Menschen, die mir guttun

Nein, ganz jung bin ich nicht mehr. Jetzt fiel mir mal ein, dass ich mich im Laufe meines Lebens mit doch einer ganzen Menge Menschen umgeben habe. Das lag an meinem Beruf, aber auch so bin ich recht kontaktfreudig. Da haben sich einige Bekanntschaften angesammelt und nicht alle konnten mir guttun. Über letztere will ich nicht schreiben. Ich lasse sie einfach außen vor, wie im Leben halt auch.

Was aber sind das für Menschen, die mir guttun?
Es ist keine Frage der Zeit, wie lange ich die Menschen kenne. Manche begleiten mich schon ein ganzes Leben lang; anderen bin ich viel später erst begegnet. Die Länge der Verbindung scheint überhaupt keine Rolle zu spielen. Manche Beziehungen tun mir von Anfang an gut, während andere mich irgendwie ausgelaugt und ein bisschen hilflos zurücklassen.

  • Ich merke das schon an der Körperhaltung. Bin ich angespannt oder entspannt? 
  • Habe ich einen Stock verschluckt, oder kann sich mein Körper fallen lassen? 
  • Kann ich ungezwungen reden? 
  • Bin ich bereit, mich dem anderen Menschen zu öffnen, vielleicht, weil er es mir gegenüber auch tut? 
  • Werden meine Grenzen akzeptiert? Oder muss ich mich dauernd rechtfertigen?
  • Fragt auch mal jemand nach oder erinnert sich jemand an Dinge, die mir wichtig sind und zeigt so, dass ich ihm wichtig bin?
  • Fühlt sich alles leicht und unbeschwert an, wenn ich mit dem Menschen zusammen war?

Wenn vieles mit „JA“ beantwortet werden kann, dann habe ich Menschen getroffen, die mir guttun. Und von Zweien will ich heute schreiben.

Der erste Mensch ist mein Physiotherapeut.
Ach, ich bin schon einigen begegnet, war aber immer froh, wenn die Behandlungszeit um war. Jetzt ist das anders. Er weiß viel, erklärt mir alles gut und wenn ich wieder mit viel Motivation nach Hause gehe, dann ist alles ein bisschen leichter und die Schmerzen sind weniger. Ich habe Vertrauen und das ist gut so, denn ich kann meinen Körper wieder ein bisschen mehr leiden als früher. Was das Rheuma „geschrettert“ hat wird nicht wieder heile, aber anderes kann ich hegen und pflegen, und erkunden, was ich mir zutrauen kann und was nicht. Ich muss immer mein bester Therapeut sein, sagt er.

Vielleicht hat sich der eine oder andere schon gefragt, was die Vögel im Beitragsbild sollen, wo es doch laut Überschrift um Menschen gehen soll.

eine von den Menschen, die mir guttun
eine von den Menschen, die mir guttun

Die Vögel sind die Schützlinge einer Nachbarin von zwei Häusern weiter, die mir einen gute Freundin geworden ist. Jeden Tag schafft sie den Vögeln Futter raus und bringt ihnen Wasser. Sie pflegt „ihr Gärtchen“ und karrt mit ihrem Rollstuhl Blumenerde an. Eine unglaublich starke und lebensfreudige Frau ist sie. Und mir hat sie beigebracht, dass man manchmal schon Unsicherheiten haen darf im Umgang mit der eigenen Behinderung, auch mal Wut auf sich hat oder sich selber nicht leiden kann. Nur ein Dauerzustand darf es nicht werden. Man lernt es, damit umzugehen und das nicht zuzulassen. Sie hat mir sehr geholfen.

Nein, über Krankheiten reden wir nicht andauernd. Sie ist ein Mensch, mit dem man sich über so vieles austauschen kann. An einem Hobby hält sie eisern fest, dem Nähen. Das ist nicht gerade einfach, wenn man sich nur auf seine Hände verlassen kann.
Egal, was noch passiert, es gibt Menschen in meinem Umfeld, die mir guttun, die wichtig sind und die mit ihrer Art, ihrem Wissen und Können dafür sorgen, dass mein Kopf immer schön oben bleibt. Und ich lege jetzt noch mehr Wert darauf, ein bissel Wärme und Freundlichkeit weiter zu geben. Das tut nicht weh.

Der Tod ist überall gegenwärtig

Egal wo man sich befindet, es gibt immer und überall Momente, w0 man fassungslos ist, um Worte und Erklärungen ringt. Am Tod eines kleinen Jungen, der auch noch der Freund meines Enkels war, überschattete an diesem Tag alles. Ich habe lange überlegt, ob ich dazu schreiben soll. Schließlich steht gerade jetzt bei uns ein langes Wochenende bevor und es ist Frühling, mit Blumen und schönen Aussichten.
Ich habe mich dann doch dazu entschlossen.

Ganz zeitig am Morgen bekam meine Tochter eine Nachricht von der Lehrerin des Enkels. Sein Freund M. war tot. Er wohnte mit seiner Familie an einer stark befahrenen Straße gleich um die Ecke. Die Oma holte M. an diesem Tag aus der Schule ab. Im Wagen saß auch noch der Bruder des kleinen Jungen. Als die Oma den Jungen aus dem Auto heben wollte, raste ein LKW mit überhöhter Geschwindigkeit bei Rot über die Ampel und krachte in das Auto der Familie. Der kleine Junge starb an der Unglücksstelle, Oma und Bruder brachte man ins Krankenhaus.

Tod und Trauer - gesehen in der Mission Los Angeles
Trauer – gesehen in der Mission Los Angelas

Ich war geschockt. Die ganzen Tage hatte ich nur Freude erlebt und nun das. Mir fehlten die Worte.
Meine Tochter hat eine Zeitlang als Trauerbegleiter gearbeitet. Sie ist ja in einem Kriseninterventionsteam tätig. Jetzt musste sie dem Enkel erklären, warum sein Freund nicht mehr kommen wird, nie wieder. Was wird sie ihm sagen?

„Auf alle Fälle die Wahrheit. Kinder haben ein Recht darauf.“
Sie erzählte mir, dass ein kleines Mädchen in dem Krankenhaus, in dem ihre Mutter an Krebs verstorben war, von einem Arzt zum anderen ging und flehte, dass man ihr helfen sollte in den Himmel zu kommen. Ihre Mutti ist da, hatte man ihr gesagt und sie will zu ihrer Mama.“

Ein anderes Kind konnte plötzlich nicht mehr schlafen und wenn, dann nässte es ein. Man hatte ihm erzählt, dass die Mutti verreist sei. Als sie nicht wieder kam, fragte sich das Kind, was es falsch gemacht hatte, dass die Mutti weggegangen war. Einfach so hatte sie ihr Kind verlassen?
Wenn es um den Tod geht, bedarf es schon einer Erklärung. Und wenn man die nicht geben kann, dann sollte man sich Hilfe holen.

Der Tod gehört zum Leben dazu, so wie die Jahreszeiten, die eine Phase beenden und eine neue bringen.
Kinder brauchen Sicherheit und Schutz. Das heißt aber gerade nicht, dass man sie von allem fernhalten soll. Aber ein Satz dazu reicht eben auch nicht.

Ich habe nicht alles gehört, was meine Tochter dem Enkel erzählt hat, habe die beiden in ihrer Trauer dann alleine gelassen. Es gab wegen des Todes des kleinen Jungen Tränen, ja, und große Traurigkeit über den Tag hinweg, aber auch immer Umarmungen und Festhalten, wenn der Enkel das wünschte.

Als wir mal am Haus des Jungen vorbei kamen, standen viele Kerzen vor der Tür. Kuscheltiere und viele Blumen brachten Nachbarn, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen. Niemand wendete sich verschämt ab und ließ die Trauernden alleine. Ich habe jetzt eine ganz andere Sicht, wenn ich solche Bilder sehe.
Auch gab es eine Spendenaktion, damit die Eltern wenigstens die finanziellen Belastungen nach dem Tod ihres Kindes nicht alleine tragen müssen.

Hier fand die Trauerfeier nach dem Tod des kleinen M. statt
Wir waren an einem anderen Tag hier, aber in dieser Kirche fand die Trauerfeier statt.

Ich hatte großen Respekt vor dieser Anteilnahme. Immer mal wieder ging mir allerdings die Frage durch den Kopf, wie ich mit meinen Kindern nach solch schmerzhaftem Verlust geredet hätte. Hätte ich die richtigen Worte gefunden? Wie hätte ich getröstet? Ich glaube, der Tod sollte heraus aus der Tabuzone. Schweigen und Abwenden hilft niemand.

Alles für die Katz

Alles für die Katz – so heißt im Moment unser Motto.
Eine Woche nach dem ersten Verdacht des Tierarztes musste Penny heute wieder vorgestellt werden. Alles fing damit an, dass sie unangenehm aus dem Katzenmäulchen roch. Das ist inzwischen wieder vorbei.
Schmerzen hatte sie keine, sie bekam Antibiotika und nach einer Woche sollte klar sein, ob es ein Abszess ist oder aber ein Karzinom.

Herr E. hat die Transportbox mit unsrer Katz ans Fußende vom Fridolin gepackt und ist zum Tierarzt gegurkt. Ich hätte das nicht geschafft, weil ich so nicht hätte fahren können. Kalt war es geworden und Penny bekam auch noch eine Decke über die Box.

Die Befürchtung wurde zur Gewissheit. Meine Katze leidet an einem Tumor. „Die sieht aber nicht so aus, als ob sie sterben möchte.“, meinte die Tierärztin. Schmerzen hat sie keine und wie immer einen guten Appetit. Ich will ja nichts sagen, aber unsere Katze ist arg verfressen.

Nachdem die Wunde gereinigt war, die Spritze drin und die Medikamente mitgegeben, brachte Fridolin Herrn E. und die Penny wieder nach Hause.
Nächste Woche wird nochmal kontrolliert und dann hoffen wir, dass Penny noch einen feinen Sommer erleben kann. Wenn es schlimm wird, wissen alle, was zu tun ist.

Auch mein Schultertuch aus Gotlandwolle st schon lange für die Katz.
Auch mein Schultertuch ist schon lange für die Katz.

Tja, und nun ist alles für die Katz und vieles dreht sich jetzt um sie. Penny muss nur mal miepsen und schon sind ihr alle zu Diensten. Fünfzehn Jahre wohnt sie nun bei uns. Sie gehört zur eben Familie.

Weihnachtsgrüße. Vor mir liegt ein Zettel mit Telefon-Nummern.

In diesem Jahr ist vieles anders, auch die Weihnachtsgrüße. Vor mir liegt ein Zettel mit Namen und Telefonnummern. Ich möchte so Zeit und Wertschätzung verschenken.

Weihnachtsgrüße habe ich schon immer geschätzt. Am Ende des Jahres ist eine Zeit, wo die einen in der Familie feiern und andere ihr Alleinsein doppelt spüren. Von einigen weiß ich das und deshalb liegt vor mir eine Liste, die ich morgen brauchen werde.
Ich hätte gerne jedem geschrieben oder ein Päckchen geschickt, aber das schaffe ich finanziell nicht. Und so bleiben Mail und Telefonate. Vielleicht ist das aber auch schon etwas, um anderen Wertschätzung und Zeit zu schenken.

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