Ach, ich muss doch mal wieder etwas vom Gastkater zeigen. Als ich bei der Heimreise mit dem Rolli von der S-Bahn nach Hause rollerte, regnete es ziemlich stark. Ich kam nass und kalt zu Hause an und es passierte, was passieren musste: Ich bekam am anderen Tag einen Rheumaschub, der es in sich hatte. (Darüber schreibe ich nicht gerne.)
Mit der Zeitverschiebung habe ich auch noch zu kämpfen. Diesmal ist es heftiger und ja, wir waren diesmal lange am anderen Ende der Welt. Ich hatte es satt, wollte mir einfach mal die Decke über den Kopf ziehen. Daraus wurde allerdings nichts. Ein Glück, dass es den Gastkater gibt. Der ließ mich einiges vergessen, weil er wiedermal draußen im Hof ein Gastspiel aufführte.
„Ich krieg euch!“
„Komm mal her!“, rief Herr E. und führte mich ans Fenster. Ich wusste nicht gleich, was er mir eigentlich zeigen wollte. Vier Raben sah ich allerdings, die in dem Kirschbaum vor dem Küchenfenster herum hüpften und eigenartige Töne von sich gaben. Es klang, als würden sie lachen, und zwar so richtig hämisch.
„Ohhh, diese Krawallsäcke!“
„Na kuck doch mal genau hin“, sagte Herr E. Da sah ich den Gastkater weit oben im Baum herum klettern. Ein Rabennest war da nicht. Erwischt hatte er auch keinen der Raben. Vielleicht hat er es versucht, aber die Raben sind schlau und nun machten sie sich über den armen Findus lautstark lustig. Und wie!
„Lachen die etwa über mich?“
Der trat schließlich den Rückzug an, nicht ohne dass die Raben ihn begleiteten und angackerten. Findus fand das gar nicht lustig, denn heute ließ er sich erst spät am Abend blicken. Vielleicht musste er die Schmach erstmal verwinden.
„Och, ich gehe lieber wieder.“
Tja, so ist das eben: Wer anderen eine Grube gräbt, …, braucht für den Spott nicht zu sorgen.
Flugzeug umdrehen, scharfer Schlenker über den Pazifik und ab nach Hause
Ich bin wieder zu Hause und inzwischen auch so einigermaßen erholt vom Rückflug von Los Angeles. Der Flug startete mit Verspätung. Der Pilot begrüßte uns mit den Worten: „Wir haben das Flugzeug umgedreht, machen noch einen kurzen Schlenker über den Pazifik und fliegen dann mal nach Hause.“
der kurze „Schlenker“ über den Pazifik
Viel Zeit hatte man mit dem Flugzeug nicht. Auftanken, Wasser rein für die Klospühlung, Essen fassen, technicher Check und wieder los. Der Rückflug von Los Angeles konnte beginnen. Gut, dass ich genug Reinigungstücher im Handgepäck hatte. Wenn man aber am Ziel angekommen ist und sieht, wie das Flugzeug aussieht nach 12 Stunden Flug, dann entsetzt mich das schon. In den höherpreisigen Angeboten sah es nicht besser aus. Die armen Menschen, die da putzen müssen.
Es war eine lange Reise an diesem Tag. Wir waren insgesammt 26 Stunden unterwegs, ohne Schlaf. Wir konnten beide nicht schlafen, obwohl Nachtflug befohlen war mit Rollo runter und Licht aus. Die kurze Zeit bis zum Abend nutzte ich, um noch einige Fotos zu machen. Es sind nur Handyfotos. Die Kamera hätte ich nicht mehr halten können. Mir ist das aber egal. Die Bilder aus der Luft vergessen ich nicht wieder.
da unten schlängelt sich der LA-River entlang
Ein letztes Mal sah ich die Stadt der Engel, die ich so liebe. Manches erkannte ich von oben wieder. Ich war ja eine ganze Weile hier und habe viel erlebzt und gesehen. Ich sah, wie sich der LA-River durch die Stadt schlängelt. Irgendwo da hinten, an den Bergen, fließt er am Hause der Tochter vorbei. Wenn ich in ihrem Garten saß, sah ich öfter Flugzeuge starten. Jetzt saß ich in einem Solchen.
Der Abschied auf dem Flughafen und der Rückflug von Los Angeles war schrecklich für mich. Meine Tochter hat uns gebracht und das Check in überwacht. Das war auch gut so, weil man von meinem Rollstuhl nichts wusste. Meine Tochter hatte aber höchstpersönlich bei der Fluggesellschaft angerufen und nochmal nachgefragt. Sie konnte das nun für mich gut klären. Tja, und dann kam der Moment, wo sie uns nicht mehr begleiten konnte.
Big Bear von 0ben
Nach LA kann man nicht einfach mal so sausen. Ich habe immer Angst, dass ich sie oder den Enkel das letzte Mal sehe. Ich habe erstmal geheult wie ein Schlosshund und war froh, dann ich mit den Bildern und dem, was ich unten sah beschäftigt war.
Wisst ihr, wie schön unsere Erde aussieht von Oben? Ich habe so vieles entdecken können auf dem Fluf zur kanadischen Grenze.Dann waren erstmal die Rollos unten und draußen eh Finsternis und Nacht. Der Sonennaufgang von von soweit oben sieht phantastisch aus. Der Himmel strahlt förmlich, rötlich bis golden und darunter blau, welches immer mehr seinen Magentaton annimmt. Island übrigens sieht aus wie ein Altenburger Huckelkuchen mit Puderzucker.
Und nun bin ich also wieder zu Hause, traurig, weil ich die Familie verlassen musste. Die Sonne wird mir fehlen, denn auch wenn es kalt war habe ich mein Sonnenbad fast jeden Tag nehmen können. Bestimmt schreibe ich noch über die Stadt und die Menschen, die ich da getroffen habe. Jetzt muss ich erstmal richtig wieder ankommen. Nachts um Viere werde ich nämlich munter und habe Hunger wie ein Bär nach dem Winterschlaf. Und heute habe ich bis um Zwölfe geschlafen. Tja!
Gestern, am Sonntag, waren wir in Chinatown in Los Angeles. Das erste Chinatown in LA wurde dem Erdboden gleichgemacht, um Platz für die Union Station zu schaffen. Schon das erste Chinatown gehörte chinesischen Einwanderern. Das Zweite erlebte eine moderne Renaissance mit Kunstgalerien, angesagten Restaurants bis hin zu Bruce Lees ehemaligem Studio.
Da war ich nicht, aber hier, in LA, fing es an.
Es war ein grauer Tag. Früh am Morgen hatte es geregnet und die Sonne ließ sich nur selten blicken. In Chinatown aber war ich überwältigt sowohl von der Farbenpracht der Häuser als auch den vielen individuellen Gestaltungen.
Geschäfte zum Beispiel gab es natürlich auch im Überfluss, wo man alles kaufen kann, von Tinnef bis hin zu sehr schönen Sachen. Ich hatte die größte Hochachtung vor den Frauen, die in ihrem Geschäft beispielsweise nähten, stickten, bügelten, Kunden bedienten und dabei immer freundlich waren. Früchte konnte man kaufen, die hatte ich noch nie gesehen.
So viele Touristen sind mir gar nicht aufgefallen, eher Einheimische, für die der Markt wegen seiner Preise sehr lukrativ ist. Wir waren sowas wie Exoten. Meine Tochter wurde gefragt, welche Sprache das ist, die wir sprechen. Und dann wollten sie auch noch wissen, wie lange wir bis LA geflogen sind von Deutschland. 12 Stunden? Das löste Erstaunen aus
Dieses Motiv hat mir gefallen, wiewohl der Himmel auch grau in grau war. Und ich zeige es dennoch hier im Blog, damit ich mich an mein Schmunzeln später immer erinnern kann.
Wir hatten immerhin Glück mit dem Wetter. Auf der Rückfahrt sahen wir aber, dass sich über meinen Lieblingsbergen schon wieder etwas Heftiges zusammenbraute.
Für mich war es gestern wieder ein schöner Tag und zugleich noch ein interessanter dazu. Ich hätte mich gerne mit den Leuten dort unterhalten, aber dafür spreche ich viel zu wenig Englisch. Zu Hause werde ich bestimmt noch etwas schreiben über das Land und die Leute. Jetzt bin ich erstmal für die Familie da, bevor ich wieder nach Hause fliege.
Ich friere ja immer schnell und so kauften wir für mich auf einem mexikanischen Markt eine Decke. Die Farben passten, wie ich so auf die Schnelle sah. Am Abend legte ich die Decke auf mein Bett. Sie wird mich warm halten in der Nacht. Im Moment ist es etwas kühl. Der Schwiegersohn meinte: „Oh, das ist ja die Jungfrau von Guadalupe auf der Decke.“
Das machte mich nun neugierig. Wer war die Jungfrau von Guadalupe?
In Guadalupe in Spanien gab es ein Kloster mit einer besonderen Marienstatue. Dahin begab sich Kolumbus, um von ihr den Segen für seine Weltreise zu erbitten. Als er 1492 auf eine unbekannte Inselgruppe im vermeintlichen Indien stieß, nannte er sie der Gottesmutter zu Ehren „Santa Maria de Guadalupe de Estremadura. Und damit brachte er den Kult um die Jungfrau von Guadalupe in die Neue Welt.
1545 verfasste der Indigene Literat Antonio Valeria eine Schrift zur amerikanischen Guadalupelegende. Danach soll dem Indigenen namens Juan Diego Cuauhtlatoatzin am 9. Dezember 1531 eine Jungfrau erschienen sein. Sie bat ihn, beim örtlichen Bischof vorzusprechen und ihr zu Ehren um die Errichtung einer Kapelle zu bitten. Der Bischof glaubte ihm nicht, obwohl Juan Diego sein Anliegen drei Mal vorbrachte. Juan Diego kehrte ein viertes Mal nach Tepeyac zurück, wo ihm die Jungfrau anwies, Blumen zu pflücken und in seinen Mantel gehüllt zum Bischof zu bringen. Als er dort ankam, fielen die Blumen heraus, hinterließen einen Abdruck, der sich nach und nach in das Antlitz der Jungfrau verwandelte.
Das Rosenwunder war geboren. Die Kapelle wurde gebaut und ist inzwischen zu einem der wichtigsten Wallfahrtsorten der Welt geworden.
Die Jungfrau von Guadalupe ist dunkelhäutig. Ihr grüner Mantel und ihr mit Blumen bedrucktes Kleid mit Gürtel soll sagen, das sie schwanger sei. Die indigenen namen diese Figur an und viele konvertierten zum Christentum.
Es gibt aber auch Zweifel an der Geschichte. Ja, die Jungfrau von Guadalupe wird sehr verehrt und spielte eine große Rolle im mexikanischen Befreiungskampf gegen Spanien. Es ist egal, ob man Christ ist oder nicht. Die Jungfrau gilt als Schutzpatronin Mexikos. Aber die Jungfrau ist Juan Diego in Tepeyac erschienen. Dort hatte einst der Tempel einer aztekischen Göttin, der Erdmutter Tonantzin gestanden. Viele waren der Meinung, dass die Göttin wieder auferstanden sei. Also musste ganz schnell eine andere Legende und ein Wunder her. Sind wir doch mal ehrlich: Missionieren konnte die katholische Kirche immer gut. Das ist mir hier an vielen Orten besonders aufgefallen.
Meine Decke auf dem Bett, kein tolles Bild, irgendwann werde ich es ersetzen.
Nachlesen kann man das alles unter anderem hier, wenn es interessiert. Ich hatte jedenfalls meine Kuscheldecke und wieder ein Stückchen Geschichte dazu bekommen. Die Decke wärmt mich fein, denn nachts wird es im Haus ganz ordentlich kalt.
Ach ja, in Kalifornien ist der Feiertag zu Ehren Kolumbus umbenannt worden in „Tag der Indigenen“. Das finde ich sehr gut und auch richtig.
So sagt man doch immer, wenn man reden will oder muss und es fällt einen kein Thema ein. Mir fällt eine Menge ein, aber das ist alles verschoben, denn ich möchte über das Wetter reden.
Viele jüngere Freunde können sich nicht erinnern, so einen Winter im Sonnenverwöhnten Kalifornien erlebt zu haben. Vor sechs Tagen sind wir mit der Tochter nach Long Beach gefahren. „Lasst uns mal heute noch fahren,“ meinte sie, „das Wetter wird schlecht.“ Ich konnte das gar nicht glauben, denn es war sonnig bei 24 Grad. Gut, dass wir waren.
Warnung vor extremen Wetter
Am nächsten Nachmittag tröteten alle unsere Mobilgeräte los. Unwetterwarnung vor Kälte, Sturm, Schnee und Überflutungen! Ich war so was von erschrocken, aber hier scheinen die Warnungen zu funktionieren. Solche Warnungen kamen noch einige Male, einmal mitten in der Nacht. Man soll zu Hause bleiben, wenn es irgendwie geht, hieß es. Das taten wir dann auch und es war gut so. Die Warnungen erscheinen hier immer in Spanisch und in Englisch.
Sturm ist man hier gewöhnt. Die Santa-Ana-Winde, Teufelswinde genannt, gibt es im Winter immer. Solches Wetter erschüttert niemanden. Der Wind jaulte gruslig um das Haus. Alle haben nicht besonders gut schlafen können. Meine Schamanenpalmen bogen sich erschreckend und ich habe alle Minuten aus dem Fenster geillert, ob sie noch stehen.
Dann fing der Regen an. Es klatschte so viel Wasser in den Garten und in den Hof, dass man meinen konnte, jemand kippt eimerweise Wasser oben aus dem Haus. So heftigen Regen habe ich vielleicht früher in den Gewittern mal erlebt, aber das nur wenige Minuten. Mehrere Tage ging das nun so. Als das klatschende Geräusch des Regens zu einem intensiven Klopfen wurde, trieb es mich ans Fenster. Es hagelte und die Körner landeten auf dem Spielhaus des Enkels und hüpften wieder hoch. Viele Videos sah man dann im Netz, denn so etwas ist hier ungewöhnlich.
Bildausschnitt, Originalfoto hat der Schwiegersohn gemacht
Ein Stücke hin sind meine Lieblingsberge. Meine Familie macht schon immer Witze, weil sie in Santa Gudrun Mountains umbenannt werden sollten. 😀 Die Berge sind nicht besonders hoch und sie sind nahe an der Stadt Los Angeles. Meine Tochter hat noch nie Schnee darauf gesehen. Jetzt waren sie eingeschneit. Heute vormittag schien die Sonne und der Schnee schmolz rasch. Ein bissel Schneelandschaft habe ich gerade noch erwischt.
Ansonsten hat es bei uns in Los Angeles nur geschüttet wie aus Kübeln. Es werden schon wieder weitere Regenfälle angekündigt. Es sieht auch gerade so aus, als wenn sich die Schleusen jeden Moment öffnen. Nein, das Wetter gefällt mir gerade gar nicht. Der Los Angeles River hinter der Gartenmauer hat ordentlichen Wasserstand. Vor einigen Tagen hatte ich ihn noch als Rinnsal bezeichnet. „Das ist aber eine Dreckbrühe“, sagte Herr E. Klar doch, der Fluss kommt aus den Bergen und bringt in hoher Fließgeschwindigkeit allerlei Erde von den Berghängen mit.
hier fließt der LA River schon wieder ruhiger
Warum ich über das Wetter schreibe? Es wird allgemein eingeschätzt, dass das, was gerade hier passiert (es ist noch nicht vorbei), eine Folge der Klimaveränderungen ist. Mit dem Jetstream z. B. und seinen Einfluss auf das Wetter sollte man sich mal beschäftigen. (Man kann es nachlesen.) Ich schreibe dazu hier nichts: es sprengt den Rahmen. Fakt ist, dass es den Zusammenhang gibt und die Auswirkungen immer extremer werden, wenn wir nicht endlich zusammenrücken und nach Lösungen suchen. Es ist egal, an welchem Ort der Erde wir uns befinden, denn es betrifft uns alle und überall.
aufräumen mit Kettensäge und schwerem Gerät
Kalifornien hat übrigens ein gutes Umweltprogramm, aber es gibt auch noch eine Menge zu tun. Ich wünsche mir überall solche Bestrebungen mit solcher Konsequenz. Und ich wünsche mir überall die Möglichkeiten, das durchsetzen zu können, also Unterstützungen für ärmere Länder. Darüber schreibe ich bestimmt mal noch, irgendwann, wenn ich wieder zu Hause bin. Und überhaupt weiß ich mal wieder, was ich noch zu tun habe in meinem Leben. Wenn ich Nachrichten lese, frage ich mich allerdings: Spielt das Thema überhaupt noch eine Hauptrolle?
Eine Folge des extremen Wetters: erst Dauerregen, dann Sturm
Uns geht es gut und es ist uns nichts passiert. Andere hatten da weniger Glück. Bei meinem letzten Besuch tat es mir weh, Bäume sterben zu sehen ob der anhaltenden Trockenheit. Jetzt konnten sie sich in der aufgeweichten Erde und dem heftigen Sturm nicht halten. Es tut mir leid um jeden Baum in den Parks und Naturreservaten. Der Flughafen war überflutet. Ich hoffe, dass das nicht wieder passiert, wenn ich den Rückflug antreten werde.
Es gibt Länder, in denen würde ich nicht leben wollen. Ich habe auch nicht die Absicht, auswandern zu wollen. Wenn es aber angebracht oder nötig wäre, dann käme ich hier zurecht. In diesem Land könnte ich leben. Mir wurde schon gesagt, dass Kalifornien nicht die USA seien. Gemeint ist, dass das, was ich hier erlebe, nicht für andere Bundesstaaten zutrifft. Das weiß ich.
Was Gleichstellung, Frauenrechte, Rechte von Minderheiten u.ä. anbelangt, gefällt mir vieles, was von der Gesetzgebung in Kalifornien festgelegt ist. Bis das durch die Köpfe durch ist, dauert es ja bekanntlich immer ein bisschen. Das ist bei uns ja nicht anders.
Begeistert bin ich von der Freundlichkeit hier im Land. Man wird auch im Supermarkt begrüßt und wenn man geht, wünscht man sich einen schönen Tag. Die „ewig alles Anzweifelnden“ würden jetzt wieder etwas von Oberflächlichkeit faseln. Man kann es nennen wie man will, ich bin mit einem Lächeln gekommen und mit einem wieder gegangen. Und das hat mir unglaublich gut getan.
Wir haben eine Schiffstour durch den Hafen und an der Küste entlang gemacht. Als wir an der Anlegestelle ankamen, stand da schon eine lange Schlange. Jemand von der Crew kam und begleitete mich im Rolli als erste in das Schiff. Genauso wurde mir wieder beim Aussteigen geholfen, lieb und aufmerksam. Die Rücksichtnahme auf Behinderte spüre ich ständig, bei den Menschen, auf der Straße im Verkehr, im Supermarkt, immer.
Wenn man hier eine Idee hat und in seiner Garage ein start up gründet (scherzhaft habe ich ja mal gesagt, dass ich eine Marmeladenbude aufmache), ist das viel einfacher als bei uns. Es gibt halb so viele Vorschriften und Verordnungen, wahrscheinlich, weil es gut ist, wenn man etwas für sich selber tut und nicht nur auf Hilfe angewiesen ist. Vom Tellerwäscher zum Millionär wird wahrscheinlich eine Legende bleiben, aber am Machen hindert einen niemand. Da gibt es viel Freiheit.
Das Leben in Los Angeles ist teuer, die Wohnkosten ganz besonders. Ich würde meine Rente hier bekommen und weil die jämmerlich ist, zahlt der Staat Kalifornien dazu. Auch eine staatliche Krankenversicherung würde ich bekommen und einige Unterstützung wegen meiner Behinderung. Bleiben darf ich, weil meine Tochter hier lebt und arbeitet, US-Bürger ist.
Manches ist allerdings überall gleich: die Bürokratie. Sich da durch zu wursteln ist nicht ganz einfach. Ich hätte da noch Glück, weil meine Tochter damit beruflich ständig zu tun hat und sich auskennt.
Einkaufen gehen wir hier inzwischen auch alleine. Ich war beim Frisör. Beim Arzt war ich nicht und das sollte auch so bleiben. Angst davor hätte ich allerdings nicht. Wenn man muss, dann geht so vieles. Hemmungen fallen alsbald weg.
Heute habe ich einen Zitronenkuchen gebacken. Die Maßeinheiten umrechnen geht inzwischen gut, die Temperatur am Backofen von Celsius in Fahrenheit auch. Die Vokabeln für die Backzutaten sind nun auch im Kopf. Alles bestens, würde ich mal sagen.
Fazit: Ja, ich könnte hier leben. Und ja, ich freue mich aber auch wieder nach Hause zu können. Die Fragestellung, ob ich in einem anderen Land leben könnte, ist für mich als Ostdeutsche besonders interessant und auch ein bisschen neu. Ich habe mich das bisher noch nie gefragt.
der Grapefruit-Baum hängt heute etwas die Ohren
Es hat übrigens heute gegraupelt. Kalt ist es noch mal geworden. Es ist eben Winter in Kalifornien und der ist in diesem Jahr ungewöhnlich kalt. Die Wüste ist halt auch gleich nebenan. Mein tägliches Sonnenbad habe ich aber bekommen. Alles ist gut.
Zum Bloggen komme ich einfach nicht oft. Schlimm ist es nicht. Manchmal ist es gut, wenn man man in der Versenkung verschwindet und außerdem geht das Leben in der Familie immer vor. Mein Enkel ist zu goldig. Aber von den Besuch in den Vasquez Rocks möchte ich erzählen.
einsam in der Wüste
Vasquez Rocks ist ein Park in den Sierra Pelona Mountains im Norden des Los Angeles County, etwa eine Autostunde entfernt von Los Angeles. Wegen des bizarren Aussehens wurden die oft in steilen Winkeln nach oben ragenden Felsen zu Drehorten der besonderen Art gewählt. Captain Kirk zum Beispiel kämpfte hier seinen legendären Kampf gegen die Aliens.
Um 1873 nutzte der bekannte und kontrovers diskutierte kalifornische Bandit Tiburcio Vásquezdas Gebiet als Versteck vor den Gesetzeshütern; daher der Name. Die Stadt Los Angeles erwarb nach und nach das Gebiet, so dass es heute ein einzigartiger Naturpark ist, in dem man gut wandern kann.
Wandern konnte ich natürlich nicht. Mit dem Rolli musste ich sehen, dass ich über Stock, Stein und Sand kam. Einfach war es nicht, aber ich hatte ja meine Familie bei mir. Zwischen den Felsen fühlte ich mich, als ob mir die ganze Welt gehört; auch wenn ich nicht da hinauf klettern konnte.
Schiefer-, Basalt- und rötlich-braunen Konglomerat findet man hier, manchmal eingebettet in Sandstein. Der Boden ist karg und doch sieht man Pflanzen, die dann besonders schön wirken. Ich habe noch nicht heraus gefunden, was das für ein Blümchen ist. Ich bleibe aber dran.
In dem Felsen und in der harten Erde befinden sich keine Höhen. Zu gerne hätte ich gewusst, wer da lebt. Zu sehen war keiner. Ich schätze, dass das Leben in der Dämmerung beginnt. Dann kehrt Ruhe ein im Gelände.
Vor einigen Jahren hatte mein Sohn mal die wahnwitzige Idee, in der Wüste zelten zu wollen. Man hat es ihm erfolgreich ausgeredet, aber ich habe uns schon mal einen Zeltplatz heraus gesucht. 🙂 Ob es allerdings angenehm wird? Mmmm.
Kargnis -Wüste eben
Auf der Rückfahrt hat mich meine Tochter aufmerksam gemacht, dass die Hänge der Berge beginnen sich gelb zu verfärben. Das ist der Anfang der Mohnblüte. In wenigen Woche ist alles komplett gelb. Zu Hause hatte ich kalifornischen Mohn in meinen Pflanzkasten gesät. Fein gewachsen ist er, aber geblüht hat er nie. Im fehlte die nötige Menge an Sonne. Wenn ich wieder zu Hause bin, versuche ich es noch mal. Der Mohn bekommt das sonnigste Plätzchen im Garten.
„Ich liebe die Sterne zu sehr, um Angst vor der Nacht zu haben“ (Galileo Galilei)
Wir hatten uns auf den Weg gemacht zum Griffith Observatorium, gelegen am Südhang des Mount Hollywood in den Santa Monica Mountain in Los Angeles. Wir sind zuerst die Interstat 5 entlang gefahren, die Bundesstraße, die von der kanadischen Grenze bis zur mexikanischen führt. Dann haben wir den uns schon bekannten Hollywood Boulevard gekreuzt und sind die Berge hinauf. Das Griffith Observatorium wollte ich schon beim letzten Besuch aufsuchen, aber da hatte Herr E. ja seine Brille im Ocean versenkt und wir wollten eine neue besorgen.
Griffith J. Griffith
Als wir abbogen auf die Straße in die Berge, stand da eine Statue. Mir war sofort klar, dass das der Wohltäter des Observatoriums sein musste, dessen Namen es trägt. Spätere Recherchen zeigten, dass ich Recht hatte. Griffith kaufte im 19. Jahrhundert Land auf dem Berg und legte in seinem Testament fest, dass die Stadt Los Angeles das Land und Geld bekommen sollte, um dort ein Observatorium zu bauen, welches für jeden zugänglich sein sollte und nicht versteckt in den Bergen nur einer Elite oder nur der Wissenschaft. (Die Geschichte kann man hier lesen, sich auch übersetzen lassen.)
Aufgang zum Griffith Observatorium
Die Sonne schien an diesem Tage, ja, aber es war arg windig und ganz ordentlich kühl. Ich habe sogar streckenweise gefroren in meinem Rollstuhl. Auf meinen Bildern sieht man auch Leutchen im Shirt und in kurzer Hose. „Die kommen alle aus Alaska“, meint die Tochter und: „Im Sommer würden die hier den Hitzetod sterben.“
der Maunt Hollywood
Im Griffith Observatorium gibt es wunderbare Ausstellungen. Man erfährt viel über die Urväter der Astronomie, aber auch über unser Sonnensystem, die Mondphasen, die Aktivität der Sonne und vieles mehr. In alle Räume konnte ich nicht. Es war mir zu voll, zu eng und das Manövrieren mit dem Rollstuhl strengte mich zu sehr an. Von der Gestaltung der Ausstellung aber und vom Inneren des Observatoriums war ich hellauf begeistert.
Mein Sohn hatte mir den Besuch im Griffith Observatorium nahegelegt, einmal, weil es hochinteressant ist und zum zweiten, weil man eine wunderbare Aussicht hat auf die Stadt Los Angeles. Man kann zum Beispiel des ganze Los Angeles Becken überschauen und falls das Wetter klar ist, sieht man den Ozean.
ganz hinten ist der Ocean
Viele wandern da hoch. Es gibt nämlich schöne Wanderwege den Berg hoch bis zum Observatorium. Das kann ich nun nicht mehr, aber ich freue mich so sehr, dass ich da oben auf dem Berg sowie im Observatorium sein durfte.
Ich glaube wirklich, dass es mal wieder Zeit ist für ein Schwätzchen. Nein, ich bin nicht verloren gegangen, eine Erkältung hatte uns alle erwischt. Nur Herr E. war zäh. Meine Augen taten mir weh und ich hatte am Abend keine Lust mehr zum Bloggen. Die Sonne tut mir hier sehr gut. Mein Rheuma hält die Füße still. Zu Hause werde ich mir etwas einfallen lassen müssen.
Haare trocknen: Einen Fön braucht man hier nicht.
Ich möchte sowieso nicht von einer Touri-Hochburg zur nächsten sausen, ein Foto machen und sagen oder schreiben: Ich war da! Fotos gibt es genug von wirklichen guten Fotografen und mit meiner Matschbirne war mir sowieso alles zu viel.
Ich nehme alle Eindrücke mit allen Sinnen auf, überlege, ob ich in diesem Land leben könnte. Nein, ich will nicht hierbleiben, aber wenn es sein müsste, würde es mir nicht schwer fallen. Dann würde ich die Sprache lernen wie ein Weltmeister und schon zurecht kommen. Ich schaue, wie ich mich ernähren kann. Fastfood-Ketten würden nicht reich an mir, aber feines und regionales Gemüse gibt es auch hier. Und so habe ich mal das Kochen übernommen.
Die Nachbarn sind nett. Einer brachte leckeren Kuchen zum Kaffee, die andere Nachbarin Orangen aus ihrem Garten. Ein Schwätzchen geht da natürlich auch immer. Die Schalen der Orangen habe ich von dem weißen Zwischenfleisch befreit, kleingeschnitten und in der Sonne getrocknet. Die Orangen sind unbehandelt und die Schalen viel zu schade zum Wegwerfen. Man kann so viel damit machen. Es ist also ein bisschen wie zu Hause.
Neuerwerb
Stricknadeln habe ich mir gekauft. Wer mich kennt, weiß, dass ich die Hände nicht still halten kann. Die Nadeln sind preiswert im Gegensatz zu vielen anderen Sachen und auch im Gegensatz zur Wolle oder Wollgarn.
bunt und fröhlich
Die Stricknadeln sind innen hohl, also ganz leicht und für mich gut zu benutzen. Zu jeder Nadel gab es eine Wollnähnadel dazu, damit man auch sein Projekt zu Ende bringen kann. Ein Set beinhaltet noch einen Nadelstärkenmesser, Maschenmarkierer, Stilllegenadeln. Es wiegt alles nicht viel und ich werde alle Nadeln mit nach Hause nehmen, wenn es soweit ist. Ich höre aber jetzt mal auf von Oma-Handarbeits-Kram zu schwärmen.
fast fertig
Die Socken habe ich fast fertig. Jaja, sie sind wahrlich nicht umbunt. Das macht aber nix, weil ich kurz vor meiner Abreise erfahren habe, dass mich die Frauen zu Hause an der Rampe (Zugang zur barrierefreien Wohnung) „Frau Bunt“ nennen. Dann passt es doch!:D (Mädels, ihr fehlt mir sehr und auch ein Schwätzchen mit euch.)
für meine Taschentücher und nun will die Tochter auch eine
Wir haben gerade „ceasar salat“ gegessen. Das ist typisch kalifornisch und verdammt lecker. Wieder etwas, was mir sehr gefällt. Ich sage jetzt mal Tschüss, bis bald mal wieder auf ein Schwätzchen.
Meiner Tochter ihr Hund, der kleine Wüstenhund, ist schon alt. Ich kenne ihn seit vielen Jahren durch unsere Video-Sitzungen. Im vergangenem Jahr konnte ich ihn endlich mal streicheln. Der kleine Kerl war im vergangenem Jahr der einzige, der in der prallen Sonne lag. Wir anderen hatten uns in den Schatten verzogen.
Wenn schon nicht schlafen, dann schauen, ob was im Napf ist.
Die Sonne scheint auch jetzt wieder fleißig und ich nehme immer mein tägliches Sonnenbad, aber eigentlich ist hier gerade auch Winter und der kleine Wüstenhund friert jämmerlich. Er sucht jeden Sonnenflecken oder wenigstens den Platz am Kamin, wuselt sich unter alle Decken oder lehnt sich an seine Menschen an.
Am Feuer fühlt sich der kleine Wüstenhund am Wohlsten.
Wie es alte Hunde brauchen und verdient haben, liebt er seine Ruhe. Man sagt ja immer, dass Katzen schlechte Laune bekommen, wenn sie nicht ihre 18 Stunden geschlafen haben; beim kleinen Wüstenhund ist das genau so. Er schafft es vielleicht sogar auf 20 Stunden.
Jaja, auch ein kleiner Wüstenhund kann träumen!
Er hat eine Hundeklappe und wenn ihm so ist, kann er in den Garten huschen. Das macht er auch regelmäßig, denn er muss ja kontrollieren, ob alles in Ordnung ist. Postboten und Paketanlieferer kann er nicht leiden und jeden Fremden verbellt er. Der kleine Wüstenhund hat eine Stimmlage, dass man einen Rotweiler vermuten könnte. Ach, vielleicht ist das gut so.
„Ach, nee! Ich bin nicht da.“
Gestern Abend nun, in der Dämmerung, gab es draußen ein markerschütterndes Geheul. Mit tiefen Tonen fing es an und schraubte sich zu schrillen hinauf. Ich stand dann plötzlich vor dem Sofa und war arg erschrocken. Ich hatte das Gefühl, dass einem Hund etwas passiert war und er Hilfe brauchte.
„Gibt sie mir nun was ab?“
Die anderen aber blieben ruhig und erklärten mir, dass das Kojoten sind, die in der Dämmerung unterwegs waren. Der Kojote (aztek.cóyotl „Mischling“) ist auch bekannt als nordamerikanischer Präriewolf oder Steppenwolf. Er gehört zur Familie der Hunde, ist also mit unserem kleinen Wüstenhund durchaus verwandt. Das heißt aber nicht, dass er ihm freundlich gesonnen ist.
„Na, dann eben nicht! Aber, ich merke mir das.“
Die Kojoten kommen aus dem Death-Valley und aus den Santa Monica Mountains. Hinter der Gartenmauer am Haus meiner Tochter fließt der Los Angeles River und da schlichen gestern mindestens zwei Kojoten herum. Ihre Nahrungspalette ist groß. Sie fressen aber auch gleichmal kleine Hunde und Katzen.
Der „Goldene Reiter“: Und dann fallt er ab!
Unser kleiner Wüstenhund durfte gestern nur in Begleitung raus und ich wurde eingewiesen, was ich machen soll, wenn plötzlich so ein Steppenwolf da steht. Ich habe also wieder etwas gelernt von den Lebensumständen einer anderen, fremden Region. Das Geheul der Kojoten aber vergesse ich nicht gleich wieder. Es hat mich schon erschreckt. Macht mal die Augen zu und hört euch das mal ein Weilchen an.
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