln. Mein Zorro oben links sieht aus wie ein begossener Pudel, aber es regnet ja auch. Wer weiß, vielleicht landet sein Abbild irgendwann auch auf Handstulpen.

Menschen, die mir guttun

Nein, ganz jung bin ich nicht mehr. Jetzt fiel mir mal ein, dass ich mich im Laufe meines Lebens mit doch einer ganzen Menge Menschen umgeben habe. Das lag an meinem Beruf, aber auch so bin ich recht kontaktfreudig. Da haben sich einige Bekanntschaften angesammelt und nicht alle konnten mir guttun. Über letztere will ich nicht schreiben. Ich lasse sie einfach außen vor, wie im Leben halt auch.

Was aber sind das für Menschen, die mir guttun?
Es ist keine Frage der Zeit, wie lange ich die Menschen kenne. Manche begleiten mich schon ein ganzes Leben lang; anderen bin ich viel später erst begegnet. Die Länge der Verbindung scheint überhaupt keine Rolle zu spielen. Manche Beziehungen tun mir von Anfang an gut, während andere mich irgendwie ausgelaugt und ein bisschen hilflos zurücklassen.

  • Ich merke das schon an der Körperhaltung. Bin ich angespannt oder entspannt? 
  • Habe ich einen Stock verschluckt, oder kann sich mein Körper fallen lassen? 
  • Kann ich ungezwungen reden? 
  • Bin ich bereit, mich dem anderen Menschen zu öffnen, vielleicht, weil er es mir gegenüber auch tut? 
  • Werden meine Grenzen akzeptiert? Oder muss ich mich dauernd rechtfertigen?
  • Fragt auch mal jemand nach oder erinnert sich jemand an Dinge, die mir wichtig sind und zeigt so, dass ich ihm wichtig bin?
  • Fühlt sich alles leicht und unbeschwert an, wenn ich mit dem Menschen zusammen war?

Wenn vieles mit „JA“ beantwortet werden kann, dann habe ich Menschen getroffen, die mir guttun. Und von Zweien will ich heute schreiben.

Der erste Mensch ist mein Physiotherapeut.
Ach, ich bin schon einigen begegnet, war aber immer froh, wenn die Behandlungszeit um war. Jetzt ist das anders. Er weiß viel, erklärt mir alles gut und wenn ich wieder mit viel Motivation nach Hause gehe, dann ist alles ein bisschen leichter und die Schmerzen sind weniger. Ich habe Vertrauen und das ist gut so, denn ich kann meinen Körper wieder ein bisschen mehr leiden als früher. Was das Rheuma „geschrettert“ hat wird nicht wieder heile, aber anderes kann ich hegen und pflegen, und erkunden, was ich mir zutrauen kann und was nicht. Ich muss immer mein bester Therapeut sein, sagt er.

Vielleicht hat sich der eine oder andere schon gefragt, was die Vögel im Beitragsbild sollen, wo es doch laut Überschrift um Menschen gehen soll.

eine von den Menschen, die mir guttun
eine von den Menschen, die mir guttun

Die Vögel sind die Schützlinge einer Nachbarin von zwei Häusern weiter, die mir einen gute Freundin geworden ist. Jeden Tag schafft sie den Vögeln Futter raus und bringt ihnen Wasser. Sie pflegt „ihr Gärtchen“ und karrt mit ihrem Rollstuhl Blumenerde an. Eine unglaublich starke und lebensfreudige Frau ist sie. Und mir hat sie beigebracht, dass man manchmal schon Unsicherheiten haen darf im Umgang mit der eigenen Behinderung, auch mal Wut auf sich hat oder sich selber nicht leiden kann. Nur ein Dauerzustand darf es nicht werden. Man lernt es, damit umzugehen und das nicht zuzulassen. Sie hat mir sehr geholfen.

Nein, über Krankheiten reden wir nicht andauernd. Sie ist ein Mensch, mit dem man sich über so vieles austauschen kann. An einem Hobby hält sie eisern fest, dem Nähen. Das ist nicht gerade einfach, wenn man sich nur auf seine Hände verlassen kann.
Egal, was noch passiert, es gibt Menschen in meinem Umfeld, die mir guttun, die wichtig sind und die mit ihrer Art, ihrem Wissen und Können dafür sorgen, dass mein Kopf immer schön oben bleibt. Und ich lege jetzt noch mehr Wert darauf, ein bissel Wärme und Freundlichkeit weiter zu geben. Das tut nicht weh.

Die geschenkte Wolle wird verarbeitet.

(Ich muss mich einfach mit Gutem beschäftigen, sonst werde ich erdrückt.)

Wolle hatte ich geschenkt bekommen. Diesmal habe ich sie anders gewaschen als sonst. Es waren die heißen Tage. Wir haben zwei schwarze Wannen aufgestellt und mit Wasser gefüllt. Dahinein kam die Wolle, als das Wasser warm war. Jeden Tag kam sie in sauberes Wasser, bis das Waschwasser sauber blieb.
Das Wasser (Regenwasser) haben wir danach zum Gießen verwendet, so dass die Pflanzen im Garten gleich eine gute Düngung bekamen.

Es war das erste Mal, dass ich das so gemacht habe. Mit dieser Methode, nur mit Wasser, muss ich noch ein bissel Erfahrungen sammeln. Ich weiß nicht, wie sich die Wolle weiterhin verhält, denn sie ist noch mit viel Lanolin behaftet. Und deshalb habe ich mich beeilt, die Wolle zu verarbeiten.
Ich habe das dunkle Gefühl, dass mir das mal noch viel nützen kann.

die Wolle wird mit Handkarden bearbeitet

Nach dem Waschen habe ich mich an das Kardieren gemacht. Noch einmal wurde alles herausbefördert, was nicht in der Wolle sein darf und die Fasern wurden in eine Richtung gelegt.

Mit der Kardiermaschine geht alles etwas schneller. Ich habe nach beiden Methoden die aufbereitete Wolle verarbeitet. Einen Qualitätesunterschied gab es nicht. Im Garten werde ich also auch öfter die Handkarden schwingen.

die Wolle ist verarbeitet

Dann konnte ich endlich an mein geliebtes Spinnrad.
Das leise Surren hat etwas sehr Beruhigendes und die gleichmäßigen, sanften Bewegungen tun Körper und Seele gut. Bei der Arbeit am Spinnrad kann ich mal alles vergessen, was mich gerade umtreibt. Ich bin kein weinerlicher Typ, aber jetzt passiert mir das schon mal öfter, wenn ich an die Umwelt denke (mal etwas weiter weg als im eigenem Ländle), an die vielen sozialen Probleme und an den Reichtum einiger weniger, aber auch an den Umgang miteinander.

abwickeln

Meine Spinnprobe habe ich gleich mit dem Wickeldorn abgewickelt. Bei der kleinen Menge hatte ich keine Lust, die Haspel zu bemühen und ich brauchte zwei Fäden, von innen und außen.
Das sind solch oft gemachten Tätigkeiten, dass ich nicht viel nachdenken muss. Bei anderen Sachen bin ich gerade arg unkreativ. Die stirbt einfach, wenn man Ängste hat und Sorgen. Manchmal gehe ich meinem eigenen Blog aus dem Wege.

Wolle verzwirnen aus dem Knäuel

Gezwirnt habe ich gleich aus dem Knäuel heraus. Man muss die Finger und das Knäuel ständig bewegen, aber es geht gut und es bleibt kein Rest. Da ich meine Rheumafinger eh bewegen muss, kann es nur gut sein.

Der Schenkerin der Wolle werde ich die Bilder zukommen lassen. Sie freut sich nämlich, wenn ich ihre Wolle verarbeite. Und ich freue mich, dass ich sie habe. Außer Zeit und Kraft hat sie mich nichts gekostet. Mal sehen, was daraus wird.

Es gibt für mich noch mehr zu tun: Wundsalbe herstellen, Magentropfen ansetzen, Johannisbeeren einkochen, für den Enkel etwas häkeln, was mit ins Päckchen soll … Und ich brauche einen Zukunftsplan. Ich überlege, wo ich hin will.
Ich denke, ich habe da eine Idee.

Regen

Der Regen benetze nicht nur die Felder,
sondern auch die verwundeten Herzen.
– Altirischer Segenswunsch –

Kaffee trinken unter dem Dach der Terrasse.
Und dann sah ich im Gartenteich einen Tropfen hineinplumsen. Und dann noch einen und noch einen. Regen. Es begann wirklich zu regnen. Wie oft habe ich mir das gewünscht!

Regen

Endlich musste mal nicht entschieden werden, wo man mit der Gießkanne hin wandert und was noch warten muss. Es gab genug für alle Pflanzen und auch den Tieren wird es gut tun. Schnuffi (unser Garten-Igel) wird bestimmt trotzdem wieder zum Teich kommen.
Ich freute mich wie Bolle über den Regen. Wie gut das roch!

Regen auf der Rose

Hinterher war alles wie blank geputzt. Die Vögel hüpften durch das Gras. Es roch nach feuchter Erde. Ich bildete es mir bestimmt nur ein, aber es schien, als ob sich die Bäume und Büsche aufrichteten, dem Regen entgegen. Für den nahen Auwald ist es viel zu wenig.

Anderswo ist die Aussicht auf Regen ganz schlecht. Wenn ich von Hungersnöten lese und Bilder von verdurstetem Vieh sehe, wird es mir eng ums Herz. Und wieder treiben mich die Gedanken um, was ich als winziges Rädchen im Getriebe tun kann. Zwei umsetzbare Sachen sind mir eingefallen.

Wolle aufhängen nach dem Regen

Die Wolle, die ich geschenkt bekommen habe, ist gewaschen und darf nun trocknen. Ein bisschen Regen macht ihr nichts aus. Das ist wie weichgespült.
Wenn sie trocken ist, werde ich sie verlesen und kämmen.
Ich würde gerne das Spinnrad mit in den Garten nehmen.

Der Alchimist

Auszug aus dem Gedicht „der Alchimist“

Seltsam verlächelnd schob der Laborant 
den Kolben fort, der halbberuhigt rauchte. 

Rainer Maria Rilke

Die Alchimistenküche

Öle und Fette werden im Wasserbad erwärmt und geschmolzen

Ich war dabei, meine Spitzwegerichsalbe herzustellen, als mir Rilkes Gedicht einfiel. Der Laborant bei Rilke wollte Gold herstellen. Gut, etwas golden sieht meine Salbe aus und sie ist auch ganz kostbar, aber Gold ist es eben nicht. Das brauch ich aber auch nicht. Ich glaube aber, „seltsam verlächelnd“ stand ich aber auch am Herd. Wie ein Alchimist fühlte ich mich schon ein bisschen. Diese Salbe habe ich nicht zum ersten Mal hergestellt.

Als ich das Gedicht von Rilke nochmal nachlesen wollte stieß ich auf den Roman „Der Alchimist“ des brasilianischen Schriftstellers Paolo Coelho, ausgezeichnet mit dem Corine – Internationaler Buchpreis. Ich wurde neugierig und beschloss, das Buch zu lesen. Bereut habe ich das keinesfalls, denn Coelhos Schreibstil gefällt mir sehr und das was er zu sagen hat auch.
Gleich zu Beginn stieß ich auf eine Textstelle, die mich sehr berührte:

Denn alle Menschen haben immer genaue Vorstellungen davon, wie wir unser Leben am besten zu leben haben. Doch nie wissen sie selber, wie sie ihr eigenes Leben am besten anpacken sollen.

Aus Paolo Coelhos Roman „Der Alchimist“

Zurück zu meiner Salbe

Der Alchimist Gudrun zeigt die Zutaten zur Spitzwegerichsalbe
Zutaten für die Spitzwegerichsalbe

Einige Wochen vor dem Salbenrühren hatte ich frischen Spitzwegerich grob geschnitten und mit Olivenöl angesetzt. Einen Ölauszug habe ich so erhalten. Den verabeitete ich nun mit Cocosöl und Bienenwachs zu meiner Salbe.

Spitzwegerich ist eine sehr gute Heilpflanze. Das haben erst im vergangenem Jahr Forschungen an der Uni in Halle bestätigt. Die Salbe hilft nicht nur gegen den Juckreiz bei Insektenstichen, sie lindert auch die Beschwerden durch Neurodermitis und hilft bei der Wundheilung. Mein Sohn nimmt immer welche mit nach Schweden, weil sie Linderung bringt bei einem Knotts-Angriff. Einem Freund hab ich ein Döschen gegeben. Ihn hatten Grasmilben attackiert und er hatte sich schon blutig gekratzt bis zum Knie. Die Salbe half.

Der Traum

Die Hauptfigur in Coelhos Roman hatte einen Traum und den sogar zwei Mal. Er beschließt, das was er träumte umzusetzen.

Nur eines macht sein Traumziel unerreichbar: die Angst vor dem Versagen.

aus dem Roman „Der Alchimist“ von Paolo Coelho

Stimmt. Manchmal steht man sich nur selber im Wege. Und das bremst einen aus. Und wie!
Ach ja, ich habe auch einen großen Traum. Und jetzt habe ich meine alten Unterlagen wieder herausgesucht, weil ich sehen möchte, was ich davon umsetzen kann. Nein Gold aus Blei wird mir nicht gelingen, ein fetter Kontostand auch nicht. Aber das Lächeln, wenn etwas geschafft ist, das möchte ich schon mitnehmen.

Gestern habe ich mich geärgert. Ich habe eine schlechtheilende Wunde am Knie und musste in der Apotheke für ein kleines Tüblein Wundsalbe ordentlich ins Geldsäckchen greifen. Die Zutatenliste ist ellenlang und passt kaum auf die Packung. Lesen kann man es nur mit Lupe. Nachdem ich meine Kräuterbücher studiert hatte wurde mir klar, dass es nicht schwer ist, selber eine Wundsalbe herzustellen. Das wird nun mein nächstes Projekt und ein kleiner Schritt zur Erfüllung meines Traumes.
Ich freue mich sehr, dass ich diese Anregungen aus der Literatur bekam und lese jetzt mal noch ein bisschen.

Spitzwegerichsalbe
die Spitzwegerichsalbe aus meiner Alchimistenküche

Ein Platz in der Wollwäsche im Schatten wäre nicht schlecht.

Wollwäsche im Garten

Ich habe Wolle geschenkt bekommen. (Danke, Anja.) Die Wolle kommt aus der Eifel, hat einen weiten Weg hinter sich gebracht. Ich wollte nicht, dass sie lange in ihrer Kiste bleibt. Also habe ich mich zur Wollwäsche in den Garten verzogen und sortiert, gezupft, eingeweicht.

Die Mühe mache ich mir gerne, weil ich nicht möchte, dass dieser großartige Rohstoff weggeworfen wird.
Das Aussortierte lege ich an meine Pflanzen. Es hält den Boden kühler und ein bisschen länger feucht. Mit dem Wasser meiner Wollwäsche wird gegossen und gleichzeitig gedüngt. Und der Wolleschenkerin fertige ich bestimmt etwas aus ihrer Wolle.

Neben der Wollwäsche konnte ich aber auch noch sehen, was im Garten so los ist.

trotz Wollwäsche einen Blick für Gartenschönheiten

Meine gelbe Schafgarbe blüht, und das sehr ausdauernd. Ich muss noch Weiße ansiedeln, brauche die für meine Magentropfen.

der Phlox leuchtet

Der Phlox verblüht schon bald. Ihn werde ich bald schneiden müssen. Noch ist er ein schöner Farbtupfer im Garten.

einige Insekten sind auch da

Am Lavendel tummeln sich tatsächlich Insekten, so wie an meinem Sommerflieder vor dem Balkon. Im Garten finden sie reichlich Wasser am Flachbereich des Teiches und zu Hause steht eine Insektentränke mit Steinen und Moos. Mit dem Gastkater muss ich allerdings nochmal reden. Er hat zwar eine eigene Schüssel mit Wasser, aber das Wasser der Insektentränke scheint ihm besser zu schmecken. Die trinkt er regelnmäßig leer.

Herr E. ist bekennender Dahlienliebhaber. Sie blühen und sind sein ganzer Stolz. Ich mag sie weniger, aber sie stören mich auch nicht. Und so überwintern sie immer bei uns, dass sie im Jahr darauf wieder üppig blühen können.

Wohnung für Kafer und Co. - Totholz

Das ist da schon eher mein Ding: Totholz. Ehrlich, ich würde gerne mal darunter schauen, wer da wohnt, aber ich will nicht stören. Wer auch immer es ist, er soll sein bisschen Kühle genießen.

Ihnen geht es gut.

Ihnen geht es gut. Bisher haben sie immer den Winter gut überlebt und auch so gut auf sich aufgepasst. Überhaupt finde ich den Teich inzwischen gut. Viele Tiere kommen zum Trinken und am Rand blühen Wasserdost und Mädesüß für die Insekten.
Mit dem Bild meiner Seerose verabschiede ich mich. Kommt gut durch die Hitze und habt trotzdem ein schönes, friedliches und entspanntes Wochenende.

meine Seerose

Spinnert bin ich nicht, aber spinnen muss ich mal wieder.

Was will man auch machen, wenn es draußen so heiß ist? Man sucht sich eine ruhige Beschäftigung. Mich zog es mal wieder ans Spinnrad, denn ich wollte mal wieder spinnen.

spinnen, stricken und sticken - Rmstulpen entstehen

Sie sind schon verschenkt, aber ich brauche auch Armstulpen aus Schafwolle. Wenn das Rheuma in die Hände fährt, tun sie einfach nur gut. Ich habe viele „bunte“ Sachen. Und nun brauche ich eben auch Accessoires in den entsprechenden Farben. Also habe ich mir bei meinem liebsten Lieblingshändler Wolle bestellt und hab angefangen zu spinnen.

aus der Falte spinnen

Wenn die Wolle arg zusammengedrückt ist, spinne ich gerne aus der Falte. Dabei legt man die Wolle über den Finger, so dass ein Knick entsteht, eine Falte. Man zieht ein kleines Wollbüschel heraus, legt es an den Spinnfaden und beginnt zu spinnen.
Die Wolle ziehe ich nicht nach vorne aus, sondern die Hand mit der Wolle nach hinten. Das ist mir so sehr angenehm und ich kann gut bestimmen, wie der Faden werden soll.

Spinnen und Zwirnen: Das eine ist schon fertig; das andere muss noch werden.

Spinnen ist eine schön ruhige Tätigkeit. Auch wenn es gerade recht warm ist, spinnen kann man immer noch. Und so manche Nachricht, die mich aufregen würde, kann ich nun recht nüchtern betrachten.
Oh nein, ausgeblendet wird da gar nix.

Die Schafwolle ist mir zu kostbar, als dass ich Reste lassen würde. Ich wiege schon ab, aber meist ist eine Spule etwas mehr gefüllt. Das Übrige trenne ich beim Zwirnen ab, mache mit dem Wickeldorn ein Knäuel, lege die beiden Enden versetzt wieder an und zwirne weiter. So bleibt kein Rest.

Das Verfahren habe ich schon so oft gemacht, dass es Ruck-Zuck geht. Man sieht es nicht, dass etwas angesetzt ist.
Manchmal überlege ich, ob ich meine Erfahrungen weitergeben sollte. Ich könnte mir noch zwei oder drei Spinnrader zulegen und Spinnkurse geben. Es tut mir nämlich in der Seele weh, wenn ich immer wieder höre, dass bei uns Wolle weggeworfen wird. Man kann so viel daraus machen.

Probestickerei

Ich habe mir solche Probeläppchen gestrickt. Auf denen probiere ich die Elemente aus, die ich auf den Armstulpen haben möchte. Wenn ich damit fertig sein werde, nähe ich sie zusammen und habe eine kleine Decke. Ich selber habe keine Katze mehr, die ich damit beglücken könnte. Aber vielleicht freut sich mein Gastkater über eine Decke in seinen Korb auf dem Balkon.

Mein Arbeitsplatz zum Spinnen

Ich begebe mich jetzt wieder an meinen Arbeitsplatz. Auf dem Balkon wird es langsam duster und die Mücken fangen an, mich zu belästigen.

À propos: Das Dunkle im Glas auf dem Fensterbrett, da hinten, ist in Olivenöl eingelegter Spitzwegerich. Nach einer Ruhezeit, wird abgegossen und das Gemisch zu Salbe verarbeitet. Eine gute Wundsalbe wird das und dazu noch eine gegen Juckreiz und Schwellungen. Aber davon erzähle ich das nächste Mal.

Zeit scheint etwas zu sein, was ich zuwenig habe.

Eigentlich wollte ich noch viel mehr erzählen von Nürnberg, aber ich werde mich kurz fassen. Ich habe in der kurzen Zeit viel gesehen und viel erlebt, zahlreiche Fotos gemacht, so wie mir es mir eben möglich war. Das werde ich mir bewahren.
Der zweite Tag war so ganz anders. 28 Grad hatten wir und die Sonne gab alles, d.h. ich hatte am Ende des Tages einen Sonnenbrand auf der Stirn.

Zwei Stadtführungen haben wir mitgemacht, eine zu Fuß und eine in einer kleinen Bahn. Die zu Fuß war die Schönere. Da ich im Rolli war, baute der Stadtführer extra die Route etwas um, denn Treppen hätte ich nicht bewältigen können. Der Rolli und ich haben so alles prima geschafft, wenn ich auch die Befürchtung hatte, dass abends mein Kopf im Bette wackelt von der argen Ruckelei über das Kopfsteinpflaster.

Es war sehr interessant, was der Stadtführer zu erzählen hatte: von den Kirchen, den Handelshäusern, der Burg und der Stadtmauer, vom Henkersteg und dem Henkerhaus, von Hans Sachs und Albrecht Dürer. Die Legende von der Nürnberger Wurst erfuhr ich und was es mit dem Männleinlaufen am Giebel der Frauenkirche auf sich hatte. Jeden Tag um 12 Uhr mittags läuten die Kirchenglocken am Hautpmarkt und nach dem Vorspiel der Posaunenbläser, Trommler und Pfeiffer mussten die Kurfürsten an Kaiser Karl IV. vorbei ziehen.

Es machte mich traurig, als der Stadtführer uns Fotos zeigte, wie es nach dem Krieg in der Innenstadt aussah. Nein, alles konnte man nicht wieder aufbauen.
Auch in Nürnberg gibt es die Alststadtfreunde. 20 Altstadthäuser hat der sehr aktive Verein vor dem Abriss bewahrt, mit Millionenaufwand saniert und damit über 70 Wohnungen und einige Läden geschaffen. Zudem haben sie zahlreiche historische Elemente wie Erker oder Hausfiguren ins Stadtbild zurückgebracht. 

In zwei Museen wollte ich, aber das ging dann nicht mehr. Ich war zu müde. Das Reichsparteitaggelände, im Südosten Nürnbergs habe ich nicht besichtigt. Ich kenne seine Geschichte und das größenwahnsinnige Projekt von Hitler und Speer. Es wurde nie fertig und das was 1000 Jahre halten sollte, krümelt vor sich hin. Es gibt interessante virtuelle Rundgänge durch das Museum.

Ich kannte diese Zeit aus der Geschichte. Meine Eltern und Großeltern haben davon erzählt. Ich bin sehr froh, dass bei uns zu Hause ehrlich gesprochen wurde und ich auch alles fragen konnte. Nichts wurde verschwiegen. Jetzt habe ich mir auch mal den Film der Riefenstahl und auch einen über sie angesehen. Ich wollte zum Beispiel wissen, wie Propaganda damals funktionierte und was für mich heute wichtig wäre.
Mein Opa ist und bleibt für mich ein großes Vorbild. Mich prägten einerseits seine Einstellungen in der Zeit des Faschismus im Lande und andererseits sein Handeln, als das Kind im Brunnen zu liegen schien. Ich glaube, gerade jetzt brauchte ich diesen „Ausflug“ nach Nürnberg. Meiner Tochter bin ich sehr dankbar, dass sie ihn mir ermöglicht hat.

So,
und nun reiche ich endlich mein Wollprojekt zu einem Wettbewerb ein. Meine neusten Pflanzen und Kräuterexperimente muss ich auch noch dokumentieren, Nietzsche weiterlesen, spinnen und sticken …
Ich sage es doch: Ich habe zu tun und immer zuwenig Zeit für alles, was mir im Kopf herum spukt.

Ich wollte Handwerk erleben.

Bei unserem Gang durch Nürnberg, trotz Regen und empfindlicher Kühle, besuchten wir auch den Handwerkerhof, nahe der Burg. Ich hatte ihn angepriesen bekommen, als ich mir schon vor der Reise Sehenswürdigkeiten aufzeigen lassen hab. Ich musste dahin. Altes Handwerk interessiert mich nun mal sehr und noch immer geistern einpaar Träume in meinem Kopf herum.

Viele Bilder habe ich nicht. Es war grau, duster und regnete ab und an. Trotzdem waren viele Menschen unterwegs. Dass es hier so leer aussieht, ist ein Zufall und ein großes Glück für mich. Fotografieren aus dem Rollstuhl heraus war schwierig. Es rannte mir ständig jemand ins Bild und dann hatte ich mach stattlichen Ar*** im Bild, äh, Poppes meinte ich.

Schön sieht es hier aus, aber ich war trotzdem enttäuscht. Ich hätte gerne mal zugesehen, wie etwas gefertigt wird, Handwerk erlebt, aber es war vor allem eine Fressmeile und ein Souvenir-Verkauf. Und weil es gerade wieder anfing zu regnen, hielten wir uns auch nicht sehr lange auf.

Das sind die Hühner, die ich im letzten Beitrag erwähnt hatte. Die hätte ich gerne auf meiner Balkonbrüstung sitzen, einerseits, weil ich selber keinen Hühnerstall haben kann (ich hätte gerne einen) und andererseits, weil die Holzfiguren nicht so empfindlich sind, wenn von oben etwas auf die Balkonkästen tropfelt oder fliegt.
Nach dem Preis für die Hühner aus Holz habe ich nicht gefragt. Ich hätte ihn nicht bezahlen können.

Der Gedanke an altes Handwerk hat mich aber wieder dazu gebracht, in die Puschen zu kommen und zu werkeln. Was, das erzähle ich ein andermal.