Einen guten Tag den Damen!

Der Damen-Versteher

Abends sitze ich gerne mit meiner Freundin Jutta auf der Rampe, dem Weg vor dem Haus.
Die Sonne ist dann hinter den Häusern gegenüber verschwunden und es ist angenehm kühl. Nichts geht doch über ein kleines Schwätzchen in Gemeinschaft und nichts kann dann die beiden Damen Jutta und Gudrun stören.
Damen? Jawohl.

Zwei Häuser weiter wohnt ein älterer Herr, der jeden Tag seine Runden dreht und über die Rampe nach Hause wollte.
Schick, sah er aus, mit heller Hose, feinem Hemd und Sommerhut auf dem Kopf. Er lief nicht einfach die Rampe entlang, er tänzelte fast.

Als er bei uns angekommen war, zog er elegant seinen Hut und deutete eine leichte Verbeugung an. „Einen wunderschönen Tag, wünsche ich den Damen“, meinte er. Mir blieb gar nichts anderes übrig als gönnerhaft den Kopf zu neigen und zu entgegnen: „Danke, der Herr, auch Ihnen einen guten Tag.“ Und dann lachten wir Drei erstmal herzhaft.

Lachen tut so gut und freundlicher, lustiger Umgang miteinander auch. Irgendwie hat jeder sein Päckchen zu tragen und sollte das ab und zu vergessen dürfen. Wir kennen uns ja und müssen wirklich nicht mufflig und stumm aneinander vorbei gehen.
Und so leisteten wir uns einen kleinen Plausch. Sieben Kilometer war der Mann gelaufen. Das macht er sehr oft so, denn das hält ihn jung, sagt er. Dabei ist er gerade 80 geworden. Nach seinem Tagesmarsch kehrt er noch in der Kleinen Kneipe auf ein Bier ein. (Die Kneipe ist wirklich winzig.) Nach unserem Schwätzchen verabschiedete er sich von uns, natürlich nicht, ohne den Hut zu lupfen.

Ich höre so oft Menschen sagen, dass Small Talk nicht ihr Ding sei. Das sei geistlos. Oha! Das sehe ich aber anders.
Meine Freundin und ich sind noch ein ganzes Weilchen draußen geblieben. Es war angenehm, man trifft Menschen und lernt seine Nachbarn kennen. Und manchmal können wir uns sogar als Damen fühlen. 😀

Menschen, die mir guttun

Nein, ganz jung bin ich nicht mehr. Jetzt fiel mir mal ein, dass ich mich im Laufe meines Lebens mit doch einer ganzen Menge Menschen umgeben habe. Das lag an meinem Beruf, aber auch so bin ich recht kontaktfreudig. Da haben sich einige Bekanntschaften angesammelt und nicht alle konnten mir guttun. Über letztere will ich nicht schreiben. Ich lasse sie einfach außen vor, wie im Leben halt auch.

Was aber sind das für Menschen, die mir guttun?
Es ist keine Frage der Zeit, wie lange ich die Menschen kenne. Manche begleiten mich schon ein ganzes Leben lang; anderen bin ich viel später erst begegnet. Die Länge der Verbindung scheint überhaupt keine Rolle zu spielen. Manche Beziehungen tun mir von Anfang an gut, während andere mich irgendwie ausgelaugt und ein bisschen hilflos zurücklassen.

  • Ich merke das schon an der Körperhaltung. Bin ich angespannt oder entspannt? 
  • Habe ich einen Stock verschluckt, oder kann sich mein Körper fallen lassen? 
  • Kann ich ungezwungen reden? 
  • Bin ich bereit, mich dem anderen Menschen zu öffnen, vielleicht, weil er es mir gegenüber auch tut? 
  • Werden meine Grenzen akzeptiert? Oder muss ich mich dauernd rechtfertigen?
  • Fragt auch mal jemand nach oder erinnert sich jemand an Dinge, die mir wichtig sind und zeigt so, dass ich ihm wichtig bin?
  • Fühlt sich alles leicht und unbeschwert an, wenn ich mit dem Menschen zusammen war?

Wenn vieles mit „JA“ beantwortet werden kann, dann habe ich Menschen getroffen, die mir guttun. Und von Zweien will ich heute schreiben.

Der erste Mensch ist mein Physiotherapeut.
Ach, ich bin schon einigen begegnet, war aber immer froh, wenn die Behandlungszeit um war. Jetzt ist das anders. Er weiß viel, erklärt mir alles gut und wenn ich wieder mit viel Motivation nach Hause gehe, dann ist alles ein bisschen leichter und die Schmerzen sind weniger. Ich habe Vertrauen und das ist gut so, denn ich kann meinen Körper wieder ein bisschen mehr leiden als früher. Was das Rheuma „geschrettert“ hat wird nicht wieder heile, aber anderes kann ich hegen und pflegen, und erkunden, was ich mir zutrauen kann und was nicht. Ich muss immer mein bester Therapeut sein, sagt er.

Vielleicht hat sich der eine oder andere schon gefragt, was die Vögel im Beitragsbild sollen, wo es doch laut Überschrift um Menschen gehen soll.

eine von den Menschen, die mir guttun
eine von den Menschen, die mir guttun

Die Vögel sind die Schützlinge einer Nachbarin von zwei Häusern weiter, die mir einen gute Freundin geworden ist. Jeden Tag schafft sie den Vögeln Futter raus und bringt ihnen Wasser. Sie pflegt „ihr Gärtchen“ und karrt mit ihrem Rollstuhl Blumenerde an. Eine unglaublich starke und lebensfreudige Frau ist sie. Und mir hat sie beigebracht, dass man manchmal schon Unsicherheiten haen darf im Umgang mit der eigenen Behinderung, auch mal Wut auf sich hat oder sich selber nicht leiden kann. Nur ein Dauerzustand darf es nicht werden. Man lernt es, damit umzugehen und das nicht zuzulassen. Sie hat mir sehr geholfen.

Nein, über Krankheiten reden wir nicht andauernd. Sie ist ein Mensch, mit dem man sich über so vieles austauschen kann. An einem Hobby hält sie eisern fest, dem Nähen. Das ist nicht gerade einfach, wenn man sich nur auf seine Hände verlassen kann.
Egal, was noch passiert, es gibt Menschen in meinem Umfeld, die mir guttun, die wichtig sind und die mit ihrer Art, ihrem Wissen und Können dafür sorgen, dass mein Kopf immer schön oben bleibt. Und ich lege jetzt noch mehr Wert darauf, ein bissel Wärme und Freundlichkeit weiter zu geben. Das tut nicht weh.

Menschen, Nachbarn, Freunde

Es sind die Menschen, die ein Land liebenswert machen.

Heute möchte ich mal wieder von meiner Reise erzählen, genauer, ich möchte eine der Nachbarn vorstellen.

Ich gehöre nicht zu den Menschen, die in ein anderes Land fahren, sich mit einem Drink in die Sonne bratzeln und das war’s. Auch von einer Touri-Ecke zur nachsten zu hetzen, ein Selfi machen und weiter rennen, ist nicht mein Ding.

Ich will wissen, welche Pflanzen und Tiere da wohnen, wie die Landschaft aussieht, wie es riecht (sehr salzig am Ozean zum Beispiel) und vor allem, wie die Menschen sind. Wie wohnen sie? Welche Freiheiten haben sie, ihr Leben zu gestalten? Ich will wissen, was man hier isst und worüber man lacht.
Ich schreibe bestimmt noch über einiges.

Menschen, Nachbarn, Freunde

Tracy wohnt im Haus neben meiner Tochter, gehört zu ihren Nachbarn. Wir hatten sie schon mal kurz auf der Straße getroffen, wo sie uns sagte: „Ich koche für euch.“ Das hat sie dann wirklich getan und zwar hervorragend.
Das bekocht werden ist mir hier öfter passiert. Ich glaube, es ist eine Art Wertschätzung, ein sich um andere sorgen und kümmern. Es ist Freundlichkeit und Willkommen. Das alles trifft auf viele Menschen hier zu und es hat mir gut getan.

Tracy ist ein ganz lieber Mensch, eine Nachbarin, wie man sie sich wünscht. Als der kleine Wüstenhund, der Hund meiner Tochter, sich mal alleine fühlte und weinte, hat sie ihn zu sich ins Haus geholt. Er durfte dann bei ihr auf dem Sofa liegen bis seine Leute wieder kamen.
Überhaupt ist mir aufgefallen, dass unter Nachbarn kaum gemeckert wird (Wir sind da wahrscheinlich Weltmeister!). Man ist sehr tolerant. Auf der anderen Seite des Flusses übt einer Metal, Nirvana und so. Er muss nicht um sein Leben fürchten; man lässt ihn üben.

Als ich mal im Garten meiner Tochter saß, hörte ich Gesang. Da sang sich jemand ein, übte Liedsequenzen, verschiedene Tonarten. Als ich dann Tracy kennengelernt hatte, wusste ich, dass sie das war. Tracy ist Background-Sängerin, singt aber auch Solo und schreibt Lieder für andere.

Mit Eminem (Achtung: Link führt zu Youtube) hat sie gesungen, Christina Aquilera und vielen anderen. Dass ich Eminem sehr mag, habe ich vielleicht schon mal erzählt. Nett ist er, sagte Traci.
In ihrem Haus hängen viele goldene Schallplatten. Platin auch. Wenn ein Sänger das gewinnt, bekommen die, die an der Produktion beteiligt waren, auch eine.

Liebe Tracy, ich freue mich sehr, dass ich dich kennenlernen durfte und danke für das leckere Essen. Es sind die Menschen, die ein Land liebenswert machen. Du hast mir Deines nahe gebracht.
Wenn du mal in Leipzig, in Germany, sein solltest, dann werde ich für dich kochen. Nice to meet you, Tracy.

Die Kirche in Profen und eine bemerkenswerte Dorfgemeinschaft.

Eigentlich wollte ich jetzt über die Menschern schreiben. die ich auf meiner USA-Reise getroffen habe und die mir sehr gut getan haben. Ich schiebe aber einen Beitrag dazwischen, bei dem es um Memschen in meiner Nähe geht, die mir großen Respekt abgerungen haben. Gestern war ich zu einem Ordelkonzert in der Kirche Profen in der Elsteraue (Sachsen-Anhalt).

Die Freundin aus der Elsteraue hatte zu dem Konzert in die Kirche in Profen eingeladen: Die Leipziger Freundin bugsierte mich ins Auto und wir machten uns auf den Weg. Nach dem Kaffeetrinken im Hof in der Elsteraue, machten wir uns auf den Weg zur Kirche im Nachbarort.

die Kirche in Profen in der Elsteraue
die Kirche in Profen

Von außen sieht der auf einem Hügel stehende spätgotische Natursteinbau fast unpektakulär aus. Groß und imposamt wirkte die Kirche schon für ein Dorf. Die Weihe der Kirche war laut Inschrift 1495.

Drinnen nahm es mir fast den Atem. Es gab viel zu sehen wie:

  • Chor mit Sternrippengewölbe,
  • gemalter Wolkenhimmel, 17.Jh.,
  • Kirchenschiff mit getäfelter Holzbalkendecke, die Täfelung ährenförmig angeordnet,
  • ornamentale Rankenmalerei 2.H.17.Jh;
  • gotisches Triumphkreuz,
  • Kanzel und Altar im Rollwerkstil 1616 datiert, übrige Ausstattung 18.Jh.,
  • Zweigeschossige Emporen,
  • Brüstungen mit Malereien von 1713,
  • stattliche Herrschaftsloge und Gestühl, Stiftung der Familie von Oderwitz 1763

Fotografieren war erlaubt, aber ich konnte nicht viele Fotos machen, weil ich mich in Kirchen immer wie ein Voyeur fühle. Wer aber auf dem nahen Elster-Radweg in der Gegend unterwegs ist, sollte einen Blick in die Kirche werfen. Das ist immer möglich und es lohnt sich.

Kanzel
Hier sieht man auch die restaurierte Original Decken-Wolken-Malerei

Mich hat begeistert, dass die Dorfgemenschaft beschloss, die Kirche als historisches Denkmal zu restaurieren und zu erhalten. Nicht jeder ist Mitglied der Kirchgemeinde, beteiligte sich aber mit großem Engegement.
Nach der Kirche wollten sie auch die Orgel sanieren. Und das erwies sich als schwierig. Sie war in keinem guten Zustand und im Laufe der Jahrhunderte ließ jeder Organist Veränderungen vornehmen, machte die Orgel auf „seine Musik“ passend.

in der Kirche in Profen

Die Dorfgemeinschaft begann, die Orgel auseinander zu nehmen. Die ganze Kirche lag schließlich voller beschrifteter und verpackter Teile. Ein großer LKW bekam nicht alles auf einmal weg zu einer Orgelbauerfirma. Die hatte sich bereit erklärte, die Rekonstruktion auf sich zu nehmen.

1/3 der Orgel ist jetzt überholt und wieder aufgebaut. Die Dorfgemeinschaft sammelt Geld, kämpft um Fördermittel, organidsiert Veranstaltungen und hofft, dass die Orgel irgendwann wieder komplett ist. So viel Geld muss man erstmal zusammen bekommen.
Die Orgelbauer sind aber auch ein Stücke in Vorleistung gegangen, weil man sonst, die Teile der Orgel wieder auseinandernehmen hätte müssen, wenn alles andere aufgebaut wird. Wenn die in das Dorf kommen, sind sie in jedem Haus willkommen und werden bewirtet.

Kirchenfenster in der Kirche in Profen

Gestern nun gab es ein erstes Konzert, mit einer Drittel Orgel. Was der Organist dem Instrument dann abrang war bewundernswert. Und mir hat das Konzert im Rahmen des von der Dorfgemeinschaft organisierten Kultursommers ausgesprochen gut gefallen.

Die Menschen in Profen waren so freundlich und aufgeschlossen, dass es eine Freude war, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Getränke hatte man vorbereitet, einen kleinen Imbiß wiewohl auch. Und mir wurde gleich zu Beginn ein Hintereingang gezeigt, weil es da keine Treppenstufen wie vorne gab. Die für sind für mich immer äußerst schwer oder gar nicht begehbar. Ich empfand diese Form der Aufmerksamkeit zum Beispiel als sehr aufmerksam.

alte Treppe am Eingang der Kirche in Profen

Es war ein schöner Abend in der Kirche in Profen mit viel Sehenswertem und Hörenswertem. Die Freundlichkeit der Menschen dort habe ich mitgenommen, weil es einfach gut tut, besonders in den Zeiten jetzt. Und eine Spende habe ich gerne dagelassen im Spendenglas. Ich wünsche es dem Menschen von Herzen, dass sie ihre hoch gesteckten Ziele erreichen. Wir haben alle etwas davon.

Freundlichkeit und Emphatie sind Wertschätzung.

Man kann ohne Liebe Holz hacken, Ziegel formen, Eisen schmieden. Aber man kann nicht ohne Liebe mit Menschen umgehen. (Leo Tolstoi)

Darüber hatte ich schon mal geschrieben.
Ein kleiner Junge war bei mir zu Besuch. Ganz unvermittelt sagte er plötzlich leise:
„Ich bin talentfrei, ideenlos und unkreativ.“
Ich: „Wie kommst du denn da drauf?“
Er: „Das hat man mir so gesagt

Ich habe nicht erfahren können, wer das zu ihm gesagt hat, war aber erschüttert, was ein Satz, vielleicht nur gedankenlos daher geplappert, bewirken kann. Mir tut so etwas körperlich weh. Und weil das so ist, bemühe ich mich darum zwar bestimmt, aber freundlich zu sein. Ich mag keine poltrige Sprache, Beleidigungen, stures Beharren auf einem einmal als richtig befundenem Standpunkt, Überheblichkeiten. 

Manchmal wird Freundlichkeit als „Schwäche“ ausgelegt. In einem sogenannten „Seminar für Führungskräfte“ sagte jemand zu mir, ich sei ein „Sozialschlaffi“. Warum? Weil ich so viel Verständnis für jeden und alles habe. Ach, ja, alles ist besser als ein emotionaler Eisklotz zu sein. (Mir lag jetzt noch ein anderes Wort auf der Zunge, aber das wäre nun gerade in diesem Beitrag gar nicht gut.)

Ich mache, sage, schreibe nicht immer alles richtig und manchmal platzt mir auch die Hutschnur. Dann gibt es eben einen neuen Ansatz mit ruhigeren Worten und auch mal  mit einer Entschuldigung, wenn es dann doch hitzig wurde.
Es ist selten, kann aber auch vorkommen, dass ich die Tür zumache. Ich muss nicht alles ertragen.

Es geht durchaus, andere nicht bloß zu stellen oder belehren zu wollen, wann immer sich eine Gelegenheit ergibt. So etwas mag ich einfach nicht.
Nachfragen „Wie hast du denn das gemeint?“, ist nicht das Schlechteste, bevor losgepoltert wird. Es gibt ja noch die weniger öffentlichen Kommunikationswege. Jemanden verletzen geht schnell, auch wenn man nicht mit der betroffenen Person redet, sondern über sie. 

Wieder hat sich eine gute Bekannte aus den sozialen Medien verabschiedet. Ein Grund, warum ich bei fb (die Abkürzung lasse ich so stehen, aus Gründen) bleibe ist, dass ich dort auch ganz wunderbare Menschen getroffen habe und gerne bei und von ihnen lese. Ein Beispiel?

Freundlichkeit

Tollabea ist Bloggerin. Ich lese im Blog bei ihr, aber auch ihre Beiträge bei fb. Die Methode von Frau Kopf, wie sie mit Fehlern umgeht, finde ich Klasse. Und dann ist es, als wäre nichts gewesen. Gut so.
Ich persönlich zehre immer noch von einem Erlebnis aus der Schule, als ein Mädchen aus der ersten Klasse mich an der Hand nahm und rief: „Mutti, Mutti, komm mal mit! Ich muss dir etwas zeigen.“ Ob sich das Mädchen noch an mich erinnert?

Wie Frau Köpfchen zu diesem Namen kam, schreibt die Bloggerin Tollabea in einem Interview mit Ivonne Kopf, einer über ihre Stadt hinaus bekannten Schulleiterin. Nachzulesen ist das auf Tollabeas Blog. Es lohnt sich.