Dreifach hält besser

Meine Mutter meinte ja immer: doppelt hält besser. Ich habe das mal abgewandelt in dreifach hält besser. Und es stimmt, zumindest was Sockenwolle und Garn für Hüttenschuhe betrifft.
Mit der Herstellung des solchen dreifach gezwirnten Garnes war ich beschäftigt. Reden muss ich ja nicht mit meinem Spinnrad und so war alles (fast) gut.

dreifach zwirnen ganz in Ruhe

Die Ruhe hat mir gut getan und meiner Stimme auch. Der dritte Faden lief als Knäuel nebenher. Die eleganteste Lösung ist das nicht, aber es ist eine. Irgendwann war ich fertig und habe mein Garn haspeln können. Ein feiner Garnstrang ist das Ergebnis.

dreifach gezwirntes Garn wird gehaspelt
das Garn wird gehaspelt

Zwischendurch musste ich immer mal Pause machen. Dann habe ich gelesen. Ich habe einfach mal die „fünf Weltmächte“ in die Suchmaschine eingegeben und bin auf interessante Aussagen gestoßen (gelesen habe ich bei Politikwissenschaftlern und Ökonomen). Dass ich gegen Kriege bin, das war so und wird auch so bleiben. Aufrüstungen schließe ich da mit ein. Was könnten wir alles machen mit diesen Mitteln für den Klimaschutz, gegen den Hunger, für gleiche Bildungschancen … Wer mich mal besucht in meinem Spinnstübchen, dem würde ich davon erzählen. Briefe und Mails gehen auch, aber hier soll es das gewesen sein.

Dreifachgarn abbinden
auf der Haspel

Das dreifach gezwirnte Garn habe ich viermal abgebunden, ehe es ins Entspannungsbad kam. Aus dem kam es schön gleichmäßig wieder heraus. Beim Trocknen hatte ich erstmal wieder Zeit zum Lesen. Zwei neue Bücher sind bei mir eingezogen. Eines hat eine Bloggerin geschrieben, mit der ich schon lange befreundet bin. Ich glaube, so kann ich es sagen. Ich schreibe bestimmt noch etwas dazu.

Das Zweite hatte ich bei Lehmanns bestellt. Um Klassismus geht es und wie er soziale Ungleichheit fördert. Aufmerksam wurde ich auf das Buch durch die Leipziger Internetzeitung. Vielleicht kann ich mich aufraffen und etwas dazu schreiben.

Strickprobe mit dreifach gezwirntem Garn
Strickprobe: zählen, rechnen und anfangen zu stricken

Eine Strickprobe aus dem Dreifach-Garn habe ich inzwischen gemacht und bereits den ersten Hüttenschuh nach meinen Vorstellungen angefangen zu stricken. Es darf nichts schief gehen, denn der Schwiegersohn freut sich auf die Schuhe.

Die Einreise in das andere Land ist inzwischen bestätigt. Wir sind willkommen. Nur ich habe ein bisschen Angst, dass ich alles nicht schaffe. Mühe werde ich mir geben und auch vorher noch einmal mit meinem Arzt alles besprechen. Tja, und dann bin ich mal weg.
Gut geht es mir immer noch nicht. Ich werde mich also noch ein bisschen ausruhen müssen.

Sprachlos.

Jede Kanone, die gebaut wird, jedes Kriegsschiff, das vom Stapel gelassen wird, jede abgefeuerte Rakete bedeutet letztlich einen Diebstahl an denen, die hungern und nichts zu essen bekommen, denen, die frieren und keine Kleidung haben. Eine Welt unter Waffen verpulvert nicht nur Geld allein. Sie verpulvert auch den Schweiß ihrer Arbeiter, den Geist ihrer Wissenschaftler und die Hoffnung ihrer Kinder.
(Dwight D. Eisenhower)

Sprachlos bin ich tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes. Mein Rheuma tobt sich gerade im Kehlkopf aus. Der Termin bei der HNO-Ärztin ist in 14 Tagen und bis dahin huste ich mir eben noch ein bisschen die Seele aus dem Leib und schweige. So, das reicht. Ich mag nicht weiter über Krankheiten reden.

Sprachlos bin ich aber auch noch aus anderen Motiven heraus. Der Krieg in Europa belastet mich sehr (Überhaupt Kriege – egal wo) und die nun folgende Aufrüstung, dass Ortschaften ganz weit im Osten mit deutschen Namen benannt werden (ich kenne die gar nicht), dass die Kommunikation nun noch einen Tacken rauher geworden ist und dass Menschen, die… Halt. Schluss. Ich mache das mit mir alleine aus, aber weder in fb noch auf meinem Blog. Dass ich hier auch schweigsam bin heißt nicht, dass ich nichts tue.

Flucht zur Wolle, wenn ich ansonsten sprachlos bin
die Wolle muss vermischt werden

Ich bin so froh, dass ich meine Wolle habe. Die Braune riecht nach Schaf und wenn ich sie mir an die Wange halte, dann ist es als ob ich Schafe höre. Das darf ich gar nicht erzählen, dass ich schon in die Wolle geheult habe. Das Produkt daraus soll ja mit auf die Reise gehen. Oder erzähle ich es doch? Warum eigentlich nicht. Ich bin nun mal nicht aus Stahl. Und die Tränen hatten etwas Befreiendes.

in der Karde wird gemischt  und man darf da auch sprachlos sein
in der Karde

Die Wolle sieht arg lila aus, aber so ist sie nicht. Das ist auch noch der Beginn der Farbmischung. Die Rötliche habe ich mal geschenkt bekommen. Sie war so in ein Behältnis gestopft, dass nicht ein Fatzel Luft dazwischen passte. Das hat die Fasern verdichtet und störrisch werden lassen. Aber, ich kann da eine Riesengeduld entwickeln. Was muss, das muss. Und wenn die Fasern locker sein müssen, dann werden sie das auch.

in der Karde
das muss noch einmal durch

Für heute habe ich genug gekämmt, kardiert, gesponnen und gehustet. Ich kuschele mich jetzt unter meine Decke, denn mir ist kalt.
Morgen werde ich anfangen mit dem Dreifachzwirn. Ich besitze keine Lazy Kate und bin gespannt, ob meine Behelfstechnologie funktionieren wird.

den dritten Faden spinnen

Summ‘ und brumm‘ Rädchen. Das Spinnrad in der Klassik.

Singen geht gerade bei mir gar nich, aber an den Ohren habe ich ja nix und so habe ich mir mal wieder eine Musikliste zusammengesucht. Ich wollte wissen, welche Rolle das Spinnrad, das Rädchen, in der klassischen Musik spielte.

Es gibt da ganz viele Lieder, Kunstlieder, Musikstücke, in denen das Spinnrad besungen wird oder der gleichmäßige Lauf des Rädchens den Takt vor gibt.
Warum so viel?
Im 18. und 19. Jahrhundert gehörten Handarbeiten zum Alltagsleben dazu. Und so ist es kein Wunder, dass das Spinnrad Beachtung fand.
Ich habe mich einfach mal auf die Suche gemacht, um zu hören, wie verschiedene Komponisten das Rädchen surren lassen haben. Meine Liste war ordentlich lang, vier Stücke habe ich ausgewählt. (Achtung: Alle Links laufen zu YouT**e)

Gretchen am Spinnrad

Gretchen sitzt am Spinnrad und denkt über Faus nach. Ihre Welt ist aus den Fugen geraten. Franz Schubert vertonte Goethes Ferse und das Kunstlied steht nun für den Höhepunkt der Krise, in der sich Gretchen befindet. Die Bewegungen des Spinnrades finden sich im Lied wieder. Hört mal , aber nur wenn ihr wollt. Man sieht Gretchen vor sich, wie sie in ihrem Zimmer spinnt.
Als ich anno dunnemals den Faust gelesen habe, hatte ich mit dem Spinnen noch nichts am Hut. Um so interessanter finde ich es jetzt. Übrigens, diese Verse sind schon im Urfaus zu lesen. Da hatte uns Jungspunde allerdings etwas ganz anderes interessiert.

Meine Ruh ist hin
mein Herz ist schwer
ich finde, ich finde sie nimmer
und nimmermehr.

Goethe: 15. Szene aus dem Faust

La Fileuse – die Spinnerin

Mein zweites Beispiel, was ich herausgesucht habe aus vielen ist ein Musikstück für Harfe von A. Hasselman. „La Fileuse“ heißt es, die Spinnerin. Ich habe mich für diese Darstellung entschieden, weil der kleine Künstler an der Harfe gerade mal 11 Jahre alt war, als er das einspielte.
Man kann ruhig mal die Augen schließen und sieht sie vor sich, die Spinnerin.

Summ‘ und brumm‘ Rädchen

Mein drittes Beispiel ist aus dem fliegenden Holländer von Wagner. Während die Männer auf See sind, treffen sich die Frauen und spinnen zusammen.
Ganz ehrlich, wenn ich das Lied der Spinnerinnen höre, läuft es mir kalt über den Rücken. Das ist genau mein Spinn-Rhythmus.
Ich weiß nicht, wie oft ich den fliegenden Holländer gesehen (und gehört) habe. Einige Male waren es schon. auf das Lied der Spinnerinnen hbe ich früher kaum geachtet. Schade.

Mein Lieblingskomponist darf nicht fehlen

ob bei Brahms zu Hause auch ein Rädchen surrte?

Ohne meinen Lieblingskomponisten (dem ich im Herbst in seinem Haus in Heide hoffentlich einen Besuch abstatten kann) geht es natürlich nicht. Brahms Auf die Nacht in der Spinnstub’n muss ich also noch erwähnen. Eigentlich ging es in den Spinnstuben ja immer ganz lustig zu. Ein Mädchen sitzt allerdings still und in sich gekehrt an ihrem Spinnrad.

Auf die Nacht in der Spinnstub’n
da singen die Mädchen,
da lachen die Dorfbub’n,
wie flink geh’n die Rädchen!
Spinnt Jedes am Brautschatz,
daß der Liebste sich freut.
Nicht lange, so gibt es
ein Hochzeitgeläut.
Kein Mensch, der mir gut ist,
will nach mir fragen;
wie bang mir zu Mut ist,
wem soll ich’s klagen?
Die Tränen rinnen
mir übers Gesicht
wofür soll ich spinnen?
Ich weiß es nicht!

Text: Paul Heyse (1830-1914)

„Die Tränen rinnen mir übers Gesicht. Wofür soll ich spinnen? Ich weiß es nicht!“ Die Frage trieb mich vor einiger Zeit arg um. Nein, ich spinne nicht, um mich zu beschäftigen der Beschäftigung Willen. Ich weiß es wieder, warum ich es tue. Bald fange ich an zu spinnen für meine Webprojekte. Wenn ich Decken über die Knie meiner Rollstuhlfahrerinnen aus der Nachbarschaft webe, kann ich vielleicht ein bisschen Wärme verschenken, die wir alle so sehr brauchen.
Dafür wird das Rädchen summen.

Trost am Spinnrad.

Da hab ich mir was eingehandelt, Bronchitis oder Kehlhopfentzündung. Ich weiß es nicht und mein Arzt und auch seine Frau, die auch Ärztin ist, sind krank. Ich werde es alleine durchstehen, die Hustenanfälle und das Fieber. Eigentlich wollte ich mich hier verabschieden, aber mir fällt nicht so recht ein, was ich allen noch zu sagen und zu wünschen hätte. Also lass ich das erstmal, erzähle statt dessen, wie ich versuche, mich bei Laune zu halten, nämlich am Spinnrad.

Ich arbeite am letzten „Mitbringsel“, an dem für meinen Schwiegersohn, der Erdfarben liebt. Das leise Surren am Spinnrad zu hören und zu fühlen, wie die Wolle durch die Hände gleitet, ist sehr beruhigend und angenehm. Manchmal denke ich an das, was mir noch so durch die Finger geglitten ist. Sehnsüchte, Ideale, Vorstellungen, Ziele. Freundschaften? Ich glaube, ich muss irgendwann generell einen Neustart machen.

Eine Spule ist voll, die zweite in Arbeit. Ich brauche diesmal noch eine Dritte, will dreifach zwirnen am Spinnrad für ein besonders haltbares Garn. Eine Spule muss ich abwickeln und den Faden aus dem Knäuel mitlaufen lassen, denn ich habe weder die notwendige vierte Spule noch eine Halterung für drei Spulen mit dem Garn zum Zwirnen. Ich habe mir aber schon was einfallen lassen.

Das im Glas ist kein Rotwein. Ich trinke keinen Alkohol. Ein naher Verwandter war Alkoholiker und ist an dieser elenden Sucht zugrunde gegangen. Ich weiß nicht, wie viele Jahre das nun schon wieder her ist; mir ist der Alkohol gründlich vergangen. Auch habe ich festgestellt, dass man ihn nicht braucht.
Das im Glas ist mein Schlehensaft, den ich im Herbst hergestellt habe. Er hatte nun Zeit zum Reifen und schmeckt hervorragend.

Am Spinnrad habe ich immer viel Zeit, nachzudenken. Und so habe ich ganz nebenher mein nächstes Projekt geplant. Ich werde bald mit dem Weben anfangen. Dazu habe ich schon gelesen und habe mir vieles angesehen. Vielleicht gönne ich mir noch ein anderes Ashford Spinnrad, mit dem ich Teppichwolle spinnen kann. Ich muss mal schauen, ob ich eines gebraucht auftreiben kann. Neu ist es mir zu teuer. Das schaffe ich nicht.

So, der Schlehensaft ist getrunken und ehe ich wieder ans Spinnrad gehe. mache ich mir einen heißen Holundersaft. Ich will wieder gesund werden.

Ein Nistkasten für die Amsel.

Gewünscht hatte ich mir den Nistkasten und nun habe ich einen. Beim BUND hatten wir einen Halbkasten für die Amseln bestellt. Der ist heute gekommen und auch schon draußen. 

Die Amseln haben es hier etwas schwer, denn es gibt jede Menge Nesträuber: Elstern, Bussard, Rabenvögel. Naja und Katzen gibt es auch noch. In meiner alten Wohnung hab ich den Bussard beobachtet, wie er sich jeden Abend eine kleine Amsel holte. Ich hab versucht, ihn mit lauten Geräuschen zu vertreiben, aber der hat sich nicht stören lassen.

Ob sie den Nistkasten annehmen wird?
für sie haben wir den Nistkasten bestellt

In ihrer Not suchte die Amsel schließlich die Nähe der Menschen. Eine Frau hatte eine Konifere im Erdgeschoss auf der Balkonbrüstung stehen. Dort bauten die Amseln ein Nest, um vielleicht mal in Ruhe ihre Jungen großzuziehen. Ich fand das niedlich, wie Frau Amsel unter der Konifere im Nest saß. Die Frau aber meinte: „Nee, das geht nicht. Der Dreck! Die Amseln müssen hier wieder weg.“
Ich wäre so froh gewesen, wenn sie zu mir gekommen wären.

Ich weiß nicht, ob wir den richtigen Platz gefunden haben für den Nistkasten. Es wird wahrscheinlich sowieso seine Zeit dauern, bis sie es entdecken und wahrscheinlich noch länger, bis sie es annehmen. 

Das sind die kleinen Dinge, um die ich mich kümmern kann und will. Das schaffe ich kräftemäßig und auch finanziell. Die erste Biene hat mich schon besucht auf meinem Balkon. Ach für sie werde ich bald etwas tun, damit sie wieder Nektar sammeln kann. Mein Insektenhotel ist leer. Die Brut vom vergangenem Jahr hat sich schon „raus gefressen“. Nur ein Loch ist noch zu.

Gestern war ich mit meinem Fridolin unterwegs, nach langer Zeit mal wieder. Die Kamera hatte ich bewußt nicht mitgenommen, denn ich wollte den Frühling sehen und riechen. Manche Büsche zum Beispiel bekommen schon Blätter. Ich bin an einer Wiese neben einem Kindergarten vorbei gekommen, die war voller Krokusse und Winterlinge. Wie schön das aussah! Im Garten des Kindergartens spielten die Kinder. Ich wünsche mir, dass alle Kinder so leben können.

Ein erfreulicher Anruf.

Gerade hatte ich darüber nachgedacht, wie schön es war, mit dem Spinnrad und den Geschichten unterwegs sein zu können. Da bekam ich einen Anruf.
Eine Frau aus dem Landkreis sprach davon, wie sie an meine Kontaktdaten gekommen war. Eine Bekannte hatte sie ihr gegeben und dort war ich mal mit Kiepe und Spinnrad.
Ihr glaubt ja gar nicht, wie gut mir das tat. Ich hatte also damals nicht den schlechtesten Eindruck hinterlassen.

Ich wurde eingeladen zu einer 850 Jahrfeier in den Landkreis Leipzig. Es wird an einem Tag während der Feierlichkeiten im Ort einen Handwerkermarkt geben und sie würden sich freuen, wenn ich mit dem Spinnrad und den Spinnradgeschichten kommen könnte. Das sagte die Frau in ihrem Anruf.

Es ließ mir keine Ruhe und ich habe nach dem Anruf nachgeschaut im Netz und ich habe gelesen, dass sich in dem Ort Greifenhain, welches in diesem Jahr seine 850 Jahrfeier hat, ein Verein gegründet hat.

Bis zur Gründung unseres Vereins ging es in Greifenhain sehr ruhig zu und das Dorfleben war regelrecht eingeschlafen. Bis auf das Osterfeuer der Freiwilligen Feuerwehr sowie ein Countryfest gab es kaum eine Veranstaltung und auch sonst tat sich wenig.
Das wollten 15 Greifenhainer ändern und errichteten am 18.10.2012 den Verein „Für Greifenhain e.V.“ mit dem Zweck laut unserer Satzung § 2 Nr. 1: „Zweck des Vereins ist der Zusammenschluss von Bürgern der Gemeinde Greifenhain zur Stärkung der Dorfgemeinschaft und zur Förderung des kulturellen Lebens in unserem Dorf. 

https://www.verein-für-greifenhain.de/newpage

Das gefällt mir sehr.
Ich würde gerne zur 850 Jahrfeier fahren. Zu verkaufen habe ich nichts, aber jeder, der will, könnte ein Fädchen drehen. Ich weiß nur nicht, wie ich hin und wieder zurück komme. Vielleicht fällt mir da noch was ein. Ich werde mal eine Nacht darüber schlafen.

Nach dem Anruf bin ich erst einmal raus auf den Balkon. Die Sonne schien und lud ein, sich einige Minuten einfach nur hin zu setzen. Penny nutzte die Zeit zu einer ausgiebigen Fußpflege. Es war schon ein heftiges Gescharre neben mir auf dem Außenfensterbrett.( Jaja, ich hab ihr dann auch gesagt, dass sie es fein gemacht hat.)

Mein Schal ist fertig und trocknet gerade fein gespannt vor sich hin. Ich habe also Zeit, mir eine kleine Auszeit zu gönnen. Das ist auch gut so. Die Zeiten sind aufregend genug. Und dann konzentriere ich mich auf das, was ich selber bewirken oder tun kann. Kleine Dinge haben manchmal eine nicht zu unterschätzende Wirkung.

bei mistigem Licht troppelt es in der ebenerdigen Dusche vor sich hin

Ein Stück Normalität

Ich brauchte heute ein Stück Normalität. Und da ich noch viel üben muss in meinem Grafikprogramm, habe ich das eben getan.
Weit bin ich nicht gekommen.

Nach der Wärme der Sonne sehne ich mich sehr und auch nach dem Garten und „meinem“ Staudenbeet. Auf dem Balkon werde ich keine Pflanzen mehr überwintern lassen. Alles Mehrjährige muss also in den Garten.
Ich hatte die Pflanzen fein eingepackt, Stroh und Heu aus dem Heimtierbedarf dazwischen und drumherum gepackt. Als ich jetzt mal in meine Verpackung schaute, roch es streng nach Maus. Denen habe ich wahrscheinlich einen großen Gefallen getan. Ganz vorsichtig habe ich mal dann mal ausgepackt und entsorgt, immer auf der Hut, dass ich kein Mäusenest in den Müll werfe. Das hätte ich nun nicht fertig gebracht.

Auch das ist ein Stücke Normalität. Mein Balkon ist ebenerdig.
In Zukunft wird da draußen also nur noch Einjähriges wachsen.

zeichnen für ein Stück Normalität
es ist nur ein Versuch

Eine meiner neuen Pflanzen wollte ich zeichnen. Ich habe dann erstmal aufgehört, denn mir zittern die Hände und alle Linien und Pinselstriche sitzen nicht so, wie ich es mir wünsche. So richtig will es einfach nicht klappen mit der Normalität. Und ich werde nun erstmal nacharbeiten müssen.

Stricken - ein Stück Normalität.
Er könnte schon längst fertig sein.

Mein zweiter Schal könnte schön längst das Wasserbad hinter sich gebracht haben. Ich musste aber öfter mal eine Reihe zurück stricken. Es ist schon erstaunlich, was man alles so zusammenwursteln kann, wenn man sich nicht konzentriert.
Heute aber bekomme ich ihn fertig. Und dann kann ich am Abend endlich mal wieder an mein Spinnrad.

So nicht!

Meine Freundin rief mich gestern an. Sie hatte große Angst. Sie konnte ich noch einigermaßen beruhigen. Mich selber hat es dann entschärft. Wiedermal. Ich hoffe, dass ich meine geplante Reise antreten kann.

Kriege sind durch nichts zu rechtfertigen. Und wer einen anzettelt, ist und bleibt ein Aggressor. Vor Jahren dachte ich noch:“Nehmt dem Tr+mp doch bloß den Schlüssel weg.“ Jetzt denke ich, man sollte den jedem wegnehmen. Tschernobyl sitzt mir immer noch von damals in den Knochen. Bis zuletzt war ich mit den Kindern draußen. Ich wusste ja nicht, was sich über unseren Häuptern zusammen braute. Jetzt wird dort die Ruine eingenommen, wird geballert und keiner weiß, ob das wieder Dinge in die Umwelt entlässt, mit der wir schlecht fertig werden. Es gibt Tote und Verletzte in diesem Krieg und es ist alles verdammt nah. Nein, Krieg ist nicht einfach die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Es ist und bleibt ein Verbrechen.

Jan muss am Sonnabend für mich mitgehen zur Friedensdemo in Berlin. Ich schaffe es nicht. Ich hoffe, dass es viele werden, die nein sagen zu dieser Aggression gegen die Ukraine und nein zu Kriegen aller Art. So nicht!

Herr E. und ich haben die halbe Nacht Filme gekuckt, weil wir nicht schlafen konnten. Mich hatte die kalte Angst mal wieder gepackt. Da hilft keine Wärmflasche. Ich hoffe einfach mal, dass es nicht weiter eskaliert.

Wenigstens habe ich in der Nacht ein Geschenk für meinen Enkel gefunden, welches ich mitnehmen will, wenn ich ihn besuche. Beim Sandmann gibt es immer die Geschichten von der Schmusedecke. Ich dachte schon immer, dass ich mir eine solche Decke für die Kinder im Hort gewünscht hätte. Nun bekommt mein Enkel eine und viele Geschichten. Und ich muss das Lied noch lernen.
Friedlich und mit vielen schönen Geschichten sollte jedes Kind auf dieser Erde aufwachsen können.

Ganz langsam versuche ich, wieder zur Normalität zu finden. Ja, ich habe Angst, aber lähmen und beherrschen soll sie mich nicht. So nicht!
Gerade ist meine Spinnwolle angekommen. Ich habe also auch wieder gut zu tun.

Beschäftigung, denn Angst soll nicht lähmen.

Es könnte so schön sein.

Es ist zwar alles noch etwas „karg“ in der Natur, aber sonnig bei strahlend blauen Himmel. Wenn es morgen auch noch so ist, werden wir wieder draußen sein. Wir wollen mal in den Gartenund sehen, ob sich der Frühling schon zeigt. Wir sind ja immer spät dran.
Es könnte so schön sein, wenn mich nicht trübe Gedanken quälen würden. Herr E. ist da härter im Nehmen als ich. Er sieht in aller Ruhe Nachrichten. Nichts regt ihn auf. „Es wird schon nicht so schlimm werden.“, meint er. Ich bin da nicht so sicher.

Fridolin hat sein neues Nummernschild und seine Plakette bekommen. Ich kann also wieder losdüsen. Er ist gut über den Winter gekommen. Mein Fridolin hatte ja auch nichts auszustehen, hat seinen warmen, verschlossenen Raum.
Die Kamera hängt für morgen schon an der Tür. Nun brauche ich nur noch ein Daumendrücken, dass es wieder schön wird.

Mit allen Mitteln versuche ich mich abzulenken. Fernsehen schaue ich kaum noch und bei fb habe ich alle Nachrichtenkanäle ausgeschaltet.

Mein zweiter Schal ist inzwischen schon 75 cm lang. Er wird richtig schön und ich freue mich. Es war ja das erste, etwas kompliziertere Muster. Wenn er fertig ist, werde ich erstmal Wolle in Erdfarben spinnen. Dann stricke ich nochmal, diesmal für den Schwiegersohn. Er hat sich die Farben gewünscht.
Und dann fange ich mit dem Weben an. Um allerdings richtig dickes Garn für einen Teppich spinnen zu können, werde ich wohl nochmal investieren müssen.

Den Rechner mache ich jetzt aus und räume meinen Schreibtisch. Lasst es euch gut gehen, wo immer ihr seid.

Ich kann nichts für mich behalten.

Vor Jahren hab ich mich sehr gestritten mit einem Verantwortlichen der Druckindustrie hier in der Gegend. Es ging um die Berufsausbildung und er meinte, dass man von seinem Wissen nicht alles weitergeben sollte. Oh nein, ich kann nichts für mich behalten.
Warum auch? Um sich erst Bauchmiezeln zu lassen? Um besser da zu stehen?

Ich habe das immer anders gehandhabt, und vielleicht bin ich auch deshalb Lehrer geworden. Ich habe viel Mühe verwendet für meine Vorbereitungen und ich habe auch alles weitergegeben, was ich wusste. Ich kann halt nichts für mich behalten. Und wenn ich ein Problem nicht lösen konnte, dann hab ich das gesagt. Manchmal sind wir als Gruppe dahinter gekommen.
Wenn meine Schüler dann besser waren als ich, war ich sehr zufrieden.

1. Das Entspannungsbad

Alle Mustertücher müssen ins Wasserbad; ich kann nichts für mich behalten.
einer ist fertig, der andere muss noch wachsen

Ich möchte nun nicht, dass jeder nun stricken sollte. Aber denen, die es tun, denen möchte ich auch meine ausgedachten Hilfen weitererzählen.
Mit Lace-Mustern beschäftige ich mich gerade. Hauchzarte Spitzen möchte ich nicht stricken und dazu auch meine Schafwolle verwenden. Man strickt mit eigentlich zu dicken Nadeln dünneres Garn. Das ist ungewohnt.

Das erste Gestrick hatte ich wieder aufgedröselt. Es gefiel mir nicht, weil ich nicht wusste, dass sich das Muster erst richtig entfaltet, wenn das Gestrick im Entspannungsbad war. Danach sollte es gespannt werden.
Wenn man strickt, sieht das erstmal aus, als wäre ein Hunh über die Fläche gerannt und hätte gescharrt. Der erste Schal hat alle Nachbehandlung schon hinter sich. Er ist glatt und das Muster zeigt sich von der besten Seite.

2. Der Reihenmarkierer für den Mustersatz

Ich kann nichts für mich behalten, auch nicht kleinste Erfahrungen.
Auch kleinste Tricks und Erfahrungen muss ich petzen.

Was habe ich mich zu Beginn verstrickt! Ich habe dann angefangen, den Fehler zu suchen, aber das war alles andere als leicht. Dann habe ich zurück gestrickt, aber den Fehler fand ich nicht wieder. Ein etwas größeres Stück hab ich wieder aufgedröselt, hatte mir viel Arbeit umsonst gemacht.
Der Mustersatz geht über sechs Reihen und manchmal wusste ich nicht, wo ich mich gerade befinde. Wie gesagt, so richtig glatt liegt da nichts. Und so habe ich zu Beginn des nächsten Mustersatzes einen Maschenmarkierer gesetzt. Das war schon mal eine gute Tat. Stimmte alles, musste ich nicht mehr darüber nachdenken.

3. Der Markierer für den Rapport

So geht es auch, aber ab morgen wird es besser.

Der Rapport besteht aus neun Maschen. Von Reihe zu Reihe ändert es sich. Zu Beginn des Musters habe ich auch wieder Maschenmarkierer gesetzt. Ich hatte nichts anderes und so mussten Büroklammern herhalten. Die Nadel ist etwas dich und die Markierer gleiten nicht geschmeidig beim Stricken auf die andere Nadel. Morgen zieht eine besseere Lösung bei mir ein.
Es fällt sofort auf, wenn zwischen den Markierern ein Fehler passiert ist. Und der lässt sich dann auch ohne größeren Aufwand korrigieren.

Ich kann nichts für mich behalten, aber jetzt stricke ich erstmal wieder.

Beim zweiten Schal bin ich inzwischen ein ganzes Stück weiter gekommen. Trotzdem muss ich noch ungefähr einen Meter stricken.
Ich bin sehr froh, dass ich mich an das Projekt gewagt habe. Und wenn es mal total daneben geht, dann fängt man eben nochmal an, immer nach der Devise:
„Meister, ich bin fertig. Wir können trennen.“ 😀