Weihnachtszeit. Und nun kommt sie doch noch, die besondere Stimmung.

Gemütlich war es gestern in meinem Spinnstübchen, d.h. gesponnen habe ich gar nicht. Das war schon fertig.

Eigentlich tue ich mich ja mit der Zeit um Weihnachten herum immer etwas schwer. Seit ich nicht mehr mit Kindern arbeite und seit meine Kinder weggezogen sind, ist das so. ‚Kopfsache‘, dachte ich mir und dass ich doch einfach bestimmte Dinge, die ich eh nicht ändern kann, mal ausschalten sollte. Das ging besser als gedacht und die Ruhe am gestrigem Sonntag tat mir unglaublich gut. Was war denn nun so anders geworden?

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„Wir schenken uns nichts!“ Klingt edel, aber ist es das auch?

Im Grunde kann es jeder mit schenken halten wie er will. Bedacht ist schon nötig, maßvolles Geben auch, ein erhobene Zeigefinger aber nicht.

„Wir schenken uns nichts“, das höre ich jetzt wieder öfter. Und manchmal sehe ich auch den berühmten Zeigefinger oben. Mein Ding ist das nicht. Ich schenke gern und kann das leider immer viel zu wenig tun.
Weihnachten an Geschenken zu werkeln, hatte in unserer Familie Tradition. Meine Mutter strickte zum Beispiel meine Puppen immer neu ein. Die Tage sind jetzt sehr kurz, oder anders gesagt: die Nachmittage und Abende sind lang. Und so begann, als meine Kinder noch zu Hause waren, immer die Zeit der Heimlichkeiten, des Werkelns und Raschelns, des Flüsterns, und der Aufschrift an der Kinderzimmertür: EINTRITT NUR NACH ANMELDUNG.

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November. An meinem Kirschbaum gibt es noch Kirschen.

Nein, ich habe kein Gläschen zu viel getrunken. Ich trinke keinen Alkohol, gar keinen. Und trotzdem habe ich heute Kirschen an meinem Baum vor dem Küchenfenster gesehen. Im November.

November – das ist nicht gerade mein Lieblingsmonat.
Meine Freundin hat mich heute zum Rheumatologen gefahren. Ich war sehr froh, dass ich mich nicht in die Öffies hocken musste. Im Moment fühle ich mich da sehr unwohl. Es müssen noch einige Befunde ausgewertet werden, in die „Röhre“ muss ich und einen Zahn werde ich los, aber dann ist vielleicht Ruhe für dieses Jahr. Vielleicht. Ganz ehrlich, einen ordentlich großen Whysky hätte ich mir schon gerne einverholfen.

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Spinnstubenlieder. Von Arbeit und Geselligkeit, Sehnsüchten und Gefühlen.

Wenn ich mich beeile, habe ich bald ein Weihnachtsgeschenk fertig. Gut denken kann ich beim Werkeln mit meiner Wolle. Durch Zufall stieß ich auf Spinnstubenlieder und wollte das natürlich genau wissen.

Spinnstubenlieder, danach habe ich gesucht und Interessantes gefunden. Durch Zufall kam ich darauf, weil eines meiner Lieblingslieder so genannt wurde. Und nun höre ich welche beim Spinnen und Knüpfen. Vielleicht kann ich mal eine Veranstaltung dazu machen, irgendwann. Ein bisschen darüber schreiben ist aber auch schon ganz gut.

Spinnstubenlieder hören beim Teppichknüpfen

Man merkt es schon, dass die Abende wieder länger werden. Ich habe meinen alten Knüpftisch ins Wohnzimmer gestellt. Er hat ein feines Plätzchen an der Wand gefunden, wo er am Tage nicht stört. Am Abend ziehe ich ihn mir vor und knüpfe an meinem Teppich weiter, bis mir mal wieder die Fäden ausgehen. Dann muss der Knüpftisch seinen Platz mit dem Spinnrad tauschen. 
Mich einfach abends hinsetzen und die Hände falten kann ich nicht. 

meine Knüpfwolle, selbstgesponnen und zögerlich zerschnitten

Schade, dass jetzt fast jeder und die meiste Zeit für sich alleine hockt. Das war mal ganz anders, als es in den Dörfern und Gemeinden noch die guten, alten „Spinnten“ gab, die Lichthäuser, Spinnstuben. Man traf sich am späten Nachmittag und werkelte zusammen. Gegen um 9.00 oder um 10.00 Uhr abends wurde alles Gerät zur Seite geräumt und es begann der gesellige Teil, mit Musik, Tanz, Gesellschaftsspielen. Besonders bei der Jugend war das sehr beliebt, ohne Frage. 
Wenn es nicht eine spezielle Spinnstube im Ort gab, dann traf man sich in den verschiedenen Bauernstuben, reihum. 

Spinnstubenlieder sang man beim Arbeiten und auch danach in fröhlicher Runde. Manch ein junges Mädchen legte Heftchen mit den Lieblingsliedern an und so sind verschiedene  Sammlungen von Spinnstubenliedern erhalten geblieben. Viele gingen ein in die 1805 bis 1808 von Clemens Brentano und Achim von Armin veröffentlichte Volksliedsammlung „Des Knaben Wunderhorn“.
Man sagt, dass mit dem Verschwinden der Spinnstuben, auch das gemeinsame Singen weniger wurde. 

Um zwei Dinge geht es mir eigentlich:

  1. Wir leben immer isolierter von einander.
    Was wissen wir denn noch von einander? Nein, ich meine nicht, die Geheimnisse, die auch privat und geheim bleiben sollten. Ich meine das, was uns als besonderen Menschen ausmacht, mit allen Ecken und Kanten aber auch liebenswerten Eigenschaften.
    In den Spinnstuben kannte man sich und dort wurde auch erst mal der Dorftratsch ausgewertet, aber auch über Probleme und politische Gegebenheiten diskutiert. Es wurden Normen und Regeln des Zusammenlebens, des Redens miteinander festgelegt, gestritten und um Meinung gerungen. Das braucht keine Spinnstube, aber so einiges scheint uns abhanden gekommen zu sein.
  2. Die Lieder, Spinnstubenlieder und andere, gehören zu unserem Kulturerbe.
    Zweie gefallen mir besonders gut, „Das Herbstlied“ und „Es dunkelt schon in der Heide“, gesungen von Zupfgeigenhansel. (zum Letzteren möchte ich gern einen Extrabeitrag schreiben)
    Nun gibt es Leute, die lehnen solche Lieder kategorisch ab.  Als schnulzig oder rührselig werden die Lieder oft bezeichnet. Vielleicht liegt es daran, dass manche Menschen keine Gefühle kennen oder keine zeigen wollen.  Stark will man erscheinen, als jemand, der mit jeder Situation klar kommt und sowieso immer alles richtig wertet. Diese Menschen benenne ich immer als „Berufsrevolutionäre“. Ich habe da genug davon kennengelernt und ich habe auch erfahren, dass es falsch ist, nur mit Kampfliedern aufzuwarten.

Nein, ich will nicht die Spinnstuben von damals aufleben lassen, aber wissen wie es damals war will ich schon. Ein antiquarisches Buch habe ich mir bestellt: „Spinnstuben in Thüringen“. Ach ja, mal wieder ein Stücke heimwärts schauen ist auch nicht schlecht. Vielleicht will ich auch um ein bisschen mehr Zusammenhalt  und Verständnis füreinander kämpfen. Und wenn jemand Lust hat, mit mir zusammen zu werkeln, dann ist die Einladung jetzt ausgesprochen.

Denen, die die Sehnsucht nach Gemeinsamkeit und Frohsinn auch erkannt haben und die zu gern das „Nationale“ überbetonen, möchte ich den Wind aus den Segeln nehmen. Ihnen gehören die Lieder nicht und ihnen überlasse ich sie auch nicht! 

Spinnstubenlieder oder Lieder über das Spinnen spielten übrigens auch in der Klassik eine Rolle, bei Wagner, Schubert, Brahms, Mozart und anderen. Und wenn man da die Augen schließt und nur zuhört, dann kann man das Spinnrad surrend vernehmen.