Eigentlich mag ich den Oktober nicht so sehr, denn dann fängt mein Rheuma an, zur Hochform aufzulaufen. Das Wetter war aber fast sommerlich und Herr E. überredete mich, mit in den Garten zu kommen. Ich habe sogar noch mal im T-Shirt herumgesessen.
Wir haben auch einiges geschafft, außer Grillen und in der Sonne sitzen. Der Igel hat sein Winterquartier gerichtet bekommen aus Ästchen und Laub, die Vögel bekamen ihr Futter, die zu Hause gezogenen Nelken kamen in die Erde.
Mit den Schilfblüten wollte ich immer mal Wolle färben. Ich schaffe es aber nicht mehr, weil ich nicht mehr lange stehen kann und der Färbetopf zu schwer geworden ist für meine Hände. Nun tummeln sich Libellen und andere Insekten am Schilf. Gut so.
Herr E. hatte mir meinen Stuhl in die Sonne gerückt, neben die Herbstastern gestellt. Noch immer waren dort allerlei Insekten zu sehen. Nun ja, sie sind schon arg taumelig, aber auch sie nutzten die letzten warmen Tage im Oktober und besuchten die wenigen, noch vorhandenen Blüten.
Meine Gartenmeise war diesmal zickig. Ständig drehte sie sich um, tippelte hinter den Futterplatz oder machte sich einfach davon. Gut dann eben nicht! Ich wollte die Kamera schon einpacken. Es war ja auch schon spät geworden. „Warte mal noch,“ sagte Herr E. „da gibt es bestimmt noch ein Motiv.“
Fast alle Blumen sind verblüht, aber einige wenige halten sich tapfer. Ich fand es interessant, wie sie sich alle in den letzten Sonnestrahlen zeigen konnten, während vieles schon in der Dämmerung versank. Wir machten uns dann aber auch wieder auf den Weg nach Hause.
eine der letzten Rosen im Oktober-Abendlicht
In dieser letzten Woche im Oktober hätte ich noch so vieles zu schreiben gehabt, aber es ist besser, wenn ich alles, was mich im Moment arg belastet, alleine verarbeite. Es ist gerade etwas viel. Ich habe gerade viele Fragen und suche nach Antworten. Es ist vielleicht kein Zufall, dass ich gerade am heutigen Tag im Oktober meinen Großvater und meine Eltern sehr vermisse. Sie haben mir ja schon vieles mit auf den Weg gegeben. Ich habe nur nicht geglaubt, dass ich ihre Erfahrungen mal so dringend brauchen werde. Mir fehlen die Gespräche mit ihnen.
Solch Wetter wie heute hatten wir auch einige Tage an der Nordsee. Regen. Auf dem Sofa sind wir nicht geblieben. Die Tochter fuhr mit uns zur Phänomania Büsum.
ein Stück der Fasadengestaltung
Es schütete wie aus Eimern und schon das Stücke vom Parkplatz bis zum Gebäude reichte, dass wir ordentlich nass waren. Die ganze Fassade der Phänomania, gleich hinter dem Deich, konnte ich aus dem Rollstuhl heraus nicht fotografieren. Ich hatte keine Lust einen anderen Standort zu suchen im Regen. Gefallen hat mir das Gebäude schon von außen.
Die Wellenmacherin
Der Komplex ist groß und die Anzahl der Dinge, die man ausprobieren, anfassen, sehen, hören kann auch. Dies ist auch ausdrücklich erwünscht. Wir hatten nur einen Nachmittag Zeit und haben demnach nicht alles schaffen können. Mit Kindern kann man hier getrost einen ganzen (Regen-)Tag verbringen, ohne dass es jemand langweilig wird.
Was macht sie da?
Auf spielerische Art und Weise werden Probleme erklärt. So manches Aha-Erlebnis hat man und lustig ist es obendrein. Es gibt zum Beispiel ein Fahrrad-TV. Man muss strampeln, um im Fernseher etwas zu sehen. Gut, ellenlange Netflix-Serien schafft man so bestimmt nicht, aber einen Lacher löst es schon aus, wenn im Fernsehen plötzlich der abgekämpfte Radler zu sehen ist. Ach ich kann gar nicht alles beschreiben. Und was hat die Tochter denn nun mittels der Hebelgesetze hochgewuchtet?
Ihn!
am anderen Ende des Hebels
Auch im Phänomania konnte ich nicht alles mitmachen. Ich hätte dazu stehen müssen. Aber es hat mir großen Spaß gemacht, den anderen zuzuschauen. Die Begeisterung und Wissbegier der Kinder fand ich erfrischend. Ein Großvater hatte großen Spaß mit seinem Enkel und ich auch, wenn ich die beiden gehört habe.
Da hat er Recht, der Leonardo.nur die dunklen Töne lassen das Wasser wallender Lesende aus BüchernHier darf man nicht anecken.
Ich wäre noch zu gerne auf den Deich zu den Schafen „gerollert“, wollte aber nicht im Regen unterwegs sein. Das nächste Mal! Büsum ist ja nicht weit weg vom Wohnort der Tochter.
Wenn man den richtigen Punkt fand, blieb der Ball in der Luft. Haha, ich kann hexen!
Wenn man mit Kindern unterwegs ist oder wenn einen selbst im Urlaub das Schietwetter trifft, ist es immer gut, wenn man einen Plan B hat, eine Schlechtwettervariante. Und an zwei Tagen brauchten wird die auch.
Als die Kohltage im Dithmarschen begannen, war für mich Abreisetag.
Nach Heitabu wollte ich und an die Eider, aber der Tag begann mit ordentlichem Aprilwetter. Es war auch gut, dass wir uns für die Schlechtwettervariante entschieden hatten. Mittags goss es wie aus Eimern und so machten wir uns mit dem Schwiegersohn auf nach Tönning, ins Multimar.
Gestern musste der neue, klappbare E-Rolli seine Bewährungsprobe bestehen. Oder war eher ich es, die das musste? Ich hätte mich gerne mal wieder gedrückt, aber Herr E. war unnachgiebig. Also fuhren, bzw. spazierten wir los in den Schönauer Park. Komisch, die ersten Ausfahrten mit einem Hilfsmittel finden immer in den Park statt. Aber damals sah es noch etwas besser aus als gestern.
Ich wusste schon, dass der Schönauer Park nicht mehr so sein wird, wie ich ihn kenne. Das deutete sich ja in den letzten Sommern schon an. Jahrelange Dürre verursacht dann nicht wieder gut zu machende Schäden. Die alten Bäume sind im Krisenmodus. Trockene, gelbe Blätter sieht man, ganz abgestorbene Bäume auch und brechende Äste. Die Wiese sieht aus wie Steppe. Mich machte das traurig und darum wollte ich auch gar nicht in den Park.
Wir mussten aber meinen neuen E-Rolli Probe fahren, schließlich will ich mit ihm reisen. Und das muss er schon bald. Der Rolli machte sein Ding ganz gut. Gras, Wurzeln, lockere Erde, Steigungen, abgesenkte Bordsteinkanten, Querungen an Straßenbahn-Schienen – das alles schaffte er mühelos. Nur ich tue mich immer noch schwer, ständig auf dem Poppes zu sitzen. An Steigungen und bei engen Wendemanövern bin ich ein arger Schisser.
„Fotografiere doch nicht ständig das Unschöne“, meinte Herr E. Zuerst wollte ich zurück maulen, aber er hatte ja Recht. Also sah ich mich mal etwas intensiver nach Schönem um. Ein Blühstreifen wurde angelegt. Und wenn es mal regnen würde, dann sähe es nicht vertrocknet und gelb aus. „Schmetterlings-Hotspot“ stand da auf einer Tafel, aber von Schmetterlingen war nichts zu sehen. Ach ja, ich wollte doch … Na dann schaue ich mal, was am Teich los ist.
Man kommt nicht umhin, das zu sehen, was vertrocknet oder schon gänzlich gestorben ist. Die Libellen sind weg. Im Teich wuchern die Algen und es riecht nach Faulschlamm. Der Reiher, der hier immer jagte, fand wahrscheinlich nicht genug Futter. Er ist weg, genau wie alle Enten. Alles, was im Schönauer Park sehenswert war, habe ich versucht aufzunehmen, in meinem Kopf und mit der Kamera. Ich hoffe so sehr, dass es eine Großstadt-Oase bleiben wird.
Es gibt schon Bemühungen. So auch in meiner Straße, bei einem Versuch Fassaden-Grün wachsen zu lassen. Leider sind das Häuser, die nicht meiner Genossenschaft gehören. Ich wünschte mir solches Grün auch sehr. Es könnte eine gute Klimaanlage sein.
So, ich verziehe mich wieder zu meinem Wollprojekt. Vielleicht erzähle ich ja mal davon.
Gegenüber der Olvera Street und in der Nähe des Los Angeles Plaza befindet sich die L.A. Union Station, der größte Bahnhof von Los Angeles. Die Archtitektur lässt die traditionellen spanischen Einflüsse erkennen. Die Union Station ist einer der letzt eröffneten Bahnhöfe in den USA und wurde jetzt erst zu einem der schönsten gewählt. Und schön ist er auch wirklich.
L.A. Union Station
Wir wollten nicht mit dem Zug fahren, aber unser Auto stand auf einem der angrenzenden Parkplätze. Wir „Mädels“ mussten einfach mal auf Toilette. Im Bahnhof machte ich einige interessante Entdeckungen.
Da war einmal der wunderschöne Wartesaal, der nur noch zu besonderen Anlässen zugänglich ist. Die Haupthalle des Bahnhofs mit ihrer Kassettendecke, dem Marmorfussboden und seinen hohen Bogenfenstern strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Läden sind stilvoll in den Bahnhof integriert und es gibt auch noch gemütliche Ruhebereiche. Was mir angenehm auffiel, war die Sauberkeit. Der Bahnhof strahlte förmlich in seinem Glanz. Und so habe ich auch niemand gesehen, der achtlos seinen Müll hinwarf.
Toiletten sind kostenfrei (wie überall) und genauso blitzesauber wie alles andere in der Union Station. In Leipzig hab ich mir manchmal fast einen Knoten sonstwohin gemacht, weil ich das Kleingeld für’s Klo gerade nichtbei mir hatte. Wie immer halt, wenn man es eilig hat. (Und so klein ist der Betrag gar nicht.) Ja, jetzt wird auch gewechselt, aber ehrlich: Gehört eine Toilette nicht zu den Grundbedürfnissen?
Polizei war auf dem Bahnhof immer präsent und war auch ganz schnell zur Stelle, als ein Mann, der offensichtlich seine Nase etwas zu viel gepudert hatte, die Leute „ansaftelte“. Eine Polizistin sah ich, nicht mehr jung, die Bluse in die Hose gestopft, einen derben Koppelgürtel um, an der die Pistole hing. Ungewöhnlich ist das ja nun nicht; ungewöhnlich war ihr Hinterteil. Ich glaube, hier im Lande hätte sie keine Chance in dem Job gehabt.
Das ist mir verschiedentlich erzählt worden, dass es in Kalifornien etwas anders läuft, wenn man sich um Arbeit bemüht. Es geht nicht darum, wie man aussieht, ob man jung ist oder gertenschlankt; mit den Arbeitsinhalten muss man klar kommen. Deshalb gibt man bei Bewerbungen kein Alter an und kein Passbild mit. Das gefällt mir gut.
Alles war hier barrierefrei. Es ist ein altes historisches Gebäude und man hat es verstanden, den Stil zu wahren und dennoch allen Komfort zu bieten. Wege, besonders an Straßen und Gefahren-Ecken, waren mit einer Art Stoppbelag versehen. Man kann gut darauf fahren, aber nicht aus Versehen losrollen. Hilfsbereitschaft habe ich viel erlebt. Das hat mir gut getan und ich habe mich wohl gefühlt.
Auch der schönste Tag geht mal zu Ende und wir machten uns dann auf den Heimweg. Es war ein anstrenender Tag, aber auch einer mit ganz vielen Eindrücken und Begegnungen. Wenn ich im Garten meiner Tochter saß, hörte ich immer eine Lok pfeifen. Ehrlich, sie scheint mich zu rufen. Von der Union Station fahren Züge bis nach Seattle, aber auch nach Santa Barbara und irgendwann fahre ich mal mit.
Ich hatte es ja doch versprochen. Dann woll’n wir uns mal ein bisschen umschauen am El Pueblo de Los Angeles. Ja, wirklich nur ein bisschen, denn alles konnte ich mit meinem Rollstuhl nicht errollern. Auch sind die Fotos aus meiner Perspektive entstanden. Fotografieren war manchmal schwierig. Ich mache es halt so, wie ich es kann, und ich zeige es auch. Na, dann kommt mal mit.
Vickrey-Brunswig-Building
Rechts, der schöne Backsteinbau, war das erste fünfstöckige Gebäude in LA, also der erste „Wolkenkratzer“ am El Pueblo de Los Angeles. Der Geschäftsmann William Vickrey beschäftigte den Architekten Robert B. Jung, um die fünfstöckige Struktur für die Eastside Bank zu entwerfen und zu bauen. 1888 war es im viktorienischem Stil fertiggestellt.
In den 1930er Jahren erwarb die Grafschaft Los Angeles das Gebäude und beherbergte verschiedene Bezirksbüros, darunter sowohl ein Gerichtsgebäude als auch ein Kriminallabor. Das Gebäude wurde nach dem Erdbeben in Sylmar 1971 geräumt. Die äußeren Gesimse entfernte man für die öffentliche Sicherheit; die Fenster wurden vernagelt. In den 1990er Jahren verursachten mehrere Brände erhebliche Innenschäden am Gebäude.
Die Simse sind inzwischen wieder dran und erdbebensicher hat man das Haus inzwischen auch gemacht. Die Neubauden im Hintergrund beherbergen die Gerichtsbarkeiten und links vorn steht das Pico-House.
Pico-House
Pío Pico, ein erfolgreicher Geschäftsmann, war der letzte mexikanische Gouverneur von Alta California. Er ordnete den Bau eines Luxushotels in der wachsenden Stadt an. Das Haus stammt aus der Zeit, als Los Angeles noch eine kleine Stadt in Südkalifornien war. Die Stadt dehnte sich aber sehr schnell aus und das Haus verschwand aus dem Rampenlicht. Pico selbst bekam finanzielle Probleme und verlor das Haus.
Teile des Hauses hat man rekonstruiert. Es steht jetzt unter Denkmalsschutz am El Pueblo de Los Angeles. Die Rückseite vom Pico House gab übrigens eine gute Kulisse für die TV-Show The Mentalist ab.
Eugene Biscailuz Building
Dieses Gebäude konzipierte man eigentlich als Hauptquartier der United Methodist Church Conference. 30 Jahre lang war einst das das mexikanische Generalkonsulat dort. Jetzt beherbergt es das mexikanische Kulturinstitut. Ich werde das bestimmt noch besuchen, denn es zeigt traditionelles mexikanisches Kunsthandwerk und anderes, was mich sehr interessiert. 1968 nannte man das Gebäude nach Eugene Biscailuz, einem ehemaligen Sheriff von Los Angeles County. Der half Christine Sterling (Sie hatte ich in dem Beitrag schon mal erwähnt) in ihrem Kampf um die Rettung dieses historischen Teils von Los Angeles.
1979 malte Leo Politi ein Wandbild auf der Süd- und Ostwand, das den Segen der Tiere darstellt, eine traditionelle Veranstaltung, die jedes Jahr am Ostersamstag im Park stattfindet.
The old Plaza Firehouse
Das Old Plaza Firehouse ist die älteste Feuerwachein der Stadt Los Angeles, die 1884 erbaut wurde.
Entworfen wurde das Haus vom lokalen Architekten William A. Langweilig. (Was für ein Name!) Die Stadt zahlte ihm damals 160,75 Dollar für seine Zeichnungen.Man beute das Haus 1884. Bis 1897 diente es als Feuerwehr. Danach wurde das Gebäude als Salon, Zigarrenladen, Poolraum, „seedy Hotel“, chinesischer Markt und Drogerie genutzt. Das Gebäude restaurierte man in den 1950er Jahren und eröffnete es 1960 als Feuerwehrmuseumt.
Ich musste natürlich herausbekommen, was ein seedy Hotel ist. Seedy heißt in der Übersetzung „zwielichtig“. Sich das nun alles vorzustellen überlasse ich eurer Phantasie. 🙂 Gwen Bristow beschreibt übrigens in ihrem Roman „Kalifornische Synfonie“ ganz gut ein solches Etablissement im alten Los Angeles.
La Iglesia de Nuestra Señora la Reina de los Ángeles
„Die Kirche Unserer Lieben Frau Königin der Engel“ist eine historische katholische Kirche am Platz. Man gründete sie Anfang des 19. Jahrhunderts, als das heutige Kalifornien noch unter spanischer Herrschaft stand und als „Alta California“ bekannt war. Von dem Wandbild zum Beispiel war ich jedenfalls schon mal sehr beeindruckt.
Es war schön, dass meine Tochter mit uns auf den alten Platz gefahren war und uns viel über ihre Stadt, in der sie nun schon über 20 Jahre lebt, erzählt hat. Los Angeles ist ihr zur neuen Heimat geworden. Das spürt man, wenn man mit ihr unterwegs ist. Einige der Häuser hätte ich gerne von innen gesehen, wie zum Beispiel die alte Kirche und das Mexikanische Kulturzentrum. Dazu fehlte und aber einerseits die Zeit und andererseits auch dann die Kraft. Vielleicht klappt es noch, denn ich werde wieder kommen. Das Datum steht schon so gut wie fest. An dem Tag machten uns schließlich wieder auf zur Union Station und dann auch auf den Heimweg.
Nachtrag für Mia: Mia, du siehst, ich habe nicht nur nach feschen, jungen Männern geschaut. 😀
Ab und an braucht jeder mal einen Pause. Wir suchten uns eine Bank am Los Angeles Plaza, um auszuruhen, etwas zu essen und zu trinken. Letzteres muss man in Los Angeles ständig dabei haben und auch ständig machen. Und wie wir da so saßen, bemerkte ich eine Statue eines jungen Mannes auf einem Granitstein stehen. Ich betrachtete ihn mir lange, denn er gefiel mir schon sehr. Wir hatten ja nur so einen „Schiebe-Rollstuhl“mit. Ich war aber so fasziniert von der Statue, dass ich in die Rader griff und mich auf den Weg zu ihr machte.
Felipe de Neve
Der Mann auf dem Sockel war Felipe de Neve, 1724 oder 1728 in Andalusien geboren. 1744 wurde er Kadett der Spanischen Streitkräfte, diente zunächst in Kantabrien, Flandern, Mailand und Portugal und kam schließlich 1764 in die spanischen Kolonien in Mittelamerika. 1774 hatte er sich in den Rang eines Oberstleutnants hochgedient, wurde ein Jahr später Gouverneur von Niederkalifornien. 1777 und 1782 war er dann auch Gouverneur von Oberkalifornien.
In seiner Zeit als Gouverneur wurden in Oberkalifornien einige neue Missionen und Städte gegründet. Die bedeutendste unter ihnen war Los Angeles. Zunächst war dort eine Mission entstanden. Dann schickte Gouverneur Felipe de Neve elf Familien, um das Land zu bebauen. Am 4. September 1781 wurde die Gemeinde Los Angeles mit 44 Siedlern auf dem Gebiet der Tongva-Ureinwohner gegründet. (Das alles kann man nachlesen bei Wikipedia)
Ach so. Deshalb steht er auf dem LA Plaza, dem Ort, an dem das Leben der Stadt Los Angeles begann. Carlos III von Spanien durfte natürlich auch nicht fehlen, denn er hatte die Gründung der Stadt befohlen und Felipe de Neve führte den Befehl aus. Und so entstand „El Pueblo de la Reina de Los Ángeles („Das Dorf der Königin der Engel“), das „Hinterwäldnernest“, wie es die Hauptfigur in der „Kalifornischen Synfonie“ nannte.
Carlos III von Spanien
Ach, gefallen hatte mir der Felipe de Neve schon, wie er so stand auf seinem Sockel, groß, schlank und stolz. Ob ich ihn allerdings in echt gern begegnet wäre, glaube ich eher nicht. In Bewegung gebracht hat er mich an dem Tag allerdings schon und das war doch gar nicht so schlecht.
Ich schaute mich noch ein bisschen weiter um, wenn es nun schon mal rollte. Die umstehenden Gebäude waren aufwändig restauriert worden. Wollt ihr mal mitkommen? Ich rollere mal schon voran, bin ja nun mal nicht die Schnellste. Wir sehen uns im nächsten Beitrag.
Plaza heißt Quadrat, wenn man es aus dem Spanischen übersetzt. Als Los Angeles 1781 gegründet wurde, bestand die erste Amtshandlung darin, ein Zentrum zu schaffen, von dem aus sich die Stadt entwickeln konnte. Die Plaza, El Pueblo de Los Angeles, wurde ein Rechteck und alle Ecken zeigten auf eine Himmelsrichtung.
Ich habe den Ort mal versucht, zu zeichnen. Ich musste sowieso mal wieder üben und habe festgestellt, dass es mir wiewohl nicht mehr so locker von der Hand ging. Alles, was ich gerade mal nicht für so wichtig hielt, habe ich weggelassen. Ich nutze die Zeichnung trotzdem, weil ich nunmal nicht gerne fremde Arbeiten nehmen möchte.
Die Stadtpläne gehen mitr nicht mehr so locker von der Hand beim Zeichhnen.
Nach dem Besuch in der Adobe Avila schlenderten wir über die Olvera Street einer historischen Straße in der Innenstadt von Los Angeles. Sowohl zahlreiche Restaurants gibt es hier , als auch viele Marktstände an der Straße und in den Häusern daneben. Die mexikanischen Traditionen sieht und fühlt man hier ganz deutlich. An manchen, farbenfrohen Sachen konnte ich mich zum Beispiel nicht satt sehen. Ein Paar Schuhe hatte es mir besonders angetan, aber als ich mich endlich zum Kauf entschlossen hatte, war der Marktstand indessen verschwunden. Tja!
„Kommt wir gehen jetzt dahin, wo Ramba-Zamba ist“, sagte meine Tochter dann. Und tatsächlich war Musik zu hören, mexikanische Klänge, solche bei denen man immer „mitwippen“ muss. Hier auf dem alten Platz erlebte ich zwei Dinge. Die erste war, dass hier wirklich multikulturelles Leben zu spüren war und das zweite , dass diese Menschen eine unglaubliche Lebensfreude ausstrahlten, eine die zudem noch ansteckend war.
Hier wurde getanzt und niemand hat es interessiert, was man anhatte, wie man aussah, wie alt man war und wie gut zu Fuß.
Zweimal in der Woche ist das so. Alte und Junge sah ich, Herausgeputzte und welche, die gerade von der Arbeit kamen. Wer nicht tanzen wollte oder konnte stand am Rand des Platzes. Viele hatten sich einen Klappstuhl mitgebracht. Sie schwatzten und lachten. Alte und Junge tanzten; ich sah auch jemand mit Krücke. Eines aber hatten alle gemeinsam: eben diese Lebensfreude.
Das Fotografieren fiel mir an diesem Tag schwer. Ich saß im Rollstuhl, in einem, mit dem ich geschooben werden musste. Herumkommandieren, wo ich gerade mal hin musste, wollte ich nicht. Ich hatte nie den richtigen Standort, aber ich will die Bilder dennoch zeigen, die Lebensfreude der Menschen auf dem El Pueblo de Los Angeles. Wenn man sie am Abend fragen würde, ob sie sich einsam fühlen, dann bekäme man sicher zur Antwort: „Was ist das?“
Mein Enkel hatte ganz besondere Freude am Tanz der Menschen. Ganz konzentriert sah er einer jüngeren Frau zu, wie sie sich bewegte und zack!, war der Mann seine Tänzerin los. Mein Enkel sorgte an dem Tag für viel Spaß auf dem Platz.
Ich habe da mal einpaar „Schnipsel“. Den Tag werde ich so schnell nict wieder vergessen. Es war für mich eine Lektion! Die Stadt mit ihren Menschen begann ich zu lieben.
Bevor ich von der Lektion in Lebensfreude erzähle, die ich auf dem Plaza von Los Angeles erhalten habe, möchte ich ein besonderes Familienmitglied vorstellen. Der kleine Rat Terrier hat viele Namen, weil jeder ihm einen Kosenamen verbraten hat. Eigentlich heißt er Peru, aber so nennt ihn fast niemand.
Die Rat Terrier (Ratten Terrier) waren gezüchtet worden, um die Ratten auf den Farmen fernzuhalten. Kleine, quirlige, genügsame Hunde sind das. Auch heute noch leben viele auf Farmen in den USA und in Mittel- und Südamerika. Immer mehr werden sie allerdings auch als Familienhunde gehalten.
der Sonenanbeter
Wir haben immer zugesehen, aus der Mittagshitze heraus zu kommen. Der kleine Rat Terrier allerdings war ein regelrechter Sonnenanbeter. Er lebt schon lange bei meiner Tochter, hat also schon einige Jahre auf dem Hundebuckel. Vielleicht tuen die Sonne und die Wärme ihm gut. Meine Tochter wollte ihn schon öfter mal mitbringen, wenn sie in Deutschland zu Besuch war. Wir waren aber dann alle der Meinung, dass er hier sogar im Sommer frieren könnte. Die Wüste in Mexiko macht ihm dagegen weniger aus.
der Blick ist eine einzige Klage.
Nun muss aber auch ein gestandener Rat Terrier mal unter die Dusche. Keine Ahnung, wo er sich gesielt hatte, er roch wirklich nicht gut. Oh, seht ihr den anklagenden Blick? Wasser und Hundeshampoo? Pfui Teufel! Richtiges Sielen und Wälten im Wüstensand wäre viel schöner gewesen.
Wasser? Pfui Teufel!
Und so lag der kleine Hund neben mir, eingemummelt weil er zitterte, und maulte vor sich hin. „Woowoowoowoo“, schimpfte er leise unter seinem Badetuch. Kuscheln und Trösten war erwünscht und ganz langsam hörte die Zitterei und das Gemaule auf. Klar, es gab auch ein Trost-Pflästerchen, ähh Trost-Leckerchen.
Wenn ich jetzt noch ein bisschen jammere, …
Peru bekommt jetzt eine Kletterhilfe, dass er auf seinen Lieblingsplatz auf der Sofalehne kommt. Er wird halt alt und das Hochspringen gelingt nicht mehr so gut. Als er in der Garage mit kühnen Hüpfer drei Stufen hoch wollte, knallte er mit einem Hinterbeinchen gegen die Treppe. Und dann wurde er erstmal gehoben und getragen. Das gefiel ihm aber ganz gut. Bei unserer Abreise stand er wieder auf seinen vier Beinen.
Einige seiner typischen gelbrotbraunen Stellen im Fell hat er noch, aber immer mehr wird er grau. Peru, mach bloß keinen Mist; ich will dich kuscheln, wenn ich wieder komme.
Schlaf gut, du kleines, liebes Kerlchen.
Ach, da lasssen wir den kleinen Rat Terrier, unseren Hunde-Opi, mal schlafen. Auch im Alter ist das Leben noch ganz schön aufregend. Schön, wenn Besuch da ist. Es findet sich immer jemand, der grault, tröstet, schmust, wärmt, Leckerchen rausrückt …
El Adobe Ávila es la casa más viejà en Los Ángeles.
Als mein Reisetermin nach Kalifornien näher rückte, empfahlen mir einige Mitblogger und Freunde, doch mal die „Kalifornische Synfonie“ von Gwen Bristow zu lesen. Nun bin ich nicht von Büchern begeistert, in denen es um die große Liebe geht, aber ich habe gelesen. Die Beschreibungen der beschwerlichen Reisen der Händler und Siedler über die Berge und durch die Wüste bis an die Westküste, nach Kalifornien, und einige geschichtliche Hintergründe fand ich interessant, die Beschreibung der Landschaft dann auch zutreffend.
„Schließlich kamen wir nach Los Angeles. Ach, Garnet, meine Liebe, ich war so müde und ich fühlte mich so elend, aber ich konnte mir nicht helfen; als ich das Nest sah, musste ich lachen. Los Angeles ist das spaßigste, kleine Dorf, das ich je gesehen habe. Es ist da ein Bach, der ist ungefähr einen Meter breit und an dem Bach stehen einpaar Häuser, die sehen aus wie alte Pappschachteln.“
Gwen Bristow, Kalifornische Synfonie, S.299
Über den „Bach“, der ein Fluss ist, schreibe ich ein andermal. Die „Pappschachteln“ aber, das waren aus luftgetrockneten Ziegeln gebaute und mit Lehm bestrichene Häuser. Die ersten in der Siedlung Los Angeles, der ursprunglichen spanischen Siedlung El Pueblo de Nuestra Señora la Reinade Los Ágeles sobre el Río Porciuncula. Ganz schön lang der Gründungsname, nicht wahr?
Die ursprüngliche Siedlung bestand aus vierundvierzig Personen, aus der Stadt Stadt der Königin der Engel wurde Los Angeles und der Río Porciuncula zum Los Angeles River. Das „Nest“ entwickelte sich zum Wirtschafts-, Geschäfts- und Kulturzentrum Kaliforniens.
Das Avila Adobe war eines der ersten Häuser der Siedlung. Es wurde 1818 gebaut von Francisco Avila, einem wohlhabenden Viehzüchter, der ursprünglich aus Sinaloa in Mexiko stammte. Mit dem spanischen Begriff Adobe bezeichnet man heute noch die luftgetrockneten Lehmziegel. Meine Tochter wollte mit uns also in das Lehmhaus von Francisco Avila, in das Ávila Adobe.
Ich nehme euch einfach mal mit.
Auch mit dem Rollstuhl ist das Haus gut zugänglich und dass die „Person“ etwas im Dunkel steht ist in Ordnung.
Francisco Avila lebte vom Tauschhandel mit Häuten und Talg. Letzteres war die Hauptzutat für Kerzen und Seifen. Er konnte es sich leisten, Möbel und Hausrat aus Mexiko, Neuengland, Europa und Asien kommen zu lassen, um sein Haus einzurichten. Avila war reich.
in der Avila Adobe wurde auch musiziert
In meinem oben erwähnten Roman wird beschrieben, dass es wahrlich nicht gut roch in der Stadt, um nicht zu sagen: Es stank gen Himmel. Tierhäute hingen über den Geländern in den Höfen. Das Fleisch hat man nicht sehr sorgfältig angekratzt. Es wird sich schon in der Sonne alleine verflüchtigen. Im Roman fragt eine Frau eine andere: „Wenn du gewusst hättest, aus was deine Stiefel gemacht sind, hättest du sie angezogen?“
Kuhfelle in allen Varianten – sie waren damals auch als Zahlungsmittel
Die Wände des Avila Adobe sind 0,75 – 0,91 m dick und bestehen eben aus den sonnengebrannten Lehmziegeln. Der ursprüngliche Boden im Haus bestand aus verdichteter Erde, die hart wie Beton war. Mehrmals am Tage wurde gefegt, damit die Oberfläche glatt und frei von loser Erde blieb. Das hielt dann auch mal einen ordentlichen Badegang im Zuber aus. Und der war wahrscheinlich der blanke Luxus nach einem Ritt durch die Berge und die Wüste.
Küche und Bad
Am 18. Mai 1846 erklärten die Vereinigten Staaten Mexiko den Krieg, weil sie inzwischen großes Interessae an Kalifornien hatten. Die meisten Bewohner von Los Angeles flohen, so auch die Ehefrau von Francisco Avila, die gerade alleine lebte im Haus. Das überließ sie einem kleinen Jungen zur Aufsicht. Als der mal die Türe offenließ, bemerkten amerikanische Truppen das Haus und quartierten sich kurzerhand ein. Nach dem Krieg und nach dem Tod der Mutter lebte die Tochter noch einige Zeit im Haus. Das war in die Jahre gekommen, sodass sie schließlich weg zog. Verschiedene Familienmitglieder mieteten es, dann wurde es Pension. Als ein Erdbeben es arg zerstörte, blieb es leer, verfiel und sollte auf Geheiß der Stadt Los Angeles 1928 abgerissen werden.
Ihr wisst schon, ein Klick …
Christine Sterling, die aus San Franzisko nach LA gezogen war, interessierte sich sehr für Kulturgeschichte. In letzter Minute gelang es ihr, die Abrissbirne aufzuhalten und das Haus zu mieten. Sie ging danach von einem Verleger zum anderen und bat darum, über die Geschichte der Olvera Streat und der Avila Adobe zu berichten. So bekam sie beispielsweise das Geld zusammen, um das alte Haus zu restaurieren. Sie wohnte auch da, hielt es aber dennoch für Besucher offen. 1953 erwarb der Staat Kalifornien das Haus. Frau Sterling blieb bis zu ihrem Tode 1963 dort. Übrigen, gekocht wurde beispielsweise draußen, im Hof.
Im Hof seiner Adobe züchtete Francisco Avila damals sogar Wein.gekocht wurde draußen im Hofeine mit Ochsen zu bespannende „Carreta“
Die ganze Zeit wurde ich geschoben in meinem Rollstuhl, so dass es manchmal nicht möglich war, die optimale Motivwahl zu finden. Das Bild von der Carreta, einer mit Ochsen zu bespannenden Karre, zeige ich trotzdem, weil ich mir kaum vorstellen kann, wie das Ding vollbeladen mit Zeuchs durch die Berge und die Wüste rumpelte.
Manchmal sind es Einzelpersonen, die durch ihren unerschütterlichen Einsatz möglich gemacht haben, Geschichte lebendig zu halten und allen zugänglich zu machen. Ich habe tiefsten Respekt vor ihnen und nehme mir einiges als Ansporn mit. Wir waren lange in der Avila Adobe. Ich hetze nicht gerne. Sowohl nach den Beschreibungen im Roman (zudem ich an anderer Stelle noch etwas zu sagen habe), als auch nach dem, was ich sah, konnte ich mir das Leben in dem alten Lehmhaus gut vorstellen.